Bildet das menschliche Gehirn im Erwachsenenalter weiterhin Neuronen? Diese Frage beschäftigt die Neurowissenschaften seit vielen Jahren. Bislang ließen sie widersprüchliche Studien unbeantwortet. Spezifisch geht es dabei darum, zu klären, ob die Neurogenese – der Prozess der Bildung neuer Nervenzellen – auch im erwachsenen Hippocampus stattfindet, einer Gehirnregion, die für Lernen, Gedächtnis und emotionale Regulation entscheidend ist. Eine neue Studie, auf die Study Finds aufmerksam machte, liefert nun Beweise dafür, dass zumindest neuronale Vorläuferzellen im Hippocampus bis ins hohe Alter fortbestehen.
So entdeckten Forscher des schwedischen Karolinska-Instituts die schwer fassbaren neuronalen Stammzellen, die für die Bildung neuer Neuronen im Hippocampus verantwortlich sind. Mithilfe fortschrittlicher genetischer Sequenzierung und maschinellem Lernen identifizierten sie diese seltenen Zellen, die zuvor im Gehirn Erwachsener unentdeckt geblieben waren. Die Wissenschaftler trainierten dazu Algorithmen auf genetische Muster, die in Gehirnen von Kleinkindern zu finden sind, wo die Produktion neuer Neuronen gut etabliert ist. Somit konnten sie nach ähnlichen Zellen suchen, die sich unter Hunderttausenden von erwachsenen Gehirnzellen verbergen.
In der Studie wurde Gehirngewebe von 25 Verstorbenen untersucht, die von Neugeborenen bis zu Erwachsenen in den späten Siebzigern reichten. Dabei ermittelten die Wissenschaftler, dass in der frühen Kindheit alle Stadien der Entwicklung neuronaler Vorläuferzellen eindeutig vorhanden waren. Auch in Proben von Erwachsenen, einschließlich älterer Menschen, konnten sie jedoch aktiv proliferierende neuronale Vorläuferzellen nachweisen. Das Vorhandensein dieser Zellen variierte zwar von Person zu Person, doch der Nachweis solcher Zellen überhaupt spricht dafür, dass Neurogenese auch im erwachsenen menschlichen Gehirn stattfindet.
Die Studie zeigt somit, dass sich Vorläuferzellen vermehren, aber nicht, ob diese Zellen zu voll funktionsfähigen, synaptisch verbundenen Neuronen heranreifen. Study Finds erklärt:
«Die Studie klärt nicht alle Fragen zur Neurogenese bei Erwachsenen. Es sind weitere Arbeiten erforderlich, um zu verstehen, wie Lebensstil, Alter und Erkrankungen wie Depression oder Epilepsie den Prozess beeinflussen und ob Therapien ihn verbessern könnten. Dennoch liefern diese Ergebnisse eine zelluläre Grundlage für die Idee, dass das erwachsene menschliche Gehirn zumindest eine gewisse Fähigkeit zur Bildung neuer Neuronen behält – ein Potenzial, das dazu beitragen könnte, die kognitive Gesundheit über die gesamte Lebensspanne zu erhalten.»
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