Die USA haben bereits Ende 2019 erfahren, dass es im chinesischen Hochsicherheitslabor in Wuhan einen Unfall gab, bei dem ein Virus – später als SARS-CoV-2 bezeichnet – austrat. Das schreibt der investigative US-Journalist in Reaktion darauf, dass der neue CIA-Direktor John Ratcliffe kürzlich das Wuhan-Labor als mögliche Virus-Quelle bezeichnete.
Ratcliffe änderte Medienberichten zufolge in einer seinen ersten Amtshandlungen die entsprechende Einschätzung seiner Behörde. Aber das beruhe nicht auf neuen Erkenntnissen, so die US-Zeitung New York Times mit Verweis auf Regierungsvertreter, sondern basiere auf denselben Beweisen, die die CIA seit Monaten prüfe.
Hersh schreibt nun von einem CIA-Agenten am Wuhan Institute of Virology in China, wo das Covid-Virus erstmals beobachtet wurde, der in Sicherheit und außer Gefahr sei. Der Mitarbeiter, der innerhalb der CIA hoch angesehen sei, wurde demnach während seines Studiums in den USA rekrutiert.
Der Agent habe frühzeitig vor einem Laborunfall in Wuhan gewarnt. Dieser Unfall habe zu einer Reihe von Infektionen geführt, so Hersh, die sich schnell ausbreiteten und zunächst immun gegen eine Behandlung zu sein schienen. Doch damals hätten viele hochrangige US-Beamte gezögert, US-Präsident Donald Trump zu sagen, was er nicht hören wollte.
Ende 2019 seien bereits erste entsprechende Studien von Experten der amerikanischen National Institutes of Health und anderer Forschungseinrichtungen abgeschlossen worden. Sie hätten sich mit der Frage befasst, wie die bevorstehende Seuche eingedämmt werden könnte, die auf Informationen des chinesischen Gesundheitsministeriums über das tödliche neue Virus beruht.
Aber diese Warnungen seien ignoriert worden, schreibt der Journalist, und eine Reihe von Präventivmaßnahmen erst ergriffen worden, als das Virus sich in den USA ausbreitete. Hersh weiter:
«Wie ich erfahren habe, wurden alle diese Studien aus den offiziellen internen Aufzeichnungen in Washington entfernt, einschließlich jeglicher Erwähnung der Quelle der CIA innerhalb des chinesischen Labors. Es handelte sich um eine Vertuschung, um einen Präsidenten zu schützen, der nicht das Richtige getan hat.»
Der Journalist berichtet, er habe im Frühjahr 2020 erstmals von dem Agenten erfahren, aber zugesagt, erst dann darüber zu berichten würde, wenn es sicher wäre. Nach den Ratcliffe-Aussagen gegenüber dem Breitbart News Network sei das Thema wieder aufgekommen.
Zugleich verweist er darauf, dass die Äußerungen und Kommentare von Politikern wie dem konservativen Republikaner-Senator Tom Cotton eine antichinesische Stoßrichtung haben. Cotton habe erklärt, dass es jetzt an der Zeit sei, «China für die ‹Entfesselung einer Seuche auf die Welt› bezahlen zu lassen».
China ist laut Hersh seit einiger Zeit die führende Herkunftsregion internationaler Studierender an US-amerikanischen Universitäten, von denen viele einen höheren Abschluss anstreben. Ende 2019 waren es demnach mehr als 372.000 chinesische Studierende, derzeit 277.000.
Viele würden einen Doktortitel in Virologie und verwandten Bereichen anstreben. In US-Geheimdienstkreisen sei vermutet worden, dass das mit der chinesischen Forschung im Bereich der biologischen Kriegsführung zusammenhängt.
«Der Fokus lag auf dem Labor in Wuhan, einer Stadt mit acht Millionen Einwohnern und Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei. Es war bekannt, dass ähnliche Arbeiten in Fort Detrick, Maryland, durchgeführt wurden, dem Sitz des wichtigsten US-amerikanischen Forschungszentrums für biologische Kriegsführung.»
2020 habe er erfahren, dass eines der Ziele der CIA darin bestand, chinesische Graduierte zu finden, die nach ihrer Promotion in die Forschungslabore in Wuhan zurückkehren wollten, so der US-Journalist. Sie sollten als US-Agenten rekrutiert werden und dabei mit einer späteren Karriere in den USA gelockt worden.
Ein CIA-Mitarbeiter habe ihm mitgeteilt, dass der Geheimdienst Ende 2019 «eine Quelle im Labor in Wuhan hatte», die – lange vor einer offiziellen Erklärung der chinesischen Behörden – berichtete, dass China sowohl offensive als auch defensive Forschungen mit möglichen SARS-Erregern betreibe und es einen Laborunfall gegeben habe, bei dem ein Forscher infiziert wurde. Die Krankheit breitete sich schnell aus.
Der Agent sei in Absprache mit dem National Institutes of Health (NIH) in Bethesda, Maryland, bezahlt worden. Das Institut sei eine von vielen amerikanischen Institutionen, darunter Universitäten, die die Forschungsprogramme des Labors in Wuhan finanzierten.
Das chinesische Labor in Wuhan sei zu einem Ziel für die US-Spionage geworden. Das Labor ist der einzige deklarierte Standort in China, der mit tödlichen Viren arbeiten darf. Auch das Coronavirus wurde dort nachweislich erforscht. Schon 2017 schrieb die Fachzeitschrift Nature zur Eröffnung des Labors:
«Einige Wissenschaftler außerhalb Chinas befürchten das Entweichen von Krankheitserregern …»
Ende November 2019 wusste die CIA laut Hersh, dass in Wuhan ein Virus entwichen war. In der Folge seien die leitenden Mitarbeiter der Geheimdienstausschüsse des Senats und des Repräsentantenhauses informiert worden, während das offizielle China schwieg und die Öffentlichkeit nicht von der möglichen Bedrohung informierte. Im Dezember 2019 sei Druck ausgeübt worden, einige öffentliche Schritte zu unternehmen.
Dabei sollten, ohne die Panik zu verstärken, die Alten in Pflege- und Seniorenheimen gewarnt werden. Die Behörden sollten alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Schwächsten vor der bevorstehenden Bedrohung zu schützen. Hersh zitiert seinen Informanten:
«In der Bürokratie wurde über nichts davon gesprochen. Wir haben uns alle unter dem Schreibtisch versteckt. Wir hätten sofort in die Pflegeheime gehen sollen, um uns um die älteren Menschen zu kümmern. Die Chinesen sind sofort zu den älteren Menschen gegangen.»
Das «potenzielle Risiko eines biologischen Albtraums» sei in Geheimdienst- und Wissenschaftskreisen bekannt gewesen, «aber diese Bedenken wurden vom Weißen Haus nicht geteilt». Trump und seine Mitarbeiter hätten die Warnungen vor der schweren Gesundheitskrise in China ignoriert.
Sie hätten sich stattdessen damit beschäftigt, ein neues wichtiges Handelsabkommen mit China vorzubereiten und abzuschließen. In dieser Zeit hätten die chinesischen Wissenschaftler eine Studie mit US-Gesundheitsexperten geteilt, die sich mit dem Risiko für ältere Menschen durch die kommende Epidemie befasste.
Es sei aber nicht klar gewesen, welche Korrelation zwischen der Anzahl der Menschen bestand, die sich mit dem Virus infizierten, und der Anzahl der Menschen, die daran starben. Die Frage, ob es sich um wenig mehr als eine schlimme Grippe oder etwas Schlimmeres handele, sei nicht beantwortet worden.
Die medizinische und wissenschaftliche Bürokratie der USA hätte mit Unterstützung von CIA-Quellen vor Weihnachten 2019 eine umfangreiche Studie über die Gefahren der kommenden Epidemie erstellt. Es sei eine achtseitige Zusammenfassung für den Präsidenten mit einem Anhang mit mehr als hundert Seiten Hintergrunddaten gewesen.
Doch den Informationen nach sei das Treffen dazu im Oval Office «eine Katastrophe» gewesen und Trump sei dabei «durchgedreht». Der Grund:
«Es war sein schlimmster Albtraum. Die Wirtschaft würde zusammenbrechen. Er geriet in Panik.»
Die CIA sei darüber entsetzt gewesen, schreibt Hersh. Die ersten Informationen über das Virus, die von dem Mitarbeiter im Labor in Wuhan stammten, seien immer noch so streng geheim, dass hochrangige Beamte, darunter viele, die für die wichtigsten Gesundheitsbehörden der Regierung arbeiteten, nichts davon erfuhren.
«Keine der dringend benötigten Warnungen an Pflegeheime, deren ältere und oft kranke Patienten anfälliger für Covid wären, wurde ausgesprochen.»
Der CIA-Mitarbeiter habe Hersh gesagt: «Wir hätten uns wenigstens um die älteren Menschen kümmern können.» Dagegen sei es Trump vor allem um Wiederherstellung der Wirtschaft gegangen.
Die CIA habe vom chinesischen Gesundheitsministerium Informationen über die am stärksten gefährdeten Gruppen erhalten. Dazu zählten insbesondere diejenigen, «die mit größerer Wahrscheinlichkeit keine gute Gesundheitsversorgung hatten und oft auf engem Raum lebten».
In den USA gehörten zu den entsprechenden Hochrisikogruppen Schwarze und Hispanics, die in Großstädten tendenziell in beengten Wohnverhältnissen lebten. Der hundertseitige Anhang zum Exekutivbericht an Trump Ende Dezember 2019 habe klargemacht, dass der Schutz der Anfälligkeit älterer und armer US-Amerikaner der Schlüssel zur Begrenzung der Ausbreitung des Virus war.
Die verantwortlichen CIA-Mitarbeiter waren demnach entsetzt über die mangelnde Reaktion des Präsidenten. Aber auch sein Informant habe sich über Trumps Versäumnisse in der Covid-19-Krise ausgeschwiegen, bis er von Ratcliffes Aussagen erfuhr, so der Journalist.
Aus Sicht des CIA-Mitarbeiters habe China die eigene Bevölkerung und die Welt zu langsam über einen Laborunfall informiert. Aber es stelle sich auch die Frage, warum die USA trotz der Vorwarnung durch einen CIA-Agenten am richtigen Ort und zur richtigen Zeit besonders anfällig für das Virus war. Dafür sei Trump verantwortlich.
Leider ist von Hersh trotz seiner Bemerkung von «ähnlichen Arbeiten» in US-Labors nichts von dem zu erfahren, worauf unter anderem der Ökonom Jeffrey Sachs 2023 gegenüber einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses hinwies:
«Wir wissen, dass US-Wissenschaftler in den letzten Jahren fortschrittliche Techniken zum Einfügen eines FCS [Furin-Spaltstelle] in ein mit SARS verwandtes Coronavirus entwickelt haben. Darüber hinaus hat eine Partnerschaft US-amerikanischer und chinesischer Wissenschaftler – insbesondere der EcoHealth Alliance, der University of North Carolina und des Wuhan Institute of Virology – im Jahr 2018, also nur ein Jahr vor Ausbruch der Pandemie, bei der DARPA einen Förderantrag eingereicht, in dem die Vorgehensweise ausdrücklich vorgeschlagen wurde. Der Zuschussantrag wurde nicht von der DARPA finanziert, aber die Forschung wurde möglicherweise mit anderen Mitteln durchgeführt.»
2022 hatte Sachs, von 2020 bis 2022 Leiter der Lancet-Covid-Kommission, erklärt:
«Ich bin ziemlich sicher, dass es aus einem US-amerikanischen Biotechnologie-Labor stammt (...) Wir wissen es nicht mit Sicherheit, aber es gibt genügend Beweise. [Allerdings] wird es nicht untersucht, nicht in den USA, nirgendwo.»
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