Letzten Monat feierte Brasilien den Spatenstich für das erste Hochsicherheits-Biolabor (BSL-4) in Lateinamerika, genannt Orion. Nature zufolge soll es ermöglichen, die gefährlichsten Krankheitserreger der Region sicher zu untersuchen.
Viele Forscher sind begeistert von der Aussicht, solche Studien im eigenen Land durchführen zu können, anstatt dafür ins Ausland reisen zu müssen. Gleichzeitig gibt es jedoch Bedenken bezüglich der hohen Kosten für den Bau und den Betrieb des Labors sowie der möglichen Ablehnung seitens der Bevölkerung aufgrund der Lagerung tödlicher Organismen. Das Fachjournal stellt fest:
«Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie haben sich die Bedenken hinsichtlich einer angemessenen biologischen Sicherheit in solchen Labors verstärkt. Die ersten Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 wurden in Wuhan, China, festgestellt, wo Forscher am Wuhan Institute of Virology Coronaviren aus Fledermäusen untersuchten. Obwohl viele wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hindeuten, dass SARS-CoV-2 von einem Wildtier auf den Menschen übertragen wurde, sagen einige Wissenschaftler, dass ein versehentlicher Austritt aus einem Labor nicht ausgeschlossen werden kann.»
Das Labor wird am Brazilian Center for Research in Energy and Materials (CNPEM) in Campinas errichtet, etwa 100 Kilometer nordwestlich von São Paulo, und soll bis 2028 betriebsbereit sein. Es wird auch ein Synchrotron beinhalten, das hochauflösende Strukturen von Pathogenen sichtbar machen soll.
Ein solches BSL-4-Labor in Brasilien könnte dem Land laut Nature mehr wissenschaftliche Autonomie verleihen, indem es Forschern ermöglicht, lokale Krankheitserreger direkt zu untersuchen und Behandlungen vor Ort zu entwickeln. Der Bedarf an einem solchen Labor sei unbestritten, da die Entwaldung des Amazonasgebiets und der Klimawandel das Risiko erhöhen würden, dass neue, unbekannte Viren auf den Menschen übergreifen.
Einem Bericht der Global BioLabs-Initiative zufolge sind weltweit 51 BSL-4-Labore in Betrieb. Etwa 70 Prozent davon befinden sich in Kanada, Europa oder den Vereinigten Staaten. Weitere 18 sind in Planung oder im Bau, darunter Orion, das einzige in Lateinamerika.
Nature macht erhebliche Herausforderungen aus: Die Ausbildung des Personals für den Betrieb eines BSL-4-Labors sei neu für die Region, und es müssten strenge Sicherheitsmaßnahmen entwickelt werden, um unbefugten Zugang zu verhindern. Das CNPEM-Team verstehe die Risiken und habe begonnen, regulatorische Rahmenbedingungen zu entwickeln.
Die Kosten für den Bau würden auf 1 Milliarde Reais (ca. 180 Millionen Dollar) geschätzt, und die laufenden Wartungskosten könnten erheblich sein. Gemäß Thomas Ksiazek, Leiter des Hochsicherheitsbetriebs am Galveston National Laboratory in den USA, benötigt sein Labor jährlich fast zwölf Millionen Dollar für Wartung und Betrieb.
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