Über drei Jahre ist es her, seit die Weltgesundheitsorganisation WHO die Corona-Pandemie ausgerufen hatte. Es folgte eine noch nie dagewesene globale Synchronisierung des Ausnahmezustands, ein wahrhaft historisches Ereignis.
In der mehrteiligen Serie «Totalitarismus im Gesundheitsmantel» wird auf die Geschehnisse zurückgeblickt und danach gefragt, wie diese möglich waren und was das politische Handeln rund um die Corona-Massnahmen für die Zukunft insbesondere von Demokratien bedeuten könnte. Nachfolgend wird die Serie mit Teil 3 fortgesetzt (Teil 1 hier, Teil 2 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier).
Der Neid auf China
Der langjährige Google-CEO Eric Schmidt ist Vorsitzender der National Security Commission on Artificial Intelligence (NSCAI), einem Gremium, das die US-Regierung und den Kongress in Fragen rund um Künstliche Intelligenz (KI) berät. Dort sitzen zahlreiche Funktionäre aus Big Tech-Konzernen wie Amazon, Microsoft oder Oracle, deren prägende Figuren Jeff Bezos, Bill Gates respektive Larry Ellison zu den reichsten Menschen der Welt gehören, inklusive Schmidt selbst.
Mit dabei beim NSCAI ist auch Chris Darby, CEO von In-Q-Tel, ein High-Tech-Startup-Investor der US-Geheimdienste und des Verteidigungsministeriums. In-Q-Tel war in der Aufbauphase um die Jahrtausendwende an Google beteiligt, als Schmidt CEO war. Umgekehrt vergibt das US-Militär häufig lukrative Regierungsaufträge in Milliardenhöhe an Big Tech, zum Beispiel an Amazon, Facebook, Microsoft oder Google, zum Beispiel um KI-Drohnensteuerungen zu entwickeln.
In China habe Google unter Schmidt an einer Suchmaschine gearbeitet, die Zugang zum chinesischen Markt ermöglichen sollte. Der Suchalgorithmus Dragonfly sollte zensierte Seiten auslassen und Telefonnummern der Chinesen speichern, die unerlaubte Seiten anfragen. Bei der Totalüberwachung sind sich die Ideologien von Silicon Valley und der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) so gut wie kongruent. Beide Seiten verfolgen als Geschäftsmodell die Kontrolle der Bevölkerung. Gemeinsame Interessen überwinden hier vermeintliche ideologische System-Antagonismen.
Das NSCAI klagt in einer Präsentation, dass in China auch bargeldlose, digitale Finanztransaktionen besser zur Überwachung genutzt werden können. Ähnlich wie beim Thema Gesundheit soll die digitale Kontrolle über das Finanzwesen bei staatlichen Stellen im Schulterschluss mit privaten Konzernen monopolisiert werden, wie das Planspiel «Cyber-Polygon 2021» simulierte (wir berichteten). Augustin Carstens, Generalsekretär der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), gewissermassen die Superzentralbank, preist die Kontrollmöglichkeiten des digitalen Geldes. Es sei freilich möglich, Personen den Zugang dazu zu verwehren. So sagte er im Oktober 2020:
«Zum Beispiel wissen wir beim Bargeld nicht, wer heute eine 100-Dollar-Note nutzt, oder einen 1000-Peso-Schein. Ein entscheidender Unterschied zum CBDC [Central Bank Digital Currency] ist, dass die Zentralbanken absolute Kontrolle über die Regeln und Regulierungen haben werden, die die Nutzung [des digitalen Zentralbankgelds] regeln. Und wir werden auch die Technologie haben, das durchzusetzen.»
KI wird von der Regierung benutzt, um gesammelte Daten automatisch auszuwerten und Profile über Menschen zu erstellen. In diesem Bereich dient China als Vorbild. WEF-Gründer Klaus Schwab sieht KI als Chance zur digitalen Transformation der Gesellschaft nach diesen Vorstellungen. In seinem Buch «The Great Reset» stellt er das chinesische Modell als überlegen dar und sieht es als eine Art nächste Evolutionsstufe, die Basis der «Vierten Industriellen Revolution». Er schwadroniert von Designer-Babies, Geoengineering, Smart-Homes und -Cities usw., alles angeschlossen an das «Internet der Dinge» oder eine Form von Super-KI. Für Schwab sind Menschen eine «gesichtslose Verwaltungsmasse» – was sie durch das Maskentragen auch buchstäblich immer mehr werden.
Gemäss des NSCAI wird Chinas Überwachungstechnologie in viele Länder exportiert und über strategische Investments in Unternehmen vorangetrieben, unter anderem durch die Technologiegiganten Huawei und Alibaba. Alibaba-Gründer Jack Ma verschwand im Herbst 2020 für mehrere Monate, nachdem er Chinas Wirtschaftssystem kritisiert hatte. Einschätzungen von China-Experten zufolge sieht die KPC vermögende Personen als potenzielle Gefahr ihrer Macht. Malaysia führt in der Hauptstadt Kuala Lumpur ein Pilotprojekt mit Alibabas «City Brain» durch, einer cloudbasierten Smart City-Plattform, die auf KI setzt und Big Data nutzt. Die Überwachungssoftware weiss so ziemlich alles über jeden, egal ob es um die Dauer eines Arztbesuches, ein Hotel-Check-In oder die Bezahlung der Parkplatzgebühren geht.
Orte, wo «City Brain» aktiv ist. Quelle: alibabacloud.com
Die Daten werden zunehmend zu einem relevanten geopolitischen Faktor zwischen den rivalisierenden Weltmächten USA und China. So heisst es in der der NSCAI-Präsentation weiter, dass China durch die Massenüberwachung und die enormen staatlichen Datenbestände einen Sprung nach vorne gemacht habe. Laut Chris Darby sind Daten das neue Öl.
Viele der Hürden, die in westlichen Ländern eine Implementierung von KI-Massenüberwachungstechnologie verhindern, wurden unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung abgetragen, wie die Journalistin Whitney Webb schreibt (hier auf Deutsch). Corona war diesbezüglich ein Glücksfall: Tracing-Apps wurden hochprioritär entwickelt. Die Hard- oder Software stammte oft von Big Tech und die Apps generierten haufenweise Daten. Der Journalist Norbert Häring («Schönes neues Geld») schreibt:
«Dass die Pandemiebekämpfung sich gar so sehr im Sinne des NSCAI auswirkt, ist vielleicht etwas mehr als eine glückliche Fügung des Schicksals.»
Demnach gibt es weitreichende Überschneidungen zwischen den Unternehmen der «Great Economic Revival Industry Groups» (GERIG) und denjenigen, die Mitglieder ins NSCAI entsandten, etwa Microsoft, Amazon, Google, Lockheed Martin und Oracle. Die GERIG waren von Ex-US-Präsident Donald Trump zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Corona-Auswirkungen geschaffen worden.
Ebenfalls an Bewegungsdaten interessiert ist die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency; Behörde des US-Verteidigungsministeriums für militärische Forschungsprojekte) mit ihrem Projekt «Combat Zones That See». Die DARPA forscht an Militärtechnologien und experimentiert mit biologischen Enhancement-Möglichkeiten für Soldaten. Zu dieser Behörde später mehr.
Chinas lange Arme
Die chinesische Propaganda schlachtet das Thema Corona aus, um das chinesische Modell global anzupreisen. Das Land habe weltweit «Hilfe» geleistet. In einem eigens geschaffenen «Corona-Museum» in Wuhan wird Xi Jinping als Held gefeiert (im Film unten ab 4:10). Nun geht China in die nationalistische Offensive: innenpolitisch durch Totalüberwachung, die «Säuberung» der Uiguren, Unterdrückung der Hongkonger Demokratiebewegung und Säbelrasseln gegenüber Taiwan; aussenpolitisch angetrieben durch Rachegelüste für vergangene militärische Niederlagen gegen den Westen (Grossbritannien, Frankreich). Im 19. Jahrhundert führten die Opiumkriege zum Fall des chinesischen Kaiserreiches. Das hat man nicht vergessen.
ARTE-Dokumentation «Die neue Welt des Xi Jinping»
Quelle: Rumble
Der ARTE-Film illustriert, wie weit der Einfluss der KPC ausserhalb Chinas bereits reicht. Das kann eine Vorstellung davon vermitteln, weshalb in vielen westlichen, liberal-demokratischen Ländern mit autoritären Mitteln – sprich Lockdowns – gegen die «Pandemie» durchgegriffen wurde. So heisst es im ARTE-Film (ab 42:00):
«Australien und Neuseeland sind zu einer Art Labor geworden, in dem die Chinesen Methoden zur Infiltration demokratischer Länder testen. Dabei nutzen sie eine alte Strategie zur politischen Einflussnahme, die von der Kommunistischen Partei Chinas entwickelt wurde.»
Diese bestehe darin, dass die Einheitsfront, eine Abteilung der KPC, nicht-kommunistische Kräfte für ihre Ziele gewinnt und neutralisiert. Sie würden gekauft und dadurch zu Verbündeten Chinas. So gewinne China Einfluss auf die Innenpolitik der ausländischen Partner, der weit in die Gesellschaft hineinreiche: Wirtschaft (zum Beispiel Ackerland, Rohstoffe), Medien, Zivilgesellschaft, Universitäten. So werden chinafreundliche Politiker finanziert und die chinesische Bevölkerung im Ausland eingespannt. Von der 26 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerung Australiens sind über 3% ethnische Chinesen, was knapp einer Million Menschen entspricht.
2017 wurde bekannt, dass der australische Senator Sam Dastyari vom Milliardär und KPC-Mitglied Huang Xiangmo bestochen worden war. Der damalige australische Premierminister Malcolm Turnbull wurde vom australischen Geheimdienst aus Gründen der nationalen Sicherheit dazu angehalten, keine Events zu besuchen, an denen Huang zugegen war. Chinesische Geschäftsleute sind «in den vergangenen Jahren zu den grosszügigsten Spendern der politischen Parteien in Australien» aufgestiegen. Mittlerweile hat Australien Massnahmen erlassen, etwa die Parteienfinanzierung eingeschränkt oder Huawei vom Ausbau des 5G-Netzes im Land ausgeschlossen.
Auffällig war, wie nah sich Australien und Neuseeland mit ihren repressiven Methoden und Massnahmen an China orientierten. Die engen Verbindungen zwischen WEF, Schwab und China sind bekannt. Die neuseeländische Ex-Premierministerin Jacinda Ardern ist bei den «Young Global Leaders» des WEF – einem elitären Zirkel von Gefolgsleuten, in dem zum Beispiel auch der deutsche Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn oder die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock zugegen sind.
Chinesischer Einfluss in Europa
Auch in Europa ist China seit Jahren auf dem Vormarsch. So ist etwa der ehemalige Premierminister Frankreichs (2002-2005), Jean-Pierre Raffarin, ein langjähriger Freund Chinas. Er setzte sich für europäische Waffenlieferungen an China ein und unterstützte ihr Anti-Abspaltungsgesetz, eine Selbstermächtigung zur Invasion Taiwans vor Chinas Küste. Er supportet die Partei von Staatspräsident Emmanuel Macron, ebenfalls ein «Young Global Leader». Dieser verkündete just am Vortag des Nationalfeiertags 2021, dem Jahrestag des Sturms auf die Bastille, dass er ein System mit Alltags-Schikanen einbaue, damit sich die Bürger «impfen» lassen.
Das war mitten im Sommer, als sowieso keinerlei Veranlassung mehr dazu bestand. Stattdessen prophezeite Macron die x-te Welle im Herbst und tat so, als sei das überraschend. Ausgenommen von seinen Impfplänen war die Polizei. Da war wohl das Risiko von Nebenwirkungen doch zu gross, als dass er den Ausfall der Polizei riskieren wollte.
Währenddessen fährt Griechenland auf der gleichen Schiene. China hat viel in das Land investiert, unter anderem gehört der Hafen von Piräus den Chinesen. 2018 konnte Europa dem UNO-Menschenrechtsrat keinen Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in China vorlegen, weil Griechenland sein Veto einlegte. 2024 wird in Ungarn die erste chinesische Universität in Europa eröffnet.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Portugal: Viele portugiesische Unternehmen wurden während der letzten Finanzkrise von Chinesen aufgekauft, als die verschuldete Regierung Staatsunternehmen aufgrund der EU-Austeritätspolitik privatisierte. Ende 2018 besassen die Chinesen fast neun Prozent des Kapitals der börsennotierten portugiesischen Unternehmen. Chinas Botschafter in Lissabon rühmt Portugal als «strategischen Partner».
Ministerpräsident António Costa stellt sich quer gegen EU-Pläne, chinesische Investitionen in den europäischen Schlüsselindustrien genauer zu überwachen. In der Schweiz war das Thema ebenfalls ein politisches Diskussionsthema. Hintergrund war die Übernahme 2016 des deutschen Unternehmens Kuka, dem europäischen Marktführer für Industrierobotik, durch die chinesische Midea Group.
Die genannten Beispiele sollen einen Eindruck davon vermitteln, wie weitverzweigt die wirtschaftspolitischen Verflechtungen Chinas unter anderem in Europa sind. Hier kommt wieder die Corona-Propaganda der KPC zur Geltung, aktiv von der Partei betrieben und verbunden mit vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Regime in Peking seitens der Politik.
Trolle und Sport-Sponsoring
Zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung verfügt China über eine riesige Internet-Troll-Armee, die weltweit Meinungsbildungsprozesse beeinflusst. Sie war etwa in Italien nach dem Aufkeimen von Covid-19 in Europa besonders aktiv.
Ein jüngerer chinesischer Propaganda-Vorstoss in Europa war im Sommer 2021 an der Fussball-Europameisterschaft erkennbar. Werbepartner war unter anderem der Bezahldienst Alipay von Alibaba, mit dem digitale Finanztransaktionen überwacht werden. Der deutsche Verfassungsschutz stellte 2020 fest, dass chinesische Geheimdienste auf die Kundendaten von Bezahlsystemen chinesischer Unternehmen zugreifen können. Insgesamt stammte ein Drittel der Sponsoren aus China. Einige Unternehmen wie Hisense oder Vivo werden verdächtigt, von der Zwangsarbeit der Uiguren in der Provinz Xinjiang zu profitieren.
Zahlreiche Unternehmen aus China sonnten sich im Scheinwerferlicht der Sportwelt, wo Profispieler, bislang meistens unpolitisch, plötzlich Anti-Rassismus-Kniefälle und LGBTQ-Regenbogenfarben zelebrierten, ganz im Sinne der UEFA-Kampagne #EqualGame. Weiter mit von der Partie war zum Beispiel Qatar Airways, die Fluggesellschaft Qatars, von deren Werbung man lernen durfte, mit ihr «noch grüner» zu fliegen. Der einzige europäische Sponsor war Volkswagen, der in Regenbogenfarben mit #WeDriveDiversity warb. Sportwerbebanner können einiges über den Zeitgeist aussagen, jedenfalls war es ein erstaunliches postmodernes Gemengelage.
Gleich sah es bei der Copa America aus, dem südamerikanischen Pendant zur Europameisterschaft, die gleichzeitig stattfand. Drei der vier Sponsoren waren chinesisch, etwa der Impfstoffhersteller Sinovac, der 50’000 Dosen Corona-Impfstoff gespendet hatte. China nutzte Corona für geopolitische Zwecke und diplomatischen Einfluss.
In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob China aus den weltweiten Lockdowns wirtschaftlich Kapital schlagen kann. Sofern sich die Volkswirtschaften nicht ausreichend erholen, kann damit gerechnet werden, dass China seine Einkaufstour insbesondere von Unternehmen zukünftiger Schlüsselindustrien oder kritischen Infrastrukturen (z.B. Container-Häfen, Energieversorgung) fortsetzt und damit den politischen Einfluss weiter erhöhen wird. Danach scheint es momentan auszusehen, denn die Wirtschaft in den vier grössten Volkswirtschaften Europas (Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien) schrumpfte 2020 gemäss Weltbank durchschnittlich um knapp 8%.
Dieser Einbruch entsprach in der Grössenordnung der Finanz- oder Ölkrise, mitunter war es der grösste seit dem Zweiten Weltkrieg. China wuchs jedoch 2,3%. Um diese Baisse auszugleichen, wird versucht, die Wirtschaft durch neue Schulden anzukurbeln. Diese sind im Euro-Raum 2020 teilweise markant gestiegen. Über die – aber nicht nur – wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise hat der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze ein Buch publiziert (wir berichteten).
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