Vom 26. bis zum 28. Juni plant der US-Tech-Magnat Jeff Bezos in Venedig einen Hochzeitsmarathon der Superlative, der sich über mehrere Tage erstreckt. Wie L’Indipendente berichtet, mehren sich jedoch die Proteste dagegen. Die Einzelheiten der «Maxi-Party» seien noch unklar. Seit der Ankündigung der Hochzeit seien in den Medien verschiedene Hypothesen über die Höhe der von dem Amazon-Gründer mobilisierten Ressourcen erschienen, der in der ganzen Stadt exklusive Konzerte und Veranstaltungen organisiert hätte.
Um gegen die Hochzeit vorzugehen, hätten die Lagunenbewohner das Komitee «No Space for Bezos» gegründet, dem sich eine Vielzahl von Organisationen angeschlossen hätte. Sie hätten Demonstrationen und Flashmobs organisiert und versprochen, die Veranstaltung zu boykottieren. Auf dem Markusplatz sei ein Transparent angebracht worden mit der Aufschrift: «Wenn du Venedig für deine Hochzeit mieten kannst, kannst du mehr Steuern zahlen».
Zu Bezos’ Party würden über 200 Gäste erwartet, die meisten von ihnen bekannte Namen, die in diesen Tagen auf dem Flughafen Marco Polo landen sollen. Für die Hochzeit soll Bezos die gesamte Insel San Giorgio «gemietet» haben, was gemäß L’Indipendente die vorzeitige Schließung einiger Räume der Stiftung Cini, einem der Veranstaltungsorte, zur Folge haben wird.
Den Medien zufolge hat Bezos die besten Suiten der Luxushotels gebucht, ganze Räume und Gebäude angemietet sowie exklusive Konzerte und Veranstaltungen organisiert. Zudem habe er versucht, eine seiner Privatjachten in die Lagune zu bringen, extra-luxuriöse Buffets mit vergoldetem Besteck geplant und mehrere Sicherheitsdienste eingeschaltet. Die Braut werde 27 Kleider wechseln. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 30 Millionen Euro.
Trotz zahlreicher Medienspekulationen sind gemäß L’Indipendente alle Informationen über die Feier vertraulich. Sicher sei, dass die gesamte Stadt auf die eine oder andere Weise betroffen sein werde – so sehr, dass die Sperrung einiger Straßen und eines Teils der Kanäle geplant sei. Genau dagegen würden die Bürger protestieren: «Gegen die Arroganz der Oligarchen und ihrer Lakaien» und gegen das immer weiter um sich greifende «Modell der Verwaltung der Stadt als ein Schaufenster ohne Einwohner».
Der Protest gegen die Hochzeit des Multimilliardärs ist laut L’Indipendente Teil einer Bewegung, die seit langem eine Stadt fordert, die wieder für ihre Bürger gestaltet wird, und sich gegen das Modell wendet, bei dem die Lagune als privatisierbares Schaufenster für Touristenmassen und Partys der Superreichen genutzt wird.
Die Proteste der Bürger würden sich also nicht darauf beschränken, die Anwesenheit von Superreichen in der Stadt anzufechten, sondern sich gegen das gesamte System des Ausverkaufs städtischer Räume richten, das in erster Linie von der Stadtverwaltung gefördert wird. Ein lokaler Aktivist, der anonym bleiben wollte, habe erklärt:
«Wenn jemand eine ganze Stadt vermietet, dann deshalb, weil jemand anderes sie zum Verkauf anbietet. Es ist nur natürlich, dass Bezos, oder wer auch immer er ist, Venedig für ein paar Tage kauft, wenn ihm das jemand erlaubt.»
Die Degradierung öffentlicher und privater Räume zu Vergnügungsstätten für Milliardäre, die Überwachung einer ganzen Stadt, die Unterbrechung von Dienstleistungen, die Schließung von Straßen, Kanälen, Bibliotheken und Ausstellungen seien «Dinge, die nirgendwo passieren sollten», so der Aktivist weiter. Es gehe aber um ein gesamtes System, «das die Zurschaustellung dieser Räume zum Nachteil der Bürger fördert» und damit einen «unaufhaltsamen» Teufelskreis in Gang setze. Je mehr Raum dem Touristen gegeben werde, desto mehr würde dem Bürger weggenommen. Und umgekehrt, «je mehr Raum dem Bürger weggenommen wird, desto mehr wird dem Touristen gegeben». Indem alle Ressourcen dem Tourismus zugewiesen würden, würde «das soziale Gefüge allmählich ausgehöhlt».
L’Indipendente zufolge ist Bezos’ spektakuläre Party nur das sichtbarste Beispiel eines tiefergehenden Problems. Maßnahmen wie die Eintrittsgebühr für die Stadt würden Venedig laut Aktivisten in einen «Spielplatz» für Touristen verwandeln. Auch Zwangsräumungen von Studierenden zugunsten von Ferienwohnungen würden verdeutlichen, wie der Wohnraum Einheimischer touristischen Interessen geopfert wird. Ob Luxus- oder Massentourismus, der Mechanismus bleibe derselbe: Spekulation verdränge lokales Leben.