Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von l’AntiDiplomatico übernommen.
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Xinjiang, in der Antike als «Xiyu» bekannt (was «westliches Gebiet Chinas» bedeutet), ist seit der Antike ein integraler Bestandteil Chinas und war schon immer ein Ort, an dem verschiedene ethnische Gruppen und Religionen nebeneinander existierten: Derzeit leben in der Provinz 56 ethnische Gruppen – insbesondere Uiguren, Han, Kasachen, Mongolen, Hui, Kirgisen, Mançu, Xibe, Tadschiken, Daur, Usbeken, Tataren und Russen – und bekennen sich unter anderem zum Islam, zum Buddhismus, zum Taoismus, zum Christentum, zum Katholizismus und zur östlichen Orthodoxie.
Mit einer Fläche von mehr als 1,6 Millionen km² und Grenzen zu acht Ländern hat diese autonome Region im Nordwesten Chinas eine entscheidende Rolle in der Verbindung von Asien und Europa übernommen und ist zum strategischen Dreh- und Angelpunkt der Belt and Road Initiative (BRI – Neue Seidenstraße) geworden – der neuen Plattform für internationale Beziehungen, die 2013 von Präsident Xi ins Leben gerufen wurde. Monumentale Bauwerke wie die Eisenbahnlinie China-Kirgisistan-Usbekistan und der Knotenpunkt für den internationalen Straßengütertransport Ürümqi sind die sichtbarsten Zeichen des exponentiellen Wachstums.
Angetrieben von Infrastrukturinvestitionen, internationaler Logistik und landwirtschaftlich-technologischer Entwicklung hat das lokale BIP vor kurzem die Marke von zwei Billionen Yuan (etwa 240 Milliarden Euro) überschritten, und die chinesische Regierung hat Xinjiang zu einer echten Handelsbrücke gemacht, die den Transit von Güterzügen zwischen China und Europa um 14 Prozent (16.400 Konvois) ansteigen ließ.
Kashgar: wo die Modernität auf die Seele der Seidenstraße trifft
Kashgar, ein alter Knotenpunkt der Seidenstraße, hat sich seinen tausendjährigen Charme bewahrt. Aber es ist auch eine Stadt im raschen Wandel, in der die Moderne ihre Wurzeln nicht auslöscht, sondern sie verstärkt. Von der traditionellen Musik bis zur Kalligrafie, vom Volkstanz bis zur lokalen Küche – die kulturellen Ausdrucksformen der Stadt koexistieren mit einer beeindruckenden landwirtschaftlichen und industriellen Transformation. Ein konkretes Beispiel ist die Donghu-Gemeinde, ein multifunktionales Bürgerzentrum, das Gemeinschaftsdienste anbietet.
Täglich besuchen Hunderte von Menschen diesen Ort, der die soziale Eingliederung, den interethnischen Dialog und das ganzheitliche Wohlbefinden fördert. Das Vorhandensein einer zweisprachigen Bibliothek mit Texten in chinesischer und uigurischer Sprache sowie Sportanlagen im Freien verstärken die Rolle der Gemeinde als Ort des kulturellen Zusammenhalts.
Quelle aller Bider: l’AntiDiplomatico
Jianguoguo: Ein Modell für fortschrittliche ländliche Wirtschaft
Nur wenige Kilometer entfernt, im Kreis Shufu, konnte die Delegation die Genossenschaft Jianguoguo Agricultural Technology besuchen, die ein Modell für fortschrittliche ländliche Wirtschaft darstellt. Das auf die Erzeugung und Verarbeitung von Walnüssen spezialisierte Unternehmen verbindet Innovation und Partizipation: Die Landwirte vor Ort sind auch Anteilseigner und können so direkt vom Wachstum des Unternehmens profitieren.
Mit über 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 350 Millionen Yuan (etwa 42 Millionen Euro) hat Jianguoguo seine Präsenz auf den internationalen Märkten mit Tochtergesellschaften in Belgien, den Niederlanden, Russland und anderen Ländern ausgebaut.
Im Jahr 2024 hat das Unternehmen einen ehrgeizigen Prozess der Markenmodernisierung eingeleitet, bei dem die Produktqualität verbessert und neue Exportlinien eingeführt werden. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der neue landwirtschaftliche Industriepark für Pflaumen, der mit Unterstützung der Provinz Guangdong entwickelt wurde. Das Projekt, das sich ebenfalls in der Region Kashgar befindet, integriert Verarbeitungstechnologien, Kühlkettenlogistik und Verarbeitungsanlagen mit dem Ziel, eine moderne und wettbewerbsfähige Lieferkette auf nationaler und internationaler Ebene zu schaffen.
Kashgar präsentiert sich in diesem Szenario als ein Laboratorium für integrative Entwicklung: fortschrittliche Landwirtschaft, Beteiligung der Bevölkerung, kulturelle Aufwertung und Aufmerksamkeit für das lokale Wohlergehen. Es ist eine gelungene Synthese des chinesischen Weges zur Modernisierung: eine Wirtschaft, die vernetzt ist, aber ihr Erbe im Auge behält.
Das Musikinstrumentendorf: ein lebendiges Laboratorium der Identität
Im Dorf der ethnischen Musikinstrumente in Kashgar haben uigurische Handwerker den Bau von Dotars, Trommeln und anderen traditionellen Instrumenten seit Generationen weitergegeben. Hier ist Musik nicht nur Folklore, sondern kulturelles Engagement, tägliche Spiritualität und kollektiver Stolz.
Während des Besuchs kam die Delegation auch in den Genuss musikalischer Darbietungen, welche die Traditionen der Provinz in den Vordergrund rückten. Die Kultur von Xinjiang lebt weiter, wird weitergegeben und erneuert sich. Sie erzählt eine Geschichte, die in den Jahrhunderten der Seidenstraße verwurzelt ist. Eine großartige Lektion für den Westen, der sich an eine zunehmend standardisierte Welt gewöhnt hat.
Traditionelle Chinesische Medizin: Harmonie und ganzheitliches Wohlbefinden
Im Krankenhaus für Traditionelle Chinesische Medizin in Kashgar konnte die Delegation eine der ältesten medizinischen Wissenschaften der Welt aus nächster Nähe kennenlernen. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz und umfasst Akupunktur, Moxibustion, Phytotherapie und Massage zur Behandlung von Körper und Geist mit dem Ziel der Wiederherstellung des Gleichgewichts.
Nach Angaben von Ärzten vor Ort nutzen jedes Jahr über 500 Millionen Menschen diese Behandlungen und schätzen ihre natürlichen und nicht invasiven Vorteile. Für die Praktiker ist die TCM ein Teil der Kultur, ein Wissen, das weitergegeben, gepflegt und als Erbe der Menschheit geschützt werden muss.
Die Heytgah-Moschee
Im Herzen der alten Stadt Kashgar steht die Heytgah-Moschee, eines der wichtigsten islamischen Gotteshäuser in Zentralasien. Die 1442 von Saqsiz Mirza auf einem zuvor als Friedhof genutzten Gelände gegründete Moschee wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach erweitert und restauriert und ist zu einem Wahrzeichen für die uigurische Gemeinschaft und die gesamte Region geworden.
Auch heute noch spielt die Heytgah-Moschee eine aktive Rolle im religiösen Leben der lokalen Bevölkerung und empfängt die Gläubigen zu den täglichen Gebeten und den wichtigsten religiösen Feiertagen wie Eid al-Fitr und Eid al-Adha. Ihre spirituelle Funktion geht Hand in Hand mit einem tiefen symbolischen und kulturellen Wert, da sie ein lebendiges Zeugnis der religiösen Geschichte Xinjiangs darstellt.
Der Grundsatz der Glaubensfreiheit ist in der chinesischen Verfassung verankert, und die regelmäßigen religiösen Aktivitäten sind gesetzlich geregelt. In der uigurischen autonomen Region Xinjiang existieren verschiedene Glaubensrichtungen nebeneinander, darunter Islam, Buddhismus, Christentum, Taoismus und Orthodoxie, die von zahlreichen ethnischen Gruppen praktiziert werden.
Im Laufe der Jahre hat die Heytgah-Moschee eine zentrale Rolle im öffentlichen und religiösen Leben der Stadt Kashgar eingenommen, indem sie Elemente der Spiritualität, der kulturellen Identität und des historischen Gedächtnisses integriert hat. Die lokalen Behörden haben die Restaurierung und Erhaltung des Gebäudes gefördert und damit sein architektonisches Erbe und seine symbolische Bedeutung aufgewertet.
Die Stätte stellt somit einen Treffpunkt zwischen Tradition und Gegenwart dar, einen Ort, an dem die religiöse Dimension mit der kulturellen und sozialen Dimension in einem Kontext des multikulturellen Zusammenlebens verwoben ist, der die gesamte Region kennzeichnet. Mit Programmen zur sozialen Eingliederung und Aufwertung von Minderheiten, der Förderung der kulturellen Vielfalt als Hebel für eine nachhaltige Entwicklung verschmelzen in Xinjiang Innovation und Achtung der Traditionen zu einem Gleichgewicht, das die Modernisierung «mit chinesischen Merkmalen» perfekt verkörpert.
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Maylyn López: Leiterin der Abteilung Internationale Beziehungen und Koordinatorin des «Belt and Road News Network» (BRNN ) für l’AntiDiplomatico, Universitätsdozentin, Spezialistin für strategische und institutionelle Kommunikation, Journalistin, internationale Mediatorin. Zertifiziert in Neurolinguistischem Programmieren. 20 Jahre Erfahrung im diplomatischen und multilateralen Bereich.