Dr. Arthur L. Caplan ist Direktor der Abteilung für Medizinethik am Langone Medical Center und an der School of Medicine der Universität von New York. Er ist Autor oder Herausgeber von 35 Büchern und 750 peer-reviewed Artikeln. Jetzt hat das Fachportal Medscape ein Interview von Caplan als Transkript publiziert.
Dr. Caplans wichtigste Aussagen:
«Haben Sie in letzter Zeit im Zusammenhang mit der Impfstoff-Entwicklung auch immer wieder Begriffe wie „Rennen“, „Beschleunigung“ oder „Warp-Geschwindigkeit“ gehört? Obwohl wir natürlich alle auf einen wirksamen und sicheren Impfstoff hoffen, um einen Ausweg aus dieser furchtbaren COVID-19-Pandemie zu finden, beunruhigen mich diese Formulierungen doch sehr.»
«Nach einigen Umfragen aus den letzten Monaten sind viele Menschen in den USA und auch auf der ganzen Welt gegenüber einem Corona-Impfstoff skeptisch eingestellt».
«Was sie aber auch nervös macht, ist der Gedanke, dass ein Impfstoff vielleicht überstürzt eingeführt wird, bevor die Daten eindeutig belegen, dass er sehr sicher und sehr wirksam ist.»
«Wenn Präsident Donals Trump, Tony Fauci, der Chef der US-Infektionsbehörde, oder andere ihre Hoffnung darüber äußern, dass es bis zum Jahresende oder zu Beginn des kommenden Jahres einen Impfstoff geben wird, denke ich mir, dass dies nicht nur aus dem Grund nahezu unmöglich zu erreichen ist, weil die Forschung möglicherweise noch keine klaren Ergebnisse hat und die Produktion schwierig ist.»
«Wir sollten auch in keiner Weise Abstriche an groß angelegten und angemessenen klinischen Studien zur Impfstoffentwicklung machen, an denen in der Regel Zehntausende Menschen beteiligt sind. Der Gedanke, bis zum Winter oder Anfang nächsten Jahres etwas in der Hand zu haben, klingt sehr nach: „Vielleicht haben wir noch nicht alle Daten zusammen, aber es wird schon reichen.“ Oder wir hören Politiker sagen: „Es handelt sich um einen Notfall, und wir können nicht warten, bis alle Daten vorliegen, also werden wir produzieren.“»
«Bisher lagen die schnellsten Impfstoff-Entwicklungen, die es je bis zur FDA-Zulassung geschafft haben – wohlgemerkt nicht zur Herstellung, sondern nur zur Zulassung – bei über 5 oder 6 Jahren.»