Vor den Folgen der Freigabe westlicher Langstreckenwaffen für die Ukraine zur Bekämpfung von Zielen tief im Inneren Russlands hat erneut ein hochrangiger russischer Politiker gewarnt. Wenn Kiew dafür grünes Licht bekomme, könne es zu einem Atomkrieg kommen, erklärte Wjatscheslaw Wolodin, wie die britische Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Wolodin ist Sprecher des Unterhauses des russischen Parlaments, der Duma, und Mitglied des Sicherheitsrates Russlands. Er reagierte damit laut Reuters auf eine Abstimmung im Europäischen Parlament, in der die EU-Länder aufgefordert wurden, Kiew eine solche Genehmigung zu erteilen (wir berichteten).
«Was das Europäische Parlament fordert, führt zu einem Weltkrieg mit Atomwaffen», schrieb Wolodin demnach auf der Plattform Telegram. Seine Nachricht habe den Titel gehabt «Für diejenigen, die es beim ersten Mal nicht verstanden haben».
Laut Reuters bezieht sich das darauf, dass der russische Präsident Wladimir Putin in der vergangenen Woche warnte, die NATO wäre «im Krieg mit Russland», wenn der Westen den Einsatz von Langstreckenraketen durch Kiew freigebe. Der Ukraine-Krieg hat die größte Konfrontation zwischen Russland und dem Westen seit der Kubakrise von 1962 ausgelöst, die als der Zeitpunkt gilt, an dem die beiden Supermächte des Kalten Krieges einem absichtlichen Atomkrieg am nächsten kamen.
Wolodin schrieb zur möglichen Freigabe an Kiew:
«Wenn so etwas passiert, wird Russland mit stärkeren Waffen hart reagieren. Darüber sollte sich niemand Illusionen machen.»
Der Politiker machte darauf aufmerksam, dass Moskau den Eindruck habe, dass der Westen die enormen Opfer vergessen habe, die die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg gebracht habe. Er sagte, die Europäer sollten verstehen, dass Russlands Interkontinentalrakete RS-28 «Sarmat», im Westen als «Satan II» bekannt, nur drei Minuten und 20 Sekunden bräuchte, um Straßburg zu treffen, wo das Europäische Parlament tagt.
In einer am Donnerstag angenommenen, nicht bindenden Resolution forderte eine Mehrheit des EU-Parlaments die EU-Länder auf, «Einschränkungen aufzuheben, die die Ukraine daran hindern, westliche Waffen gegen legitime militärische Ziele in Russland einzusetzen». In der am Donnerstag mit 425 Ja-Stimmen, 131 Nein-Stimmen und 63 Enthaltungen angenommenen Entschließung heißt es, ohne die Aufhebung der derzeitigen Einschränkungen könne die Ukraine ihr Recht auf Selbstverteidigung nicht in vollem Umfang ausüben und bleibe Angriffen auf ihre Bevölkerung und ihre Infrastruktur ausgesetzt.
Die Mehrheit der EU-Abgeordneten forderte außerdem die Mitgliedstaaten auf, ihrer Zusage vom März 2023 nachzukommen, der Ukraine eine Million Schuss Munition zu liefern, und die Lieferung von Waffen, Luftabwehrsystemen und Munition, einschließlich des deutschen Marschflugkörpers «Taurus», zu beschleunigen. Außerdem werden mehr finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine sowie weitere und schärfere Sanktionen gegen Russland und dessen Verbündete verlangt.
Bei einem Treffen vor wenigen Tagen vertagten US-Präsident Joseph Biden und der britische Premierminister Keith Starmer Berichten nach die Entscheidung, westliche Langstreckenwaffen an Kiew für russische Ziele freizugeben. Zuvor war allgemein erwartet worden, dass beide dem zustimmen.
Der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in dieser Woche laut Reuters gegenüber der britischen Zeitung The Times, Moskau habe bereits zuvor «viele rote Linien» gezogen. Dennoch habe Russland den Konflikt mit dem Westen nicht eskaliert, als diese überschritten wurden. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete Stoltenbergs Aussage Berichten zufolge als «provokativ».
Kommentare