«Was auch immer man von Donald Trump halten mag – und ich für meinen Teil halte sehr wenig von ihm – seine Verurteilung als Schwerverbrecher für ein normalerweise geringfügiges Vergehen durch eine voreingenommene Jury ist ein düsterer Tag für die Demokratie in Amerika.»
Das schreibt der Journalist Michael Lind in dem Beitrag «Trump’s conviction is an assault on democracy. Yesterday was a darker day than January 6» (Trumps Verurteilung ist ein Angriff auf die Demokratie Gestern war ein dunklerer Tag als der 6. Januar) für «Unherd».
Der Gerichtsentscheid am Donnerstag, «der den Höhepunkt einer rachsüchtigen Strafverfolgung darstellt, war weniger dramatisch als die Plünderung des US-Kapitols durch einen Trump-freundlichen Mob nach der Wahl 2020. Aber die langfristigen Auswirkungen werden wahrscheinlich weitaus gravierender sein».
Trump sei natürlich kein Engel, so Lind. So habe er im Jahr 2020 versucht, Vizepräsident Mike Pence dazu zu bewegen, die Ratifizierung des Wahlergebnisses durch den Kongress zu verzögern. Mit derlei Manövern sei der inzwischen 77-Jährige aber letztlich nicht durchgekommen. «Die Rechtsstaatlichkeit in den Vereinigten Staaten wurde von Donald Trump auf die Probe gestellt - und sie hat den Test bestanden», meint Lind.
Doch nun hätten die Anti-Trump-Demokraten die Rechtsstaatlichkeit in Amerika erneut auf die Probe gestellt – und dieses Mal sei sie so sehr gebogen worden, dass sie zerbrochen sei. Dies liege insbesondere auch an der parteipolitischen Einfärbung der juristischen Attacken. Lind:
«Im Februar befand ein Geschworenengericht in Manhattan Trump des zivilrechtlichen Betrugs in einem Fall für schuldig, bei dem es um angeblich überhöhte Angaben zu Immobilienwerten ging. Und gestern befand ein weiteres Geschworenengericht in Manhattan nach der Anklage des demokratischen Bezirksstaatsanwalts Alvin Bragg Trump in einem Fall für schuldig, in dem es um die Meldung von Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels ging.
Es war das erste Mal, dass ein amtierender oder ehemaliger US-Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde. Es war auch das erste Mal, dass die Verbündeten eines Präsidenten einer Partei das amerikanische Justizsystem erfolgreich als Waffe eingesetzt haben, um den Präsidentschaftskandidaten einer anderen Partei zu zerstören.»
In beiden Fällen seien die parteipolitischen Motive der demokratischen Staatsanwälte und Richter offensichtlich gewesen. Letitia James, die 2018 als Demokratin für das Amt des Generalstaatsanwalts im Bundesstaat New York kandidiert habe, habe versprochen, dass sie Trump selektiv strafrechtlich verfolgen würde und dafür irgendeinen Vorwand finden würde, egal welchen. Sie sagte wörtlich:
«Ich werde niemals Angst haben, diesen illegitimen Präsidenten herauszufordern. Ich werde ein helles Licht in jede dunkle Ecke seiner Immobiliengeschäfte und jedes seiner Deals leuchten.»
Den Vorsitz in dem von James gegen Trump angestrengten Zivilprozess wegen Betrugs habe dann Richter Arthur Engoron geführt, bei dem es sich um einen gewählten Richter und Demokraten handele, der 2015 ohne republikanischen Gegenkandidaten in den ersten Gerichtsbezirk von New York gewählt worden sei.
Ebenso eklatant sei die Parteilichkeit der demokratischen Beamten in der Schweigegeldaffäre gewesen. Lind:
«Anklagen wie die, welche gegen Trump in der Schweigegeldaffäre erhoben worden waren, wurden von Cyrus Vance, dem früheren Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, als zu schwach zurückgewiesen. Und sie wurden auch von Vances Nachfolger, dem derzeitigen Staatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, als zu fadenscheinig zurückgewiesen. Bragg änderte seine Meinung zwar, aber er erhob erst dann Anklage gegen Trump, als zwei Dinge passierten.»
Das erste war die Veröffentlichung eines Buches «People vs. Donald Trump: An Inside Account» von Mark Pomerantz, einem Mitglied von Braggs Team, der 2022 aus Protest zurückgetreten sei und behauptet habe, Bragg tue nicht genug, um Trump strafrechtlich zu verfolgen. Der zweite Grund sei die Tatsache gewesen, dass sich 2023 abgezeichnet habe, dass Trump der republikanische Kandidat für die Präsidentschaft sein würde. Lind weiter:
«In der Schweigegeld-Affäre machte Bragg dann aus einem geringfügigen Vergehen, bei dem es um die Fälschung von Unterlagen ging, ein Verbrechen, indem er behauptete, es sei Teil eines ruchlosen Plans zur Einmischung in die Wahl 2016. Doch selbst renommierten Rechtsexperten fällt es schwer, genau zu erklären, warum Trump angeklagt wurde: Letztes Jahr bezeichnete sogar die linke Website Vox die ‹Rechtstheorie› des Falls als ‹zweifelhaft›.»
In diesen beiden New Yorker Fällen – und in einem dritten Fall,, in dem Trump zu einer exorbitanten Geldstrafe in Höhe von 83 Millionen Dollar verurteilt worden sei, «mögen die juristischen Theorien fragwürdig gewesen sein, aber die Beweggründe der Staatsanwaltschaft waren offensichtlich», so Lind.
«Es ist schwer, nicht zu glauben, dass der Zweck der außerordentlich hohen Geldstrafen in der Betrugs- und Verleumdungsklage darin bestand, Trumps Präsidentschaftskampagne gegen Biden zu behindern. Und der offensichtliche Zweck der Umwandlung eines geringfügigen Vergehens in eine Straftat scheint ebenso klar zu sein: Biden und andere Demokraten sollen die Möglichkeit erhalten, Trump bis zu den Wahlen im November als ‹verurteilten Verbrecher› zu brandmarken und ihn, wenn möglich, durch Inhaftierung aus dem Wahlkampf zu entfernen.»
Noch beunruhigender als diese Gerichtsverfahren im demokratischen Ein-Parteien-Staat New York sei derweil das Spionagegesetz-Verfahren gegen Trump, das derzeit in Florida von Sonderstaatsanwalt Jack Smith verfolgt werde.
So hätten 2016 alle demokratischen Richter zusammen mit den republikanischen im Obersten Gerichtshof dafür gestimmt, Smiths frühere Strafverfolgung des republikanischen Gouverneurs Robert McDonnell in einem Korruptionsfall, bei dem es um Geschenke gehe, aufzuheben. Dabei hätten sie einstimmig vor «den breiteren rechtlichen Auswirkungen der grenzenlosen Auslegung des Bundesgesetzes über Bestechung durch die Regierung» gewarnt.
Trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines Übereifers als Staatsanwalt sei Smith dann aber von Bidens Justizminister Merrick Garland ernannt worden. Garland wiederum sei 2016 von der republikanischen Senatsmehrheit von einem Sitz am Obersten Gerichtshof abgehalten worden, nachdem der damalige Präsident Obama ihn nominiert hatte. Lind weiter:
«Ein kleiner Streit zwischen Ex-Präsident Trump und den Bürokraten der National Archives and Records Administration (NARA) über den Besitz von Verschlusssachen gab Garland die Möglichkeit, sich persönlich zu rächen. Im August 2022 genehmigte Garland eine beispiellose Razzia durch FBI-Agenten, die in Trumps Abwesenheit das Haus des Ex-Präsidenten in Florida durchwühlten.»
Wie Trump habe auch Joe Biden nach seiner Amtszeit als Vizepräsident von Barack Obama kistenweise geheime Dokumente in seinem Haus aufbewahrt. Und wie Trump sei auch Biden von einem von Merrick Garland ernannten Sonderberater, Robert Hur, untersucht worden.
Hur habe sich jedoch geweigert, Biden auf der Grundlage des Spionagegesetzes anzuklagen, weil er «ein älterer Mann mit einem schlechten Gedächtnis» sei. In krassem und beunruhigendem Gegensatz dazu habe Smith eine Anklage in 37 Punkten gegen Trump erhoben, wobei sich die meisten Anklagepunkte auf das Spionagegesetz von 1917 gestützt hätten.
«Von Anfang an wurde das Spionagegesetz – ein vages, unheimliches Gesetz, das der Kongress in einem Anfall von Hysterie während des Ersten Weltkriegs verabschiedete – von Präsidenten gegen oppositionelle Politiker und Journalisten missbraucht», gibt Lind zu bedenken. Die demokratische Regierung von Präsident Woodrow Wilson nutzte es, um seinen sozialistischen Rivalen um die Präsidentschaft, Eugene Debs, 1919 zu einer zehnjährigen Haftstrafe zu verurteilen.»
Im selben Jahr sei auch Victor Berger, ein sozialistisches Mitglied des Repräsentantenhauses, auf der Grundlage dieses Gesetzes verurteilt worden. Trotz eines Wahlsiegs sei Berger sein Sitz im Kongress verweigert worden. Und er sei aufgrund von Abschnitt 3 des 14. Verfassungszusatzes – einer irrelevanten Klausel, die verhindern sollte, dass ehemalige Aufständische der Konföderation nach dem Bürgerkrieg wieder an die Macht kamen – von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen worden. Lind:
«Ironischerweise ist dies dieselbe archaische Bestimmung, die vor kurzem von demokratischen Funktionären in Colorado, Maine und Illinois als Waffe eingesetzt wurde, die versuchten, Trump von der Teilnahme an republikanischen Vorwahlen in diesen Staaten auszuschließen, bevor der Oberste Gerichtshof 2024 einstimmig gegen solche Bemühungen entschied.»