Es ist ein Fall, der den Eindruck vermittelt, als würde ein Justizapparat gezielt versuchen, einen hartnäckigen Rechercheur mundtot zu machen. Lukas Hässig, Gründer und Herausgeber von Inside Paradeplatz, ist erneut ins Visier der Zürcher Staatsanwaltschaft geraten. Grund ist seine aufsehenerregende Berichterstattung über mögliche Missstände bei der Bank Julius Bär und die Rolle des verurteilten Ex-Raiffeisen-Chefs Pierin Vincenz sowie dessen Geschäftspartner Beat Stocker.
Dass Hässigs Recherchen von erheblichem öffentlichen Interesse sind, gilt als unbestritten. Es war unter anderem seine Arbeit, die dazu beitrug, einen der spektakulärsten Finanzprozesse der jüngeren Schweizer Geschichte ins Rollen zu bringen – mit der Verurteilung der beiden erwähnten prominenten Banker. Die Urteile sind bis heute nicht rechtskräftig, doch der Schaden für das Image der Branche ist bereits geschehen. Die Affäre wirkt nach – nicht nur für die Beteiligten, sondern offenbar auch für Hässig selbst.
2019 leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Inside Paradeplatz ein, wegen des Verdachts der Verletzung des Bankgeheimnisses – gestützt auf eine Gesetzesverschärfung von 2015, die schon damals für Kritik sorgte. Während Banken wie die UBS unter Notrecht ganze Datensätze an ausländische Behörden übermitteln konnten, geraten investigative Medien für deutlich geringere Eingriffe unter Druck.
Nach ersten juristischen Auseinandersetzungen wurde das Verfahren 2021 eingestellt, später erneut – jeweils mit ausführlicher Begründung. Doch Beat Stocker, Privatkläger im Verfahren, legte zweimal Beschwerde ein und erhielt vom Obergericht beide Male Recht. Dies führte dazu, dass die Staatsanwaltschaft III im Herbst 2024 das Verfahren wieder aufnahm.
Der jüngste Höhepunkt: eine Hausdurchsuchung am 3. Juni 2025. Dies meldeten die Medien diese Woche. Hässig beantragte umgehend die Siegelung der beschlagnahmten Geräte und Dokumente. Immerhin, so der Durchsuchungsbericht, sei die «aufgeräumte Wohnung» frei von weiteren belastenden Materialien gewesen. Ein schwacher Trost in einem Verfahren, das Kritiker längst als rechtsstaatlich bedenklich einstufen.
Denn was hier als Strafverfolgung daherkommt, mutet in der Gesamtschau wie eine Einschüchterungskampagne an – gegen einen Journalisten, der sich nicht scheut, mächtigen Interessen auf die Füße zu treten. Unabhängige Medien und ihre Quellen sind eine tragende Säule jeder Demokratie. Wenn deren Arbeit kriminalisiert wird, steht mehr auf dem Spiel als nur die Pressefreiheit.
Für Hässig ist der Fall längst zur persönlichen Belastung geworden – finanziell, zeitlich und psychisch. Die Aussicht, dass das Verfahren zu einer Verurteilung führt, gilt als gering. Doch die Wirkung ist schon jetzt verheerend. Es bleibt die Frage: Wie viele Journalisten werden künftig noch den Mut haben, solche Recherchen zu veröffentlichen, wenn ihnen im schlimmsten Fall eine Hausdurchsuchung droht?
Die Affäre Vincenz war ein Skandal. Das juristische Nachspiel gegen Inside Paradeplatz entwickelt sich zu einem weiteren.
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