In Südeuropa wird der Tourismus oft als «schwere Industrie» bezeichnet – als wirtschaftliche Lebensader, die Arbeitsplätze schafft und Devisen einbringt. Doch der Analyst Marko Jukic von Bismarck Analysis widerspricht diesem Bild entschieden. In einem ausführlichen Beitrag für das Palladium Magazine argumentiert er: Keine Nation in der Geschichte wurde durch Tourismus wohlhabend – und keine wird es jemals werden.
Zahlen bestätigen das Dilemma: Im Jahr 2019 – vor der «Pandemie» – machten die Tourismuseinnahmen 53 % der Exporteinnahmen Montenegros aus, 51 % in Albanien, 38 % in Kroatien, 28 % in Griechenland und 23 % in Portugal. Spanien lag bei 19 %. Und dennoch: Diese Länder gehören nicht zu den reichen Volkswirtschaften der Welt.
Der Grund, so Jukic: Tourismus ist ein arbeitsintensiver Sektor mit sehr begrenztem Produktivitätswachstum. Tätigkeiten wie das Bedienen im Restaurant, das Reinigen von Zimmern oder das Führen von Touristen lassen sich nicht automatisieren und kaum technisieren. Die Branche schöpft kaum Humankapital oder technologische Innovation – zwei Kernelemente echten wirtschaftlichen Fortschritts.
Ein besonders anschauliches Beispiel liefert Kroatien: Um ein Pro-Kopf-BIP wie die Schweiz (rund 100.000 Dollar) zu erreichen, müsste Kroatien jährlich 1,93 Milliarden Übernachtungen erzielen. Tatsächlich verzeichnete das Land im Jahr 2024 jedoch nur 85 Millionen – das sind gerade einmal 4 % des theoretisch nötigen Werts.
Doch selbst ein Vielfaches davon würde nicht genügen: Um etwa das deutsche Wohlstandsniveau zu erreichen, müssten Tourismusströme und Ausgaben pro Tourist vervielfacht werden – was laut Jukic nicht nur unwahrscheinlich, sondern technisch unmöglich ist.
Hinzu kommt: Tourismus ist krisenanfällig. Pandemien, geopolitische Spannungen oder wirtschaftliche Abschwünge können den Sektor innerhalb von Wochen zum Erliegen bringen, wie die Covid-19-Krise eindrucksvoll zeigte. Industrien, die auf Technologie, Energie oder Hochwertproduktion basieren, können solche Schocks hingegen abfedern oder sogar in Innovation umwandeln.
Länder, die echten Wohlstand aufgebaut haben – wie Taiwan mit Halbleitern, Dänemark mit Pharmazie oder Katar mit Erdgas –, setzen auf Produkte und Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung. Tourismus hingegen führt laut Jukic zu einem dysfunktionalen Wirtschaftsmodell: Einer kleinen Elite, die Immobilienwerte abschöpft, und einer großen Klasse niedrig bezahlter Arbeitskräfte.
Statt in Hotels, Billigarbeitskräfte und neue Landebahnen zu investieren, empfiehlt Jukic daher einen radikalen Kurswechsel: Stärkung von Industrie und Innovation, Förderung von Unternehmern, Entlastung junger Menschen bei Steuern und Sozialabgaben – und die Rückgewinnung abgewanderter Fachkräfte.
Tourismus allein – so sein Fazit – könne niemals das Rückgrat einer wohlhabenden Gesellschaft sein. Vielmehr brauche es produktive Souveränität, technologische Kompetenz und eine Vision, die über saisonale Gästebetten hinausreicht.