Finnland hat damit begonnen, Menschen gegen die Vogelgrippe zu impfen (wir berichteten). Doch wie steht es um die Sicherheit der verwendeten Impfstoffe? Laut Dr. Meryl Nass, Ärztin für Innere Medizin und Aktivistin mit Fachkenntnissen über Milzbrand und Bioterrorismus, wurden die 40.000 finnischen und die 665.000 von der EU gekauften Impfstoffdosen des Herstellers Sequirus zugelassen, ohne an Menschen getestet worden zu sein.
Der Plan, wie man Impfstoffe gegen das Vogelgrippevirus auf den Markt bringen kann, ohne sie zuvor am Menschen zu testen oder die normalen Regulierungsverfahren zu durchlaufen, wurde Nass zufolge bereits 2003 in die Wege geleitet. Damals wurde der sogenannte «Probeimpfstoff» (Mock-up-Vaccine) geboren. Dabei handelt es sich um den Prototypen eines Impfstoffs, der jedoch nicht zur Verwendung vorgesehen ist.
«Dieser durchläuft das Zulassungsverfahren, aber niemand kümmert sich wirklich darum, da er nicht für den Menschen bestimmt ist», erklärt die Ärztin.
Zu einem späteren Zeitpunkt werde ein ähnlicher Impfstoff entwickelt, der sich nur von dem «Modell- oder Prototypimpfstoff oder einem Impfstoff für die Pandemievorbereitung unterscheidet, weil man ein oder mehrere andere Antigene verwendet, um schnell auf eine Pandemie reagieren zu können». Dann würden die Aufsichtsbehörden dem neuen Impfstoff eine Lizenz, eine EUA (Emergency Use Authorization) oder eine Zulassung erteilen, die auf der Zulassung des Probeimpfstoffs beruhe. Selbst wenn dieser tödlich gewesen sein könnte.
Schon im Jahr 2005 habe man dem US-Kongress mitgeteilt, dass man in der Lage sein müsse, Impfstoffe gegen Pandemien schnell zu entwickeln und diese auch haftungsrechtlich zu schützen. Bis 2007 hätten sowohl die USA als auch die EU erste H5N1-Vogelgrippeimpfstoff-Prototypen zugelassen.
«Es gab absolut keinen wissenschaftlichen Sinn, keine Logik und keinen Regulierungsstandard, der dies gerechtfertigt hätte», konstatiert Nass.
Screenshot: Artikel Dr. Meryl Nass; Zulassung Prototyp Vogelgrippe-Impfstoff EU
Screenshot: Artikel Dr. Meryl Nass; Zulassung Prototyp Vogelgrippe-Impfstoff USA
Dr. Tom Jefferson, der jahrelang die Cochrane-Impfstoff-Studiengruppe leitete, habe in einer Mitteilung an das British Medical Journal (BMJ) darauf hingewiesen, dass der Ansatz des «Probeimpfstoffs» – vor kurzem wurde der Prozess in «Vorpandemie» umbenannt – völlig ungerechtfertigt gewesen sei. Jefferson habe in diesem Rahmen die WHO, die EMA und einen US-Beratungsausschuss als Referenzen zitiert.
Screenshot: Artikel Dr. Meryl Nass; Referenzen Dr. Tom Jefferson
Durch die Anwendung der Prototypen-Regelung sei der Schweinegrippen-Impfstoff Pandemrix von GlaxoSmithKline (GSK) nach einer nur fünftägigen Überprüfung zugelassen worden, fährt Nass fort. Sie erinnert daran, dass dieser 2009 in Europa mit über 1300 Fällen von schwerer Narkolepsie und vielen anderen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht wurde.
Doch die Impfschäden hätten keine Rolle gespielt, betont die Ärztin. Es sei darum gegangen, «ein legales Manöver zu schaffen, um ungetestete Impfstoffe in Millionen oder Milliarden Arme zu bringen».
Das Verfahren des Mock-up-Impfstoffs wurde gemäß Nass auch bei den von Finnland und der EU gekauften Dosen des Vogelgrippe-Impfstoffs Sequirus H5N8 angewendet. Der ursprüngliche Prototyp trug den Namen Aflunov und wurde 2010 zugelassen. Eine frühere Version des aktuellen Impfstoffs von Sequirus wurde 2023 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als Ableger der ursprünglichen Aflunov-Lizenz genehmigt.
Monate später habe man die Antigenkomponente aktualisiert, um das H5N8-Antigen des Astrakan-ähnlichen Stammes der Food and Drug Administration (FDA) zu verwenden. Diese zweite Abspaltung der Aflunov-Lizenz wurde im April 2024 von der EMA zugelassen (hier und hier).
«Sowohl die Zulassungen 2023 als auch 2024 für verschiedene Sequirus-Impfstoffe basierten auf dem ursprünglichen Aflunov-Musterimpfstoff», betont Nass, die auch preisgibt, dass sich die EU eine Option für weitere 40 Millionen Dosen gesichert habe.
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