Seit 2020 sind soziale Netzwerke wie YouTube, Twitter und Facebook immer wieder verteufelt worden. Für jedermann zugänglich, sahen viele Politiker in ihnen einen Quell der Falschinformationen. Emsige «Faktenchecker» grasen seitdem Seite um Seite ab, um vermeintliche Fake-News herauszufiltern. Nicht wenige Nutzer mussten Zensurmassnahmen in Kauf nehmen, oder der Zensur-Bot bestand darauf, dass ihre Profile gesperrt wurden.
Das Medienportal Daily Sceptic verweist nun auf einen Artikel von Matthew Lesh. Darin betont der Politik-Analytiker und Vorsitzende der Denkfabrik Institute for Economic Affairs, dass die sozialwissenschaftliche Forschung bei den Themen politische Polarisierung und Extremismus eine ambivalente Haltung gegenüber den sozialen Medien einnehme. Lesh zufolge können Argumente für das Online-Sicherheitsgesetz und andere Versuche, soziale Medien zu zensieren, nicht bewiesen werden.
Einige Untersuchungen legten beispielsweise nahe, dass soziale Medien «den parteiischen Denkprozess der Sprecher verstärken und ihre bereits bestehenden politischen Präferenzen verfestigen». Andere Studien hätten jedoch herausgefunden, dass die Parteilichkeit unter Gruppen, die soziale Medien weniger nutzen, stärker zugenommen habe. Lesh schreibt, dass die Nachrichtenfunktion von Facebook die Polarisierung sogar verringern könnte, indem sie die Menschen mit mehr Standpunkten konfrontiere.
«Was die Frage der Filterblasen und Echokammern für Nachrichten angeht, so ist die Beweislage ebenso uneinheitlich. Eine Studie ergab, dass der Algorithmus von Facebook die Menschen nicht mit Nachrichten versorgt, die ihre Einstellungen infrage stellen. Andere Studien deuten jedoch darauf hin, dass die meisten Nutzer (vor allem Konservative) eine Vielzahl von Medien abonnieren. Somit bieten soziale Netzwerke ein vielfältiges Angebot an Nachrichtenquellen und können gar dazu beitragen, die Unterstützung für rechtspopulistische Kandidaten und Parteien zu verringern.»
Lesh befasst sich in dem Artikel auch mit der Frage nach der ausländischen Desinformation, die angeblich Wahlen beeinflusst. Es gebe zwar Beweise dafür, dass Nachrichten der russischen Internet Research Agency in den letzten Jahren Dutzende Millionen Menschen im Westen erreicht hätten. Dabei sei aber unklar, ob diese eine starke Wirkung ausgeübt hätten. Die russischen Trolle hätten grösstenteils mit Personen interagiert, die ohnehin bereits stark polarisiert waren. Ausserdem zeigten Studien, dass nur 0,1 Prozent der Menschen 80 Prozent der im Umlauf befindlichen Fake-News teilen würden.
Gemäss dem Daily Sceptic deuten viele Studien darauf hin, dass die als gefährlich erachteten und über die sozialen Netzwerke verbreiteten vermeintlichen Falschnachrichten in der Regel keine grosse Reichweite erzielen. Lesh zitiert eine Studie, die ergab, dass nur 5 Prozent der Nutzer in einer Echokammer für Nachrichten leben.
Eine andere Erhebung zum Thema «Rabbit Hole bei YouTube» habe ergeben, dass Personen mit einer ohnehin extremistischen Einstellung auch extremistische Videos anschauen. (Das YouTube-Rabbit-Hole beschreibt, dass der Nutzer sich unbewusst auch Videos anschaut, in die er regelrecht hineingesogen wird. Dazu können Tiervideos, Sketche oder Filmkritiken gehören. Anm. d. Red.).
Zum vollständigen Artikel (auf englisch).
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