Seit ihrer Gründung als Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl im Jahr 1951 ist die Europäische Union (EU) einem Prinzip stets treu geblieben: dem der wirtschaftlichen Logik. Ob in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten oder institutioneller Umbrüche: Entscheidungen werden in Brüssel bevorzugt nach finanziellen Erwägungen getroffen, selbst in sensiblen Bereichen wie der Verteidigungspolitik.
Ein aktuelles Beispiel dafür liefert das neue Rüstungsprogramm «Safe», das bis 2030 die ungeheure Summe von 800 Milliarden Euro für die europäische Verteidigung mobilisieren soll. Angestoßen wurde dieses Vorhaben unter anderem durch den zunehmenden Druck aus Washington, insbesondere durch US-Präsident Donald Trump. Der hat seit seiner Rückkehr ins Amt wiederholt eine größere finanzielle Eigenverantwortung der Europäer in Verteidigungsangelegenheiten gefordert, sprich: Europa soll aufrüsten und das auch selber bezahlen.
Auch Großbritannien, nach dem Brexit lange Zeit außen vor, zeigt nun erneut Interesse an einer engeren Zusammenarbeit mit der EU im Verteidigungsbereich – allerdings aus wirtschaftlichen Gründen. Britische Rüstungsunternehmen hoffen auf lukrative Aufträge im Rahmen des «Safe»-Projekts. Doch Brüssel stellt klar: Wer von der Verteidigungsinitiative profitieren will, muss sich auch finanziell beteiligen. Laut einem Bericht der Zeitung Financial Times wurde der britischen Regierung mitgeteilt, dass sie Brüssel entschädigen müsse, um am Programm teilnehmen zu können.
Diese Haltung gilt nicht nur für das Vereinigte Königreich. Auch andere Nicht-EU-Staaten wie die Ukraine, Island, Liechtenstein, Norwegen oder die Schweiz müssten Zahlungen leisten, um Zugang zum Projekt und dessen Ausschreibungen zu erhalten. Das geplante Beschaffungsprogramm umfasst unter anderem Drohnen, Flugabwehrsysteme und weitere strategische Ausrüstung.
Die Botschaft ist eindeutig: Die EU ist bereit zur Zusammenarbeit – aber nicht umsonst. Ein einheitliches sicherheitspolitisches Leitbild mag nach wie vor fehlen, doch wenn es um ihre wirtschaftlichen Interessen geht, zeigt sich die Union kompromisslos und klar strukturiert. Das Leitmotiv lautet: Teilnahme gegen Bezahlung. Wer zahlt, darf mitreden – eine pragmatische, wenn auch kühle Konsequenz aus Jahrzehnten europäischer Integration, bei der wirtschaftliche Interessen stets im Zentrum standen. So offenbart sich einmal mehr das Wesen der europäischen Außenpolitik.