In einem französischen Interview hat Telegram-Gründer Pavel Durov Alarm geschlagen und das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Service Act/DSA) als «Einfallstor für Zensur und zentralisierte Kontrolle» bezeichnet. Durov flüstere seine Bedenken nicht bei Think-Tank-Mittagessen oder Lobbying-Dinners, schreibt Reclaim The Net , er nenne das Problem beim Namen. Der DSA sei ein institutionelles grünes Licht für Zensur.
«Wenn man die Zensur einmal legitimiert hat, ist es schwierig, sie wieder rückgängig zu machen», warnte Durov.
Durov stelle keine Hypothesen auf, so Reclaim The Net. Im Moment sitze er in Frankreich fest und werde krimineller Handlungen beschuldigt (wir berichteten). Ein Vorwurf, der seiner Meinung nach fadenscheinig ist: «Nichts ist jemals bewiesen worden, was zeigt, dass ich auch nur eine Sekunde lang schuldig bin», betonte er.
Vor allem eine Geschichte lasse die saubere, professionelle Fassade der «regelbasierten» europäischen Ordnung verschwinden, befindet Reclaim The Net. Im Interview habe Durov «ein charmantes kleines Tête-à-Tête» mit dem Leiter des französischen Auslandsgeheimdienstes DGSE beschrieben. Bei Croissants und staatlichem Druck habe dieser ihn aufgefordert, Telegram-Kanäle zu löschen, die mit rumänischen politischen Aktivisten in Verbindung stehen (wir berichteten). Durov habe sich mit den Worten geweigert: «Ich habe ihnen gesagt, dass ich lieber sterben würde, als meine Nutzer zu verraten.»
Nichts schreie so sehr nach «gelebter Demokratie» wie eine Spionageagentur, die bei einem privaten Treffen Zensur fordere, konstatiert Reclaim The Net und resümiert:
«Hinter dem PR-Glanz des Digital Services Act verbirgt sich die grundlegende Wahrheit des modernen Regierens: Die Macht wird zentralisiert und die Sprache saniert.»
Jede neue Vorschrift über «schädliche Inhalte» oder «Fehlinformationen» sei eine Einladung an die Regierungen, die Realität in Echtzeit neu zu schreiben.