Die britische Regierung und ihre Mitstreiter im Bereich der «öffentlichen Gesundheit» gäben sich nicht damit zufrieden, den Menschen das Rauchen außerhalb von Kneipen zu verbieten, schimpft The Critic. Jetzt wollten sie auch noch, dass die Menschen in den Kneipen weniger trinken.
Nach einem Bericht des Telegraph wolle Schatzkanzlerin Rachel Reeves die Alkoholsteuer erhöhen, obwohl das Vereinigte Königreich zu den Ländern mit den höchsten Steuern der Welt gehöre. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 seien jeden Monat fünfzig Kneipen geschlossen worden. Die Botschaft aus dem Finanz- und Wirtschaftsministerium scheine jedoch zu sein, dass dies nicht annähernd genug sei, meint The Critic.
Das Problem für die Regierung sei vielleicht, dass die Steuereinnahmen im vergangenen Jahr um 1,3 Milliarden Pfund gesunken seien. Der Handelsverband für Wein und Spirituosen mache dafür glaubhaft die Tatsache verantwortlich, dass die Menschen wegen der höheren Steuern weniger Alkohol kaufen würden. «Sehen Sie das Problem, wenn man daraufhin die Steuern erhöht?», fragt das Magazin.
An anderer Stelle hätten Forscher der Forschungsstelle für Verhalten und Gesundheit an der Universität Cambridge empfohlen, den Bierkonsum um ein Drittel zu reduzieren. Dies folge auf ein Experiment, bei dem Kneipen, die kleinere Portionen ausschenkten, «dazu führte, dass fast 10 Prozent weniger Bier verkauft und konsumiert wurde».
Der Bericht des Guardian dazu sei unfreiwillig faszinierend, kommentiert The Critic ironisch. Die Forscher hätten mehr als 1700 Kneipen, Bars und Restaurants eingeladen, an dem Versuch teilzunehmen. Die Resonanz der Gastwirte sei überwiegend wenig enthusiastisch gewesen: Trotz einer Entschädigung für entgangene Einnahmen hätten nur 13 zugestimmt. Es sei erstaunlich, dass die Wirte nicht begeistert waren, die Menschen dazu zu bringen, weniger von ihren Produkten zu konsumieren.
«Abgesehen von den Einnahmeverlusten», schreibt der Wissenschaftsredakteur des Guardian, Ian Sample, «gibt es eine Trägheit zu überwinden. Das britische Pint, das 1698 eingeführt wurde, ist eine kulturelle Institution». Es sei bemerkenswert, so The Critic, wie sich eine präskriptive Sprache in wissenschaftliche Texte einschleiche. Wenn Sample «Trägheit» sage, beziehe er sich zumindest teilweise auf Vorlieben. Die Menschen seien mit Pints vertraut und hätten sich an sie gewöhnt. Warum müsse dies «überwunden» werden?
Die Frage, ob es den Staat etwas angehe, wie viel die Menschen trinken, sei berechtigt. Ebenso diejenige, ob der Staat solch manipulatives Nudging gegen die Bürger einsetzen sollte. Aber die Argumentation der Forscher erscheine bizarr. Sicher seien wir uns alle einig, dass Alkoholismus eine individuelle und kollektive Tragödie ist. Vermutlich seien es jedoch eher nicht die Vieltrinker gewesen, die trotz ihrer kleineren Portionen keine weitere Runde gekauft hätten, sondern die ohnehin mäßigen Konsumenten.
Das Magazin äußert auch den Verdacht, dass die Verknappung und Verteuerung des Alkohols in Kneipen die Menschen vermehrt in die Supermärkte treiben werde. Dahin seien Millionen von Trinkern bereits abgewandert. Das sei in der Regel die asozialere Variante und bringe auch nichts für die lokalen Unternehmen.
Abschließend kritisiert das Magazin Elle Hunt vom australischen Guardian für ihren Artikel zu dem Thema. Wenn sie sage, ihr sei das britische Pint einfach zu groß, um es bequem zu genießen, sei das nur recht und billig. Aber es sei typisch für die «politisch korrekte» Mittelklasse, dass die Aussage «das schmeckt mir nicht» zu «niemand sollte das genießen können» erweitert werden könne.
Der puritanische Kurs des britischen öffentlichen Lebens ziehe sich wie ein roter Faden durch Hunts Werk. Es sei erstaunlich, dass Experten und Politiker in dem Maße, in dem Großbritannien ärmer, unsicherer und gespaltener werde, ihr Bestes täten, um Wege zu finden, die Vergnügungen und den Trost der Menschen einzuschränken. Das reiche wiederum, um einen zum Trinken zu verleiten – wenn man es sich denn leisten könne.