Aus juristischer Sicht sollten Ärzte ihren Patienten nicht verschweigen, dass Impfungen kein harmloser Eingriff in das Immunsystem sind. Das betonte die Rechtsanwältin Julia Bütikofer schon vor Jahren in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt. Die Juristin ist spezialisiert auf Impfschäden und vertritt Betroffene vor Gericht.
So klärt sie in ihrem an die Ärzteschaft gerichteten Text darüber auf, dass nach geltendem Recht vor Durchführung jeder Impfung oder Impfserie eine Aufklärungspflicht des Arztes besteht, «wodurch der Impfling oder seine Eltern oder Sorgeberechtigten in die Lage versetzt werden sollen, über die Teilnahme an der Impfung zu entscheiden».
Als Juristin weist Bütikofer jedoch darauf hin: «Je weniger dringlich sich der Eingriff in zeitlicher und sachlicher Hinsicht für den Patienten darstellt, desto weitergehend ist das Mass und der Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht.» Das leitet sie sowohl aus dem Arzthaftpflichtrecht als auch aus einer Vielzahl höchstrichterlicher Urteile ab.
«Die höchstrichterliche Rechtsprechung», schreibt Bütikofer, «lässt das Mass aufklärungspflichtiger Risiken von dem unmittelbaren Nutzen abhängen, den der Eingriff für den Patienten hat. Das bedeutet, dass z. B. vor einer Operation, zu der es praktisch keine Alternative gibt, nur über die wesentlichen Risiken aufgeklärt werden muss, während zum Beispiel bei einer vorbeugenden Impfung jede – auch relativ unwahrscheinliche – Eventualität aufklärungsbedürftig ist. (…)
Dies hat für den Impfarzt nun freilich die fatale Konsequenz, dass der Kreis der aufklärungsbedürftigen Risiken nicht mehr generell anhand bestimmter Wahrscheinlichkeitskriterien festgelegt werden kann. Da eine vorbeugende Schutzimpfung nicht dazu dient, eine beim Impfling bereits aufgetretene Krankheit zu bekämpfen, reduziert sich der individuelle Nutzen der einzelnen konkreten Schutzimpfung in demselben Masse, in dem bei ausgebliebener Schutzimpfung die Wahrscheinlichkeit einer Infektion gering ist.»
Was also muss der Impfarzt tun, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten?
- Er muss den Patienten auf die Freiwilligkeit der Impfung hinweisen und jeglichen Eindruck vermeiden, dass es sich um eine Zwangsimpfung handelt.
- Der Nutzen der Impfung muss zutreffend dargestellt werden, nicht begründete Dramatisierungen einer unterbliebenen Schutzimpfung sind zu unterlassen.
- Und der Arzt muss auf die möglichen Komplikationen eingehen, die mit der Impfung verbunden sein können.
«Zur Vermeidung eines ‹informatorischen Kunstfehlers›» empfiehlt die Juristin der Ärzteschaft, jegliche in der wissenschaftlichen Literatur berichtete Komplikation zu benennen. «Die Auffassung vieler Ärzte, dass unterhalb einer bestimmten Komplikationswahrscheinlichkeit die Aufklärungspflicht ende, findet in der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung keine Stütze mehr», bilanziert Bütikofer.
Anmerkung der Redaktion: Auf telefonische Rückfrage bestätigte uns Frau Bütikofer, dass sich an der gesetzlichen Lage und Rechtsprechung seit der Veröffentlichung ihres Artikels nichts geändert habe.