In der Schweiz ist die Skepsis gegenüber dem Bundesrat und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) seit der Coronazeit spürbar gewachsen. Trotz vielfältiger parlamentarischer Initiativen weigert sich der Bundesrat bisher, die Verantwortung für internationale Abkommen wie den WHO-Pandemievertrag und die reformierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) dem Parlament zu übertragen oder zur Abstimmung vorzulegen. Dies hat die Frage aufgeworfen, ob der Bundesrat politische Hintergedanken hat, die der Bevölkerung und ihrem Vertrauen in die Regierung schaden. In einem Hintergrundartikel versucht die Organisation ABF Schweiz (Aktionsbündnis freie Schweiz), diese Woche Licht ins Dunkel zu bringen.
Nationalrat Marc Jost (Evangelische Volkspartei, EVP, Kanton Bern) brachte die Frage, ob der Bundesrat sich an die WHO-Beschlüsse binden lassen will, ohne eine demokratische Absegnung sicherzustellen, in einer jüngsten Fragestunde direkt zur Sprache. Dabei ist die Forderung, dass das Parlament umfassend und transparent über den Stand der WHO-Verhandlungen informiert wird, keineswegs neu. Seit 2022 fordern diverse Parlamentarier, dass der Bundesrat nur nach Rücksprache mit dem Parlament in die Verhandlungen mit der WHO eintritt. Die Beweggründe liegen auf der Hand: Angesichts der tiefgreifenden Auswirkungen, die internationale Gesundheitsabkommen in künftigen Krisenfällen haben könnten, ist eine Mitsprache des Parlaments für viele unabdingbar.
Obwohl der Bundesrat in Stellungnahmen immer wieder beteuert, dass ihm transparente Information wichtig sei, lässt er den Worten kaum Taten folgen. So werden Vertragstexte und wichtige Entscheidungspunkte kaum veröffentlicht, obwohl der Generaldirektor der WHO die Änderungen der IGV bereits notifiziert hat und die entsprechende Widerspruchsfrist läuft. Stattdessen liefert der Bundesrat repetitive Aussagen und vermeidet klare Stellungnahmen zu den spezifischen Inhalten der Abkommen. Ein Einblick in die Verhandlungstexte wäre jedoch wichtig, um in der Bevölkerung das Vertrauen in die Eigenständigkeit der Schweiz zu festigen.
Gemäß der Schweizer Bundesverfassung (Art. 148 BV) ist die Bundesversammlung das oberste Organ, dem die gesetzgebende Gewalt im Bund zusteht. Sie ist befugt, auch internationale Abkommen, die über die Kompetenzen des Bundesrats hinausgehen, zu genehmigen. Der Bundesrat hingegen, als Exekutive (Art. 174 BV), führt die Gesetze aus, die das Parlament beschließt. In der Praxis soll dies bedeuten, dass der Bundesrat internationale Abkommen wie den Pandemievertrag zur Genehmigung an das Parlament übergeben muss. In der Realität jedoch ignoriert der Bundesrat diese Verfassungsstruktur oft und lehnt Vorstöße für eine Einbeziehung des Parlaments ab.
Dennoch gibt es Hoffnung auf Veränderung: Die Motionen 22.3546 und 24.3173, die explizit eine Einbindung des Parlaments in die WHO-Verhandlungen forderten, wurden vom National- und Ständerat mit überwältigender Mehrheit angenommen. Diese Forderungen spiegeln die klare Erwartung wider, dass Abkommen wie der Pandemievertrag und die IGV, die eine direkte Auswirkung auf die nationale Gesundheitsautonomie haben könnten, nicht ohne demokratische Kontrolle verabschiedet werden dürfen.
Für viele Bürger und Parlamentarier stellt sich die Frage, warum der Bundesrat diese Abkommen nicht offenlegt und nicht bereit ist, verbindlich zu versichern, dass er die WHO-Vereinbarungen zur Abstimmung ins Parlament bringt. Eine offene Debatte und ein klares Bekenntnis zur demokratischen Mitbestimmung könnten nicht nur das Vertrauen in die Regierung wieder stärken, sondern auch ein Zeichen des Respekts gegenüber den politischen Vertretern und der Bevölkerung sein.
Die vermehrten Forderungen des Parlaments nach Mitsprache und Transparenz deuten darauf hin, dass die Bevölkerung eine Mitsprache bei Entscheidungen erwartet, die weitreichende Konsequenzen für die nationale Souveränität haben könnten. Ein klares Bekenntnis des Bundesrats, den Pandemievertrag und die IGV dem Parlament zu unterbreiten, wäre ein entscheidender Schritt, um Vertrauen und gesellschaftlichen Zusammenhalt wiederherzustellen, bilanziert die ABF Schweiz.
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