Transition News: Sie wandern seit vielen Jahren durchs Land und rollen dabei einen Stein. Warum eigentlich?
Rolf Tepel: Es gibt ja viele Dinge, die man mit Steinen tun kann: Ende der 1990er Jahre zum Beispiel hatten wir in Deutschland einen Außenminister, Joschka Fischer, der nicht nur mit Raketen geworfen hat. In seiner Jugend, während der sogenannten Studentenrevolution, soll er als Steine- und Molotowcocktail-Werfer hervorgetreten sein.
Oder nehmen wir den Bau der Mauer: Da wurden Steine errichtet, um Menschen voneinander zu trennen. Dann fällt die Mauer, die Steine kommen ins Rollen, es kommt wieder etwas in Bewegung. Und dann wird, nachdem sich eine derartige Möglichkeit der Einigung und Befriedung aufgetan hat, ausgerechnet ein Mann, der in der Jugend vorbildlich Steine geworfen hat, Außenminister Deutschlands. Also das nur als Vorgeschichte zu den Möglichkeiten des Missbrauchs von Steinen.
Ich gehöre der Generation «danach» an, also der Post-68er, der Post-Hippies. Wir hörten Rolling Stones, Rock’n’Roll und auch «Let’s give Peace a Chance». Ich kann mich an die 1970er Jahre gut erinnern: Wir waren in einer permanenten Aufbruchsstimmung und auch in einer gewissen Zuversicht, dass wir das Glück haben, zu erleben, dass die Welt sich wirklich wandelt, von einem dystopischen Kriegsschauplatz – einer ewigen, unbefriedigten Konkurrenz – hin zu einem friedlichen Miteinander.
Aber nach dem Mauerfall habe ich sehr schnell realisieren müssen, dass sich nichts Wesentliches änderte. Den Steinewerfern und Raketenentwicklern sind die Mittel zugeflossen, sie haben das Heft in die Hand genommen. Wir erleben ja gerade das Ergebnis.
Einen-Stein-ins-Rollen-bringen ist ein zentrales Motiv des Wandels. Und 1991 habe ich mir gedacht, es ist vielleicht gut, das mal ins Physische zu übertragen und nicht nur davon zu singen und sich schöne Geschichten über den Wandel zu erzählen, sondern sich selber in einen Wandlungsprozess zu begeben. So habe ich damals eben den Entschluss gefasst, einen Stein durch Deutschland zu rollen – angestoßen durch den Irakkrieg.
Nach einiger Vorbereitungszeit bin ich 1993 ein halbes Jahr zu Fuß vom Trierer Dom zum Berliner Dom gegangen und habe dabei einen Stein gerollt, um etwas und mich in Bewegung zu setzen, und auch um nach außen dieses Bild zu erzeugen: Da ist einer, der den Stein ins Rollen bringt.
Wie war das, so einen Stein von Trier nach Berlin zu rollen?
Für mich persönlich war das der transformatorische Wendepunkt in meinem Leben. Man wird dann selber zum Fluss des Lebens. Jeder Schritt geht ja ins Unbekannte, ins Freie, es ist ein Wagnis. Ich habe keine Schule gefunden, im besten Sinne von Schule, die mir mehr Einblick in die wirkliche Bedingtheit von Leben gegeben hat. Und so einen Stein zu rollen heißt, wir gehen in die Landschaft, wir gehen wieder als Selbstbewegte, als etwas Bewegende. Und da kommen wir schon sehr nah an das, was uns als Lebewesen ausmacht. Was das Leben ausmacht: Leben ist Bewegung.
Damals lebte ich schon das zwölfte Jahr im Zirkuswagen. Wir hatten im Hunsrück, in relativer Nähe vom Flughafen Hahn, ein Gelände, wo wir mit mehreren Fahrenden drei Jahre lang unseren Heimathafen hatten. Dort wurde ich nach dem Mauerfall Zeuge, wie der Hunsrück, diese wunderschöne ländliche Gegend, plötzlich nicht mehr von Tieffliegern heimgesucht wurde. Was davor, außer sonntags, sechs Tage die Woche der Normalfall war. Denn die amerikanischen Kampfbomber haben da ihre Tiefflugübungen gemacht.
Es war interessant zu erleben, wie die ganze Landschaft wieder aufatmet und zu sich kommt, wenn die Kontinuität eines Tages nicht mehrfach durch tieffliegende Kampfbomber zerstört wird. Durch diese akustischen, brutalen Ereignisse lebt man in einer ständigen Alarmsituation. Man konnte das richtig spüren, wie die gesamte Hunsrücker Bevölkerung, als diese Plage plötzlich weg war, mit der Landschaft wieder aufatmete und zu sich selber gerufen wurde.
Ist es auf dem Militärflughafen so ruhig geblieben?
Auf dem Flughafen Hahn waren über 100 amerikanische Kampfbomber stationiert. Und 1991 wurden von dort aus massive Angriffe auf den Irak geflogen. Dazu hat man die Bomben und Raketen benutzt, die in den Bunkern im Hunsrück wegen der angeblichen russischen Bedrohung vorgehalten worden waren.
Und wir wurden Zeuge, als diese Kampfbomber voll beladen von Deutschland aus gestartet sind. Wir haben uns gefragt, was denn jetzt los ist. Am nächsten Tag stand in der Zeitung, dass der Irak bombardiert wurde.
Das war für mich der ausschlaggebende Impuls: Als ich feststellen musste, dass dieses wiedervereinte Deutschland sozusagen unmittelbar an seine schlechtesten Tugenden anschließt, wurde mir klar, dass es sinnlos ist, schöne Bleiverglasungen zu machen. Denn wenn bald wieder Bomben und Raketen sprechen, dann fällt alles Glas als erstes, wird erschüttert und zerspringt.
Deswegen habe ich damals mein alternatives Leben an den Nagel gehängt und bin im Prinzip noch alternativer geworden und habe damit begonnen, Steine durch Deutschland zu rollen, für die Transformation, die Konversion, von Militär- zu Friedensgelände, für den dringend notwendigen kollektiven Wandel von einer Kriegskultur zur Friedskultur.
Hatten Sie sich schon davor für Frieden engagiert?
Bis dahin hatte ich mich mit den schönen Künsten beschäftigt, mit dem guten Leben, in dieser Blase der alternativen Bewegung. Ende der 70er, Anfang der 80er sind junge Leute aufgebrochen und haben ein Leben «zurück auf dem Land» gesucht. Ich war mit Kunstglaserei beschäftigt, habe wunderschöne Lampen, Spiegel und Fenstergläser produziert.
Man hat uns als Aussteiger bezeichnet. Aber wir haben uns eher als Wiedereinsteiger empfunden – als Wiedereinsteiger ins Leben, ins Lebendige. Ich schätze 20.000 bis 30.000 junge Menschen haben in der damaligen Zeit nach nomadischen Lebensentwürfen Ausschau gehalten. Das war damals eine große Bewegung. Wir haben uns alle Themen nochmal vorgenommen, nicht nur Bauen und Wohnen, sondern auch Ernährung, Landwirtschaft und eine Kultur des Miteinanders. Es war auch eine große Bewegung zurück zum Handwerk. Und ich war einer von denen, die sich durch die Landschaften bewegt haben.
Ist es dieser Ein- beziehungsweise Aussteiger-Bewegung damals gelungen, den Mainstream oder den Zeitgeist zu beeinflussen?
Wenn wir jetzt mal Fazit ziehen: Auf der kollektiven Ebene ist uns nichts gelungen. Wenn uns da etwas gelungen wäre, dann wäre die Welt ja heute eine andere.
Wir mussten es trotzdem tun. Ich habe mal Christoph Schlingensief kennengelernt. Er hat den Slogan «Scheitern als Chance» aufgebracht. Ich konnte voll begreifen, was er damit zum Ausdruck bringen wollte.
Es war klar, dass wir alle zum Scheitern verurteilt sind. Weil der Zeitgeist-Strom, in Richtung Dystopie, in Richtung Automatisierung, in Richtung Monetarisierung, in Richtung Unterhaltungssucht führte. Alles unterhalten, alle unterrichten. Das Ziel scheint die Entgeistigung der Welt zu sein. Dass das Geistesleben überhaupt keine Rolle mehr spielt, dass das uninteressant ist, das ist ja immer noch so stark.
Vor kurzem haben Sie einen Stein von Mühlhausen nach Weimar gerollt und dann weiter zur Friedenskonferenz auf der Burg Liebstedt. Welches Anliegen wollen Sie an die Öffentlichkeit bringen?
Ich versuche seit meinem Aufbruch Anfang der 1990er, den Menschen, die Menschheit, für den Friedgedanken zu erreichen. Seit mehr als 30 Jahren richte ich mich immer wieder mit visionären Handlungsvorschlägen an die Gesellschaft.
Als ich den ersten Stein durch Deutschland gerollt habe, hatte ich folgende Vision: Dieser Flughafen Hahn, von dem aus der Irak bombardiert wurde und den die Amerikaner später aufgegeben haben, könnten wir – im Sinne von Schwerter zu Pflugscharen – zu einer Friedensstadt machen. Da hätten 25.000 Menschen sofort einziehen können. Und wir hätten dort eine internationale Friedensuniversität gründen können.
Wie hat die Friedensbewegung darauf reagiert?
Die Friedensbewegung weiß überhaupt nicht, was Frieden ist, und interessiert sich auch mehrheitlich nicht wirklich für die Friedensfrage. Sie ist im Wesentlichen angstgesteuert und taucht immer nur dann auf, wenn der nächste Konflikt, der nächste Krieg droht, und dann steht man mit Schildern da und schreit.
Wer Frieden will, der muss den Fried vorbereiten. Der Fried braucht auch eine Inszenierung, wenn wir ihn denn wollen.
Denn es ist noch nie ein Krieg ausgebrochen. Kriege werden immer von langer Hand geplant. Man muss sich ja nur mal vorstellen, welche Werkzeuge für den Krieg erst produziert, finanziert und entwickelt werden müssen, da stecken Jahre, Jahrzehnte, zum Teil Jahrhunderte an Vorplanungen drin. Genauso muss der Fried geplant werden.
Warum sprechen Sie von «Fried» statt von Frieden?
Erst wenn wir etwas tun, also wenn wir gehen, entsteht ein Gang. Wenn wir stehen, entsteht der Stand. Wenn wir kriegen, entsteht der Krieg. Und wenn wir frieden, das ist abgeleitet von freien, lieben, dann entsteht auch ein Fried. Ich habe schon x-mal versucht, der sogenannten Friedensbewegung wenigstens diese semantische Wahrheit nahezubringen, aber die sind so resistent, die drehen sich immer sofort um und wollen davon nichts wissen. Ich weiß nicht, was so lukrativ daran ist, auf Ewigkeiten auf Friedensdemonstrationen herumzustehen, herumzuschreien und Frieden zu fordern.
Man kann keinen Frieden fordern – auch keine Freiheit. Nur durch aktives Frieden, aktives Lieben können wir uns den Fried geben. Das ist dann auch die Geburtsstunde wahrhaftiger Freiheit.
Was soll auf der Friedens-Akademie geschehen?
Damals habe ich ganz groß geträumt, es zu schaffen, die deutsche Öffentlichkeit für die Frage nach der Wende – Schwerter zu Pflugscharen – zu gewinnen. Für mich war der Mauerfall ein Impuls, nochmal richtig aufzubrechen. Ich war damals blauäugig, ich hatte gedacht, ich lebe in einer Gesellschaft, die sich tatsächlich für die Zukunft engagiert und Frieden will.
Die Wiedervereinigung Deutschlands war für mich ein Signal, dass wir aus der Vergangenheit mit diesen zwei Weltkriegen gelernt haben: Wiedervereinigt wird Deutschland sich mit einer neuen Stimme nicht mehr zum Kriegstreiber, sondern zum Friedstreiber ermuntern und aufrufen lassen.
So bin ich aufgebrochen, und ich habe tatsächlich daran geglaubt, dass ich die Gesellschaft mit der Idee erreichen kann, dass wir so eine Kriegsarchitektur, wie den Flughafen Hahn, umwandeln können. Dass das auf offene Ohren trifft, aufgenommen wird und daraus eine gesellschaftspolitische Debatte entsteht. Und dass wir uns in der Welt als neues Deutschland vorstellen und zeigen, dass wir Friedensideen haben und das Leben dann auch weitergeht.
Und ich muss sagen, die Enttäuschung, da sozusagen so ins Leere, in so eine Resonanzlosigkeit zu laufen, war groß. Ich habe ein Jahr nacharbeiten müssen, um das überhaupt zu verkraften.
Was haben Sie auf Ihrer ersten Wanderung erlebt?
Im September 1993 bin ich im Berliner Dom angekommen, habe mich vor den Altar gesetzt, den Stein aus der Achse rausgezogen, eine Kerze angezündet und war sofort Mittelpunkt des Gesprächs. Aber die Domverwaltung hat dann so rigoros reagiert, dass es zwischen dem Publikum, das meine Erzählungen hören wollte, und denjenigen, die auf den Dom aufpassen, fast zu einer Prügelei gekommen wäre.
Und ich bin auf diesem Weg von Trier nach Berlin an 24 lokalen Zeitungsredaktionen vorbeigerollt. Und nur eine einzige Zeitung, das Wittstocker Tagblatt, hat sich damals wirklich für die Geschichte interessiert.
Ich hatte mir damals gedacht, wenn ich so viel Zeit investiere, insgesamt ein Jahr für diese erste Aktion, und auch mein ganzes Leben dafür ändere, wirklich Einsatz zeige, dass ich etwas auslösen kann. Dieses Bild, dass ich da erzeuge, da bringt einer einen Stein ins Rollen, das hat ja etwas Humoreskes, also auf der reinen Erlebnis-Ebene: Wenn man das tatsächlich macht, sich so ein Gewicht, zwar nicht ans Bein zu binden, aber doch ins Rollen zu bringen, erscheint das dem Betrachter zunächst als absurd, als sinnlos. Wie eine Schubkarre ohne etwas zu karren. Das regt unmittelbar das Denken an. Hans im Glück, Sisyphos oder auch Strafgefangene im Arbeitslager werden oft unmittelbar assoziiert.
Wie reagieren Menschen, wenn Sie mit dem Stein vorbeirollen?
Beim Steinrollen ist man ganz an den Grund gebunden, physisch im Raum präsent und jeder Mensch, der im Gesichtskreis auftaucht, hat unmittelbar ein Fragezeichen im Kopf. Das ist heute noch meine liebste Beschäftigung: Mich aufzumachen, einen Stein zu präparieren und mir eine Strecke vorzunehmen. In der Landschaft anwesend zu sein und Menschen auf der Ebene zu begegnen, ist köstlich.
Die Begegnungen sind unbeschreiblich. Es finden echte Begegnungen statt. Die unmittelbarste Rezeption und die schönsten Gespräche ergeben sich mit Kindern. Die begreifen sofort den spielerischen Ansatz. Je älter die Menschen werden, desto schwieriger wird eigentlich die Vermittlung.
Auf dem Weg zur Burg Liebstedt bin ich mit dem Stein an der Ilm langgewandert und in einem Dorf standen fünf Menschen über 50 Jahre alt vor einem Gartenzaun und besprachen sich, und ich kam von unten nach oben angerollt. Es konnte keiner weggucken.
Hören die Menschen Sie auch schon heranrollen?
Auch das ist ein Aspekt, der hochinteressant ist, der musikalische Aspekt des Steinrollens. Der Naturgrund klingt in der Regel nicht, sobald man auf der Wiese ist, hört man vom Stein gar nichts. Aber den zivilisierten Grund, den unfruchtbaren Grund, den wir mit Teer und Steinplatten und Kopfsteinpflaster und so weiter geschaffen haben, den bringe ich zum Klingen. Ich behaupte manchmal, dass der rollende Stein das einzige echte Straßenmusikinstrument ist, weil ich eben die Straße zum Klingen bringe. Dann komme ich also da angepoltert, gerollt, geknirscht und alle gucken.
Die fünf waren hoch erfreut darüber, einen Mann kennenzulernen, der sich so einer Beschäftigung hingibt. Einen Stein ins Rollen zu bringen hin zu einer Friedenskonferenz.
Ich habe unmittelbaren Kontakt mit den Menschen. Das war auch schon auf der ersten Wanderung so, da bin ich ja Hunderten von Menschen begegnet und habe mit ihnen über die Frage des Wandels und des Friedens gesprochen. Ich habe nicht einen Menschen getroffen in diesem Deutschland, der sagt, er sei für Krieg. Nicht einen.
Diesen Widerspruch kann ich bis heute nicht begreifen: Eigentlich tendieren alle dahin, das Leben im Frieden zu leben. Wie ist es dann möglich, dass wir uns hier seit Monaten mit der Lieferung von Taurus-Raketen beschäftigen müssen? Und warum ist es nicht möglich, in Deutschland eine echte Friedensdebatte zu führen? Warum sperrt sich zum Beispiel der ganze akademische Bereich dagegen, die Friedensfrage mal aufzuwerfen? Bei Kriegsforschung und Waffenentwicklung ist der akademische Bereich doch auch ganz vorne mit dabei.
Sind Sie nach wie vor auf der Suche nach einem Ort für die Welt-Friedens-Akademie?
Wir haben so tolle Vordenker und Vorbilder, wenn es um die Friedensfrage geht – Bertha von Suttner, Immanuel Kant, Goethe, Schiller, Rudolf Steiner, Joseph Beuys. Und deswegen rolle ich immer weiter auf der Suche nach dem geeigneten Ort, dem geeigneten Grund, auf dem der Fried, neben all dem Krieg, auch mal wieder gedeihen darf. Die Betonung liegt auf «darf», da nach all meinen Erfahrungen jeder Friedensimpuls unmittelbar angegriffen, infrage gestellt und eben nicht zugelassen wird. Panzerfabriken werden dagegen «mit links» genehmigt.
Was meinen Sie, warum ist der Einsatz für Frieden so unpopulär?
Das ist ganz einfach. In einer Welt, die den Fried kultiviert sind alle Kriegsspiele, also alle Spielarten auf Kosten anderer, vollkommen uninteressant. Es lässt sich keinerlei Profit machen, da allen daran gelegen ist, dass es allen nach Möglichkeit gut geht.
Kriegswirtschaftssysteme leben davon, Mangel und Unzufriedenheiten zu erzeugen. Eine Friedswirtschaft sucht immer den Ausgleich zwischen Mangel und Überfluss.
Deshalb wohl wird schon alleine jeder Friedgedanke für diejenigen, die vom Krieg, vom Gegeneinander, von der Uneinigkeit profitieren, als Gefahr angesehen. Das ist vielleicht der größte Witz der Weltgeschichte: Alle menschengemachte Gefahr geht von denen aus, die das Leben als einen Kriegsschauplatz definieren.
Noch mal zur Welt-Friedens-Akademie: Wo soll die entstehen?
Die Welt, die wir uns erträumen, die können wir uns ja nur selber geben, die können wir uns nicht nehmen. Und deswegen habe ich zu den rollenden Steinen auch große Steinblöcke mit ins Spiel genommen, um potenzielle Friedensorte zu markieren und, wenn es denn passt, auch zu aktivieren. Um physische Mittelpunkte, Schwerpunkte für die Idee, Friedensorte für eine permanente Friedenskonferenz oder Friedensgestaltungskonferenz zu setzen.
Und diese Steinblöcke sind für mich der eigentliche Kern der Weltfriedakademie. Es ist das einzige Projekt, dem ich mich für den Rest meines Lebens widme: In Deutschland einen Mittelpunkt zur Friedstiftung zu schaffen. Dafür suche ich nach wie vor den richtigen Grund.
Diese großen Steine habe ich aus einer Brücke in Köln übernommen, die 2004 für den U-Bahn-Bau abgerissen worden war. Sie war 1905 von Kaiser Wilhelm quasi als kriegsvorbereitende Maßnahme in Vorschau auf den Ersten Weltkrieg erbaut worden. Über diese Brücke sind die Truppen und Panzer beider Weltkriege und sogar noch bis 2004 NATO-Panzer gerollt. Als Bildhauer und Hüter dieser für Kriegszwecke missbrauchten Steine nähere ich mich diesen Blöcken mit der Frage, ob sie nicht auch als Friedsbrückensteine tauglich sein können. Sie sind für mich sozusagen die Hardware einer Weltfriedakademie.
Wenn wir sagen, Krieg ist eine Form der Auseinandersetzung und des Gegeneinanders, findet in einer Friedakademie an den Friedbrückensteinen das Gegenteil statt: Es ist ein Zusammenkommen und Zusammensetzen. Die Prinzipien des Zusammenkommens, des Zusammensetzens und des Miteinanders sollen da wirksam werden.
Mein Angebot steht jetzt schon so lange, und es muss doch irgendwo auch einen Ort geben oder eine Stadt oder eine Gemeinde, die sagt: Eine Friedensuniversität, eine Friedensakademie in Deutschland, ist genau das, was wir brauchen.
Es ist meine feste Überzeugung, dass es für uns, für die Menschheit, nur noch einen Weg, einen Ausweg gibt, wenn wir denn leben wollen: Geben wir dem Fried eine Chance mit einer Welt-Fried-Erklärung.
Das Interview führte Sophia-Maria Antonulas.
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