Der französische Mediziner, Mikrobiologe und Infektiologe Didier Raoult, Gründer und Chefarzt des Instituts IHU Méditerranée Infection in Marseille, geht gerichtlich gegen das Verbot, Hydroxychloroquin zur Behandlung von Covid-19-Patienten einzusetzen, vor.
Sein Anwalt Fabrice Di Vizio erklärte in einem youtube-Interview, alles deute auf einen Skandal im Gesundheitswesen hin. Während dem Arzneistoff Remdesivir des US-Herstellers Gilead eine EU-Sondergenehmigung zur Behandlung von Covid-19-Fällen erteilt worden sei, sei die Verschreibung von Hydroxychloroquin in Frankreich im Frühjahr verboten worden.
Studien bescheinigen Remdesivir nur eine geringe Wirksamkeit (wir berichteten). Hinweisen auf eine Nierenschädigung geht der Pharmakovigilanz-Ausschuss der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA derzeit in einer Sicherheitsprüfung nach.
Hydroxychloroquin sei Didier Raoult zufolge hingegen ein Medikament, das seit vielen Jahrzehnten in der Malariaprophylaxe und bei Rheuma erfolgreich eingesetzt werde. In seiner Klinik in Marseille verabreicht er es Covid-19-Patienten im frühen Stadium zusammen mit dem Antibiotikums Azithromycin. Laut Raoult sind deutliche Behandlungserfolge erkennbar.
Wie im youtube-Interview zu hören, hat Raoult zwei Verfahren gegen die französische Zulassungsbehörde Agence Nationale de Sécurité du Médicament (ANSM) eingeleitet. Raoult möchte eine Behandlungsverfügung für Hydroxychloroquin durchsetzen. Außerdem hat der Mediziner den ANSM wegen Fremdgefährdung verklagt.
In einem weiteren Verfahren klagt die Vereinigung der Coronavirus-Opfer (l’Association victimes coronavirus Covid 19 France) gegen den ANSM, weil dieser den Einsatz des Medikaments Ivermectin verhindere. Das Mittel wird zur Behandlung parasitärer Erkrankungen eingesetzt. Verabreicht wird es unter anderem bei einem Befall mit Fadenwürmern und Krätzmilben.
In der Presseerklärung von MedinCell heißt es: «Ivermectin wird bereits in mehreren Ländern mit Genehmigung der Gesundheitsbehörden zur Behandlung von Patienten eingesetzt, so z.B. in Peru, Bolivien oder Australien.»
Kommentar der Redaktion: Der Dissens um Hydroxychloroquin dauert an. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA warnte mehrfach vor der Verwendung von Hydroxychloroquin (und Chloroquin) zur Therapie von Covid-19 (wir berichteten). U.a. könnten schwere Nebenwirkungen von Herzrhythmusstörungen bis Herzstillstand auftreten. Auch die positiven Wirkungen seien bislang nicht erwiesen. Ohne den Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten mit Hilfe von klinischen Studien nach den üblichen, hohen medizinischen Standards sind solche Erfolgsmeldungen deshalb eher mit Vorsicht zu betrachten.
Die WHO hat Hydroxychloroquin aus allen in Auftrag gegebenen Medikamententests ausgeschlossen, nachdem eine Metastudie in der Fachzeitschrift The Lancet, die Wirkung in Frage gestellt hatte. Allerdings stellte sich heraus, das diese Metastudie selbst fehlerhaft war. Sie ist zwar weiterhin bei Lancet einsehbar, wurde aber mit RETRACTED (zurückgezogen) gekennzeichnet.