In Äthiopien herrscht Krieg zwischen der Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF). Er spitzt sich weiter zu. Am Morgen des 24. August ist es in der äthiopischen Region Amhara zu Kämpfen gekommen, die folgenschwere Auswirkungen für die Bevölkerung mit sich bringen. Noch am selben Tag twitterte der Leiter des UN-Welternährungsprogramms (World Food Programme, WFP), David Beasley:
«Vor Stunden stahlen die tigrayanischen Behörden 570’000 Liter Treibstoff (…) Millionen Menschen werden verhungern, wenn wir keinen Treibstoff für das Liefern von Nahrungsmitteln haben. Das ist ungeheuerlich und enttäuschend. Wir fordern unverzüglich die Rückgabe des Treibstoffs.»
Stéphane Dujarric, Sprecher des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, António Guterres, gab noch am 24. August 2022 Details über die Hintergründe des Ereignisses bekannt. Dujarric zufolge hat die TPLF, nachdem sie in Einrichtungen des Welternährungsprogramms eingebrochen war, UN-Mitarbeiter überwältigt und 12 Tanklastwagen gestohlen. Dujarric erklärt:
«Ich wurde gefragt, welche Auswirkungen die erneuten Kämpfe hatten. Heute Morgen, am 24. August, drangen tigrayische Kräfte gewaltsam in ein Lagerhaus des Welternährungsprogramms in Mek’ele ein. Sie stahlen 12 Tankwagen mit 570’000 Litern Treibstoff. Das Team vor Ort versuchte erfolglos, diese Plünderung zu verhindern. Diese Treibstoffvorräte sollten ausschliesslich für humanitäre Zwecke verwendet werden, und zwar für die Verteilung von Nahrungsmitteln, Düngemitteln und anderen Nothilfegütern.
Der Treibstoffverlust wird die humanitären Massnahmen zur Unterstützung von Gemeinden in ganz Nordäthiopien beeinträchtigen. Wir verurteilen jegliche Plünderung oder Beschlagnahmung von humanitären Gütern oder humanitären Einrichtungen. Wir rufen alle Parteien auf, ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht einzuhalten und humanitäre Mitarbeiter, Aktivitäten, Vermögenswerte und Güter zu respektieren.»
Die TPLF, die die Verwaltungsregion Tigray kontrolliert, hat stets behauptet, die Bevölkerung von Tigray zu vertreten, die massiv unter den Folgen des Krieges leidet. The Grayzone, welche über die jüngsten Ereignisse in Äthiopien berichtete, schreibt: «Der dreiste Diebstahl von Treibstoff, der für humanitäre Hilfsmassnahmen benötigt wird, macht es schwer zu glauben, dass sich die TPLF tatsächlich um die Menschen kümmert, die in dem Konflikt leiden.»
Besonders brisant ist der Treibstoffdiebstahl der TPLF aber noch wegen eines anderen Aspekts: Denn der jetzige WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus steht der TPLF enorm nahe. Ghebreyesus war von 2005 bis 2012 Gesundheitsminister der TPLF, als die Partei an der Macht war. Von 2012 bis 2016 vertrat er als Vertreter der TPLF Äthiopien als Aussenminister. Seit 2017 ist er Generaldirektor der WHO.
Weiter The Grayzone: «Eine Stunde nach Dujarrics Briefing am 24. August war der Generalsekretär der UN-Weltgesundheitsorganisation, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, damit beschäftigt, über eine Konferenz in Togo zu twittern. Am frühen Nachmittag des 25. August kehrte Tedros zurück, um noch einmal dasselbe zu tun, bevor er über die Ebola-Impfungen in der Demokratischen Republik Kongo twitterte.»
Doch über den Treibstoff-Diebstahl bei der wichtigsten humanitären Organisation der UNO durch seine Partei hatte der WHO-Generaldirektor nichts zu sagen. «Eine Woche später warten viele von Tedros’ 1,8 Millionen Twitter-Followern immer noch auf eine Reaktion des WHO-Chefs auf den TPLF-Kraftstoffraub.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Ghebreyesus im Zusammenhang mit dem Konflikt in Äthiopien in die Kritik gerät. Mehrere Mitarbeiter der UNO haben in der Vergangenheit den Generaldirektor der WHO wiederholt kritisiert, den eigenen Verhaltenskodex (UN-Code) gebrochen zu haben, um die Ziele seiner politischen Verbündeten im äthiopischen Konflikt zu fördern.
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