Ende letzter Woche beschloss das Schweizer Parlament, den 2018 von der UNO-Generalversammlung verabschiedeten UNO-Migrationspakt definitiv nicht zu ratifizieren. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) titelte: «Migrationspakt versenkt: Die Schweiz tritt dem «Uno-Reisebüro» definitiv nicht bei». Offiziell bekannt ist er als «Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration».
Der Schritt des Parlaments kam nach einer langen Debatte zustande, die bereits im Jahr 2018 begann, als sowohl der National- als auch der Ständerat beschlossen, dass nicht allein der Bundesrat, sondern das Parlament über den Beitritt entscheiden sollte. Wird das Schweizer Parlament nun bei den WHO-Verträgen ähnlich verfahren und sich gegen die Landesregierung, den Bundesrat, durchsetzen?
Der Migrationspakt ist ein internationaler Rahmen, der es Staaten ermöglichen soll, Migration menschenrechtskonform und sicher zu steuern. Der Pakt legt besonderen Wert auf internationale Kooperation und die Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration, während gleichzeitig die Rechte von Migranten gestärkt werden. Der Text ist rechtlich unverbindlich und stellt somit keine völkerrechtliche Verpflichtung für die teilnehmenden Länder dar.
Ursprünglich war die Schweizer Diplomatie an der Erarbeitung des Pakts maßgeblich beteiligt. Dennoch hat sie nun den Pakt in der Schweiz nicht ratifiziert, obwohl er auf globaler Ebene breite Unterstützung findet: 164 Staaten haben den Pakt inzwischen ratifiziert, darunter migrationskritische Staaten wie Großbritannien.
Die Ratsmehrheit fürchtet, dass der Migrationspakt die nationale Souveränität einschränken oder neue völkerrechtliche Verpflichtungen mit sich bringen könnte. Sie ließ sich nicht davon beirren, dass der Pakt rechtlich unverbindlich ist. Es handelt sich dabei um sogenanntes soft law, also eine moralische Verpflichtung. Wer das glaubt, sei naiv, fand die Ratsmehrheit. Nach einer Ratifizierung würden NGOs oder Teile des Parlaments Druck aufsetzen und Geld für Projekte und Anpassungen der Gesetzgebung fordern im Sinne einer Erleichterung der Migration. Gerhard Pfister, Präsident der Mitte-Partei:
«In der Regel kippt dann die Parlamentsmehrheit.»
Die Befürworter des Paktes versuchten, diesen den Räten mit dem Argument schmackhaft zu machen, dieser habe bei den Ländern, die ihn bereits ratifiziert haben, geholfen, die illegale Migration zu bekämpfen.
Die bürgerliche Mehrheit betonte, dass die Schweiz zu den Ländern mit einer großen Anzahl an Rückführungsabkommen gehöre. Dennoch sei es gerade für viele afrikanische Länder lukrativ, wenn ihre Landsleute in der Schweiz arbeiteten, weil viele Zuwanderer Geld in die Heimat schicken würden.
Kommentar Transition News:
Die NZZ nennt den Migrationspakt «Uno-Reisebüro», eine Bezeichnung, die wohl nicht ganz falsch ist. Auch wenn rechtlich unverbindlich, betont der Pakt doch sehr die Rechte der Migranten und weniger das Recht der Länder, Ein- und Auswanderung autonom zu steuern. Die Schweizer Landesregierung, der Bundesrat, wollte diesen Pakt zuerst am Parlament vorbei ratifizieren, was schließlich nicht gelungen ist.
Dieses Vorgehen ähnelt demjenigen bei den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) und dem Pandemiepakt, bei dem die Weltgesundheitsorganisation WHO federführend ist (wir haben zum Beispiel hier darüber berichtet). Das sind Vertragswerke, die eine demokratische und selbstbestimmte Gesundheitspolitik gefährden. Immer mehr werden diese beiden Vertragswerke auch unter Schweizer Parlamentariern zum Thema. Wenn ihnen an einer autonomen Gesundheitspolitik gelegen ist, dann sind sie gut beraten, das gleiche zu tun wie beim Migrationspakt: den Bundesrat zum sogenannten Opting Out zu zwingen, respektive: ihn zu veranlassen, dem Parlament den Pandemiepakt zur Ratifizierung vorzulegen und ihn dann abzulehnen.
Das ist etwas schwieriger zu bewerkstelligen als beim Migrationspakt, denn von der Unterstützung der FDP, die bei Vertretern von Großunternehmern stark ist, kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
Der Migrationspakt zeigt aber, dass es in der Schweiz Wege gibt, Verträge zu stoppen, die autonome Entscheidungen in ganzen Politikbereichen einschränken. Nach dem Migrationspakt sollten die eidgenössischen Räte im Frühling den Bundesrat zwingen, das Opting Out zu den IGV zu erklären und in einigen Jahren dem Pandemiepakt die Ratifizierung zu verweigern.