Forschende des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung haben die von Politik und Medien verbreiteten Aussagen zur Effizienz der Corona-Warn-App unter die Lupe genommen. Das ernüchternde Fazit: Bei der Entwicklung der App setzte man auf falsche Annahmen und unsinnige Statistiken — wirklich Aufschluss über das Infektionsgeschehen kann die App nicht geben.
«Im Kampf gegen Corona bringt auch die App keine absolute Sicherheit» schreibt dazu das RWI.
Vor allem eine statistische Zahl habe in den vergangenen Tagen zu vielen Diskussionen geführt, nämlich «die 60 Prozent Nutzer, die die Corona-Warn-App angeblich benötigt, damit sie zur Eindämmung der Pandemie wirksam beitragen kann».
Diese Zahl stamme aus einer Simulations-Studie von Forschern der Universität Oxford, die mögliche Entwicklungen der Pandemie mit einem komplexen mathematischen Modell zur Verbreitung von Corona abschätzt. Vor dem Start der App galt diese Zahl dem RWI zufolge «als harte, von Experten errechnete Schwelle».
«Passenderweise erklärten sich in verschiedenen Umfragen, etwa vom NDR oder vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM), 60 bis 70 Prozent der Befragten bereit, die App zu installieren» schreiben die Forscher.
Nur eine Woche später hätten aber lediglich rund 12 Millionen Menschen, also 15 Prozent der Deutschen, die App heruntergeladen. Zahlreiche Medien hätten nun berichtet, daß diese Beteiligung schon ausreiche, um das Infektionsgeschehen per App in Schach zu halten. Und genau das sei falsch, weil neben den benötigten 60 Prozent auch viele anderen Faktoren von den Entwicklern womöglich fehlinterpretiert worden seien.
«Deshalb gilt, ähnlich wie bei den Antikörpertests, dass die App womöglich keinen Alarm auslöst, obwohl man sich angesteckt hat, oder dass sie einen Fehlalarm auslöst, obwohl man nicht infiziert ist», heißt es dazu in der Mitteilung des Instituts, und: «Weil praktisch keine Daten zu den genannten Faktoren vorliegen, können wir über die Wahrscheinlichkeit solcher Fehler nur Annahmen treffen und ausprobieren, was wäre, wenn diese Annahmen zutreffen».
Entsprechend hat das RWI die politisch und medial verbreitete Zahl von 15 Prozent zur Unstatistik des Monats deklariert.