Elf Monate nach Beginn des Gaza-Krieges erachtet Haaretz die Umstände, die Israel zur Rechtfertigung des Ausschlusses der Medien aus Gaza herangezogen hat, als nicht mehr gültig. Israel müsse ausländischen Journalisten die Einreise erlauben, damit sie über den Krieg angemessen berichten können, so die israelische Zeitung in einem Leitartikel.
Durch Israels Kontrolle der Grenzübergänge, die sich seit der Einnahme von Rafah weiter verschärft hat, könne kein ausländischer Journalist ohne Genehmigung des Staates den Gazastreifen betreten. Das pauschale Verbot, dass ausländische Journalisten ohne Begleitung der Sprecherabteilung der israelischen Armee (IDF) nicht einreisen dürfen, beeinträchtige die unabhängige Berichterstattung und das Recht der Öffentlichkeit, in Israel und weltweit, über die Ereignisse in Gaza informiert zu werden.
Haaretz macht darauf aufmerksam, dass Journalisten vor Ort sein müssen, um direkt mit Menschen zu sprechen, die Atmosphäre zu spüren und über die Geschehnisse zu berichten. Eine unabhängige Berichterstattung vor Ort könne nicht durch Berichte aus dritter Hand oder Interviews per Telefon ersetzt werden.
Durch das Verbot verhindere Israel nicht nur die Berichterstattung über die Schrecken des Krieges, sondern auch die Möglichkeit, die Behauptungen der Hamas in Echtzeit zu überprüfen – was auch in Israels Interesse wäre. Daher fragt die Zeitung:
«Was hat der Staat zu verbergen? Wie profitiert Israel davon, dass Journalisten nicht nach Gaza einreisen dürfen?»
Das Verbot führe dazu, dass die Berichterstattung weitgehend von palästinensischen Journalisten getragen wird, die selbst unter den schwierigen Bedingungen des Krieges leiden. Laut dem Komitee zum Schutz von Journalisten seien mindestens 111 palästinensische Journalisten und Medienschaffende im Krieg getötet worden. Das mache den Bedarf an unabhängigen Journalisten in Gaza umso dringlicher.
Gerade im Krieg sei es von großer Bedeutung, unabhängigen Journalisten, die nicht Teil des Konflikts sind, Zugang zu gewähren. In einer Zeit, in der Bilder leicht als KI-generiert infrage gestellt werden, sei die Rolle des Journalisten vor Ort wichtiger denn je. Das Blatt schließt:
«Die Behauptung des Militärs, dass die Einreise von Journalisten, die bei den israelischen Streitkräften eingebettet sind, eine angemessene Alternative zum unabhängigen Zugang darstellt, ist nicht zutreffend. Nichts kann den unabhängigen Zugang ersetzen, bei dem Journalisten frei mit Anwohnern sprechen und in Gebiete reisen dürfen, die für die Öffentlichkeit und die Medien von Interesse sind.
Wir können nicht hinnehmen, dass das Militär die Art der journalistischen Berichterstattung diktiert. Israel muss Journalisten Zutritt zum Gazastreifen gewähren, damit alle besser verstehen können, was dort geschieht, und damit sich der Nebel des Krieges lichtet, wenn auch nur ein wenig.»