Am Mittwoch veröffentlichten wir bereits einen Videoausschnitt in unserem Telegram-Kanal, in dem Robert F. Kennedy, Leiter des US-Gesundheitswesens, folgende «knackige» Aussage tätigt:
«Wir werden wahrscheinlich aufhören, im Lancet, New England Journal of Medicine, JAMA und diesen anderen Zeitschriften zu veröffentlichen, weil sie alle korrupt sind.»
Kennedy Jr. meint, Lancet & Co. seien «korrupt» (zum Anschauen des Videos bitte auf das Bild klicken); Quelle: Telegram-Kanal von Transition News, Youtube-Kanal von Ultimate Human Podcast with Gary Brecka
Das Statement stammt aus einem Interview, das am Dienstag in dem YouTube-Kanal Ultimate Human Podcast with Gary Brecka veröffentlicht wurde. Und es ist nicht die einzige Beteuerung von RFK Jr., die aufhorchen lässt.
So zitierte Kennedy als Begründung für seine Aussage keinen Geringeren als Richard Horton, den Chefredakteur von The Lancet. Der hatte nämlich 2015 geschrieben, dass «ein Großteil dessen, was [in Fachzeitschriften] publiziert wird, unkorrekt ist». Ursache hierfür seien unter anderem grassierende Interessenkonflikte und kleine Stichprobengrößen in Studien.
Der 71-Jährige fügte an, dass die National Institutes of Health (NIH), die wichtigste Behörde für biomedizinische Forschung in den USA, eigene Zeitschriften herausbringen würde, sollten Wissenschaftler der Bundesregierung tatsächlich nicht mehr in medizinischen Fachzeitschriften wie The Lancet veröffentlichen. Darüber berichtet auch ZeroHedge.
Der Neffe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy verwies zudem auf das gravierende und zentrale Problem, dass die in den bestehenden Zeitschriften publizierten Studien oftmals keine hinreichend soliden Datensätze enthielten. Dies erschwere die Reproduzierbarkeit von Studien und fördere Betrug, so Kennedy Jr. Weiterhin konstatierte er:
«Wir werden wahrscheinlich 20 Prozent des NIH-Budgets für die Replikation bereitstellen; jede Studie muss repliziert werden.»
Marcia Angell 2005: Magazine «wenig mehr» als Big-Pharma-Werbeträger
Kennedy verwies auch auf Kommentare der ehemaligen Herausgeberin des New England Journal of Medicine, Marcia Angell, die 2009 konstatiert hatte, dass es «einfach nicht mehr möglich sei, den meisten veröffentlichten klinischen Forschungsergebnissen Glauben zu schenken oder sich auf das Urteil vertrauenswürdiger Ärzte oder maßgeblicher medizinischer Richtlinien zu verlassen».
2005 interviewte ich Angell genau zu diesem Thema für die Medienfachzeitschrift Message). Darin nehme ich auf eine frühere Aussage von Horton Bezug, der zufolge «das Verhältnis der Medizinjournale zur Pharmabranche inzwischen parasitär» sei. Diese Äußerung hatte er vor einer Untersuchungskommission des britischen Unterhauses gemacht. Und ich wollte von Angell wissen, ob Horten ihrer Meinung nach mit seiner Aussage übertrieben habe. Angell:
«Horton wies lediglich darauf hin, dass die Pharmaunternehmen massiv Druck ausüben auf die Fachmagazine, um eine für die Firma passende Studie gedruckt zu bekommen. Die Firma sagt: ‹Wenn Ihr die oder die Untersuchung veröffentlicht, werden wir viele Exemplare – Reprints – des Artikels kaufen, in dem das Produkt im günstigen Licht erscheint.› Richard Horton meinte diese Praxis, die schon fast einer Schmiergeldpraxis gleichkommt. Solche Hinweise überraschen mich nicht.»
Der Verkauf von Reprints an die Pharmafirmen, die dann die Publikation für ihr Marketing einsetzen und zum Beispiel an Ärzte verteilen, stelle nun mal eine wichtige Einnahmequelle für die Journale dar, gibt Angell zu bedenken. «Und die Pharmakonzerne machen Druck. Herausgeber wie Horton bekommen regelmäßig Anrufe von Autoren, die nachfragen, ob das Blatt an einem bestimmten Paper interessiert sei – mit dem Hinweis, dass die Firma gewillt sei, dann auch Zehntausende Reprints zu kaufen.» Und weiter:
«Auch Wissenschaftsmagazine gehören Unternehmen und müssen Geld einbringen, ansonsten müsste der Eigentümer das Blatt subventionieren. Viele sind darum vom Goodwill der Pharmaindustrie abhängig. [Dabei Objektivität und Unabhängigkeit zu bewahren,] ist schwierig, wenn man bedenkt, wie stark die Magazine von den Anzeigen der Pharmakonzerne abhängen. Viele von ihnen sind wenig mehr als Vehikel für den Transport der Werbebotschaften.»
2005 hat übrigens auch der Forscher John P. A. Ioannidis auf das Problem der fehlenden Replizierbarkeit vieler Studien aufmerksam gemacht, und zwar in seinem Artikel «Why Most Published Research Findings Are False» (Warum die meisten veröffentlichten Forschungsergebnisse falsch sind). Darin schreibt er:
«Mehrere Methodiker haben darauf hingewiesen, dass die hohe Rate der Nichtreplikation (fehlende Bestätigung) von Forschungsergebnissen eine Folge der bequemen, aber schlecht begründeten Strategie ist, schlüssige Forschungsergebnisse allein auf der Grundlage einer einzigen Studie zu behaupten, die nach formaler statistischer Signifikanz bewertet wird.»
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