Anlässlich der Pride-Veranstaltungen am vergangenen Wochenende zelebrierten zwei Schweizer Topunternehmen, Swisscom und KPMG, ihre ungebrochene Hingabe zur «Diversität». Trotz der politischen Wende in den USA unter Präsident Donald Trump, der mit seiner Anti-Woke-Politik die Ausweitung solcher Initiativen bremsen möchte, scheinen diese Firmen weiterhin zu handeln, als ob die Zeit in Übersee stillgestanden wäre.
Swisscom lud eine Dragqueen zu einer Performance vor ihren Mitarbeitern ein – eine Inszenierung, die bei den Ingenieuren der Firma für Begeisterung sorgte. KPMG hingegen postete ein Bild von zwei Frauen, die sich innig küssten, auf LinkedIn, begleitet von der Botschaft: «Discrimination has no place in our workplace or our world.» «Wir sind stolz darauf, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder sicher, unterstützt und frei fühlt, genau der Mensch zu sein, der er ist», hieß es weiter (siehe hier und hier).
Diese öffentlichen Statements und Aktionen scheinen den Kurs fortzusetzen, den die Unternehmen bereits vor Jahren eingeschlagen haben – ganz im Gegensatz zu anderen großen, in den USA tätigen Konzernen wie der UBS, die nach den politischen Entwicklungen in den USA von der Woke-Rhetorik abrückten und an der Pride nicht mehr sichtbar sind. Während die staatliche Zürcher Kantonalbank (ZKB) mit ihrem CEO Urs Baumann als neuer Promotor der Pride-Bewegung glänzt, hält sich UBS auffällig zurück. Auf den gemeinsamen Pride-Inseraten der größten Schweizer Firmen in der NZZ fehlte das UBS-Logo – ein klares Zeichen für den Wandel im Umgang mit diversitätspolitischen Themen.
Doch was steckt hinter diesem anhaltenden Engagement der Firmen? Der Pride-Monat Juni wird zwar ausgiebig gefeiert, doch im Business wäre es wohl sinnvoller, sich auf dringlichere Herausforderungen zu konzentrieren. Gerade die Finanzwelt, in der sowohl KPMG als auch Swisscom tätig sind, könnte sich mit dringenderen Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Arbeitsmarktveränderungen auseinandersetzen. Stattdessen geben sich diese Unternehmen als Paradebeispiele für eine grenzenlose Diversitätspolitik – und das zu einer Zeit, in der Trump die Anti-Woke-Bewegung in den USA anführt und diese Form der Corporate Social Responsibility (CSR) zunehmend kritisiert.
Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Sicherlich geht es bei solchen Aktionen nicht nur um die Unterstützung von LGBTQ+-Rechten, sondern auch um Imagepflege und Marktpositionierung. Diversität und Inklusion sind nicht nur gesellschaftlich wichtige Themen, sie haben auch wirtschaftliche Implikationen. Eine positive Außendarstellung auf diesen Feldern kann Firmen helfen, in einem zunehmend polarisierten Marktumfeld sowohl in Europa als auch in den USA die richtigen Zielgruppen anzusprechen.
Doch der offensichtliche Widerspruch bleibt: Wieso müssen solche Initiativen inszeniert werden? Warum betrachten so viele Unternehmen ihre Diversitätsprogramme als Pflichtübungen, die öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellt werden müssen, anstatt in erster Linie als langfristige strategische Maßnahmen für die Unternehmenskultur? Die Antwort könnte darin liegen, dass Diversität nicht nur als moralisches Bekenntnis, sondern auch als Marketinginstrument verstanden wird.
Im Gegensatz dazu scheint die UBS – nach außen hin zurückhaltend – weiterhin im Hintergrund auf ihre internen Diversity-Initiativen zu setzen. Ob dieser Kurswechsel langfristig erfolgreich sein wird, bleibt fraglich. Denn während KPMG und Swisscom das «Woke» als ihre Markenidentität präsentieren, versucht die UBS, sich möglichst unauffällig zu verhalten, um keine politischen Wellen zu schlagen. Doch auch hier bleibt die Frage: Lässt sich Vielfalt in der Unternehmensstrategie wirklich nur dann sinnvoll umsetzen, wenn sie auch im richtigen Maß und mit echter Substanz eingeführt wird?
Während also die Pride-Feiern mit Dragqueen-Auftritten und lesbischen Kussbildern die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, bleibt die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, dass Unternehmen ihre Diversitätsstrategien von der Bühne in die Geschäftspraxis überführen – und dabei ein wenig mehr inhaltliche Tiefe und weniger Show bieten. Denn im Business gibt es wahrlich genug zu tun, als sich auf solche symbolischen Handlungen zu verlassen.