Der Valentinstag 2025 könnte in die Geschichtsbücher eingehen – nicht wegen romantischer Gesten, sondern wegen einer politischen Forderung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, die das finanzielle Gefüge der Bundesrepublik nachhaltig verändern könnte. In einer überraschenden Erklärung forderte Scholz die Anwendung von Artikel 115 Absatz 2 des Grundgesetzes, der es dem deutschen Staat ermöglichen würde, unbegrenzt Kredite aufzunehmen, ohne sich an die üblichen Schuldenobergrenzen halten zu müssen. In einer Zeit, in der die geopolitische Unsicherheit aufgrund des Ukrainekrieges steigt, wurde die Forderung als notwendiger Schritt begründet, um auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren zu können.
Diese Maßnahme könnte vor allem durch die dringenden Ausgaben für Verteidigung und Rüstungsinvestitionen gerechtfertigt werden – ein Bereich, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Scholz’ Vorschlag rekurriert auf die Debatten, die auch in anderen europäischen Ländern geführt werden, und lässt die Frage aufkommen, ob unlimitierte Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit der Weisheit letzter Schluss sind.
Ein Blick zurück in die europäische Geschichte, genauer gesagt in die griechische Finanzkrise, könnte interessante Parallelen aufzeigen. Die sogenannte «Greek Statistics»-Affäre war einer der größten finanziellen Skandale der EU, als Griechenland ab 2004 versuchte, seine Haushaltsdefizite zu verschleiern und europäische Haushaltsregeln zu umgehen. Im Zentrum dieser Kontroverse standen die intransparente Finanzpolitik und die falsche Darstellung von Ausgaben, insbesondere im Bereich der militärischen Aufrüstung, die damals als entscheidend für die nationale Sicherheit des Landes angesehen wurde.
Griechenland, das sich in einem ständigen Konflikt mit der Türkei befindet und sich als besonders gefährdet sieht, führte als Rechtfertigung hohe Militärausgaben als «notwendig» an. Diese Argumentation wurde von der EU jedoch nur zögerlich akzeptiert, insbesondere da sie von weiteren fragwürdigen Praktiken wie Korruption und undurchsichtigen Parteifinanzierungen begleitet wurde.
In diesem Zusammenhang wurde Griechenland gerade von deutscher Seite ständig mit dem erhobenen Zeigefinger geschulmeistert. Die Presse führte eine Kampagne gegen Hellas, die zeitweise nicht nur auf Lügen zurückgriff, sondern sich teilweise hart an der Grenze zum Rassismus bewegte.
Bemerkenswert: Eine wichtige Rolle bei der Unterstützung Griechenlands, das wahre Ausmaß seiner Staatsverschuldung zu verschleiern, spielte damals die Großbank Goldman Sachs. Und von Goldman Sachs kommt heute Scholz’ Staatssekretär Jörg Kukies.
Der Begriff «Greek Statistics» wurde zu einem Synonym für Haushaltsmanipulationen und für die Gefährdung der europäischen wirtschaftlichen Stabilität. Einfach erklärt bedeutet er: Buchführung nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip («Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt»).
In ähnlicher Weise stellt sich nun die Frage, ob höhere europäische Verteidigungsausgaben und insbesondere die daraus resultierende Manipulation der Schuldenbremse in der aktuellen geopolitischen Situation wirklich gerechtfertigt und nachhaltig sind.
Auch Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, schlug kürzlich vor, dass Verteidigungsinvestitionen künftig von den Haushaltsschranken der EU-Mitgliedstaaten ausgenommen werden sollen, um eine schnellere und flexiblere Aufrüstung gegen Russland zu ermöglichen. Diese Entscheidung könnte, ähnlich wie die griechische Argumentation von damals, als Reaktion auf die Bedrohungslage gerechtfertigt erscheinen – insbesondere im Hinblick auf die anhaltende militärische Aggression Russlands und die Unsicherheit über künftige militärische Konflikte.
Doch die griechische Erfahrung wirft einen Schatten auf diese Strategie: Hohe Militärausgaben können nicht nur in Zeiten des Konflikts, sondern auch in der Friedenszeit zu einer Belastung für die Wirtschaft werden. Griechenland, das sich in den letzten Jahren mit enormen Schuldenlasten und einer Krise der Staatsfinanzen konfrontiert sah, ist ein warnendes Beispiel für die Risiken, die mit übermäßigen Verteidigungsausgaben verbunden sind.
Hinzu kommt, dass die NATO-Mitgliedstaaten, zu denen auch die Türkei zählt, diese Ausgaben in einem regionalen Machtspiel gegeneinander ausspielen könnten. Die Türkei, die von Frankreich Eurofighter-Kampfflugzeuge zu kaufen plant, könnte das militärische Gleichgewicht in der Ägäis zugunsten Ankaras verschieben – ein Schritt, der Athen in Aufregung versetzt. Ironischerweise wird dieser Kauf von der französischen Regierung unterstützt, die zuvor Griechenland mit Waffensystemen versorgte, um das strategische Ungleichgewicht in der Region auszugleichen.
Der Umgang mit Verteidigungsausgaben und die Frage der Finanzierung sind also nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine geopolitische. Scholz’ Forderung nach unbegrenzter Kreditaufnahme stellt – falls ihr nachgekommen wird – einen Einschnitt dar. Werden die Ausgaben für die Landesverteidigung, die im Zuge der russischen Aggression als notwendig erachtet werden, langfristig tragbar sein? Wird der gesamte europäische Kontinent in einem neuen Rüstungswettlauf gefangen sein, der ähnlich problematische Folgen haben könnte wie der griechische Versuch, intransparent zu wirtschaften?
Die Politik steht nun vor einer schwierigen Entscheidung: Wie viel dürfen militärische Ausgaben kosten, ohne die wirtschaftliche Zukunft zu gefährden? Und wie kann die Europäische Union sicherstellen, dass die Lektionen aus der griechischen Finanzkrise nicht vergessen werden, wenn die geopolitischen Spannungen erneut steigen?
Merke: Die Last dieser Entscheidungen wird früher oder später auf den Schultern der Steuerzahler lasten. Oder lieber doch wieder Abrüstungsverhandlungen führen?
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