Das Thema Abnehmen bewegt die Gemüter und lässt den Rubel rollen. Seit 1990 hat sich der Anteil stark übergewichtiger Menschen (Krankheit: Adipositas) weltweit verdoppelt, in der Altersgruppe zwischen 5 und 19 Jahren sogar vervierfacht. In Europa werden damit jährlich etwa 100 Milliarden Euro verdient. Nachfolgend kostenlose Ernährungstipps, die wirklich helfen.
Zur Wortwahl: «Ballaststoff» (Übersetzung von «dietary fibre») klingt negativ, deshalb verwende ich «Vitalfaser». «Grünzeug» (Übersetzung von «Greens») klingt negativ, deshalb verwende ich «Grünpflanzen». «Süßigkeit» klingt positiv, deshalb verwende ich «Süßkram».
Zusammenfassung der Präsentation von Dr. Michael Greger
Es gibt inzwischen über eine halbe Million wissenschaftlicher Artikel zum Thema Übergewicht, und etwa 100 kommen jeden Tag hinzu.
Die Lebensmittelindustrie beharrt auf ihrem Mantra: Eine Kalorie ist eine Kalorie. (Wenn du davon zu viel isst, bist du selber schuld!) Biochemisch gesehen ist das richtig, in der Realität und im menschlichen Körper ist das Unsinn: Obwohl der Kaloriengehalt vergleichbar ist, macht es einen Unterschied, ob ich 10 Möhren oder 1 Dose Cola zu mir nehme. Nachfolgend konkrete Tipps, wenn man abnehmen will – oder erst gar nicht zunehmen will. Die entscheidende Hauptregel vorweg:
Nicht die Menge der Nahrung einschränken, sondern die Qualität verbessern! Konkret: Vollwertige, intakte pflanzliche Lebensmittel essen. Vollwertig bedeutet zum Beispiel: Das ganze Korn, also Vollkornbrot statt Weißbrot. Intakt bedeutet zum Beispiel: Der nicht zerkleinerte Apfel statt Apfelsaft. Meist wird diese Ernährung «pflanzliche Vollwertkost» genannt (Whole food plant based diet).
Der Inhalt des Vortrages ist in drei Teile gegliedert:
Teil 1: Wissenschaftliche Begründungen für pflanzliche Vollwertkost
Kaloriendichte
Bewusst weniger zu essen, um abzunehmen, funktioniert langfristig nicht – beziehungsweise nur, wenn man eingesperrt ist. Was funktioniert: Lebensmittel mit geringer Kaloriendichte essen – also Nahrung mit weniger Fett und Zucker pro 100 g, und dafür mehr eingeschlossenem Wasser. Pflanzliche Vollwertkost hat meist eine geringe Kaloriendichte. Beispiel: 44 Tassen Erdbeeren enthalten genauso viel Kalorien wie 2 Tassen Erdbeereis. Einige Gemüse enthalten 95 Prozent Wasser! Obst liegt meist bei 80 Prozent.
Vitalfasern schützen Kalorien vor der Aufnahme
Nicht was man isst, sondern was im Darm absorbiert wird, ist entscheidend für die Gewichtszunahme. Pflanzliche Zellen haben eine dicke Zellwand aus Vitalfasern. Diese Zellwand bietet einen gewissen Schutz vor Verdauung. Die Kalorien in der Nahrung mit vielen Vitalfasern sind deshalb nicht so gut verfügbar: Die faserigen Zellwände halten die Kalorien gefangen. Diese Schutzwirkung verliert sich bei prozessierter pflanzlicher Nahrung: Fruchtsaft, Zucker, raffiniertes Getreide. Hauptquellen der Vitalfasern: Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Man findet sie nur in Pflanzen, nicht in Fleisch, Eiern und Milchprodukten und kaum in verarbeiteten Lebensmitteln.
Vitalfasern begünstigen eine gesunde Darmflora
Die meisten Zellen in unserem Körper sind Bakterien. Die Darmflora wird auch das «vergessene Organ» genannt. Unsere Darmbakterien ernähren sich von Vitalfasern, also nicht verdaulichen Polysacchariden. Diese Fasern enthalten Mikrobiota-zugängliche Kohlenhydrate. (MAC: Microbiota-Accessible Carbohydrates). Ein gesunder Darm ist für unsere Gesundheit und das Immunsystem von herausragender Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Stoffwechselprodukte der «guten» Darmbakterien den Appetit verringern.
Thylakoide in Grünpflanzen
Thylakoide sind Membransysteme in Pflanzenzellen, in denen mit Hilfe von Chlorophyll Photosynthese stattfindet – also Sonnenenergie in essbare Energie umgewandelt wird. Es handelt sich damit um den wichtigsten Baustein des Lebens auf unserem Planeten. Thylakoid-Membranen binden an Lipase – ein Enzym für die Verdauung von Fett. So wird die Aufnahme von Fett behindert und der Appetit gezügelt («Ileum-Bremse»). Spinat reduziert also das Verlangen nach Süßkram. Welche Pflanzen enthalten besonders viele Thylakoide? Je (dunkel-)grüner, desto besser, zum Beispiel Palmkohl. Nicht zu lange kochen: Wenn das Grün braun wird, ist das ein Zeichen dafür, dass die Thylakoide zerstört wurden.
Pflanzen sind insgesamt gesünder als Fleisch
(Anmerkung des Autors: In wissenschaftlichen Studien bedeutet Fleisch in der Regel Fleisch aus Massentierhaltung. Die Datenlage für Wild oder Biofleisch ist sehr dünn.)
Einige Ergebnisse aus Studien:
- Hähnchenfleisch enthält heute zehnmal mehr Fett als vor 100 Jahren.
- Schon eine Hühnerbrust alle 10 Tage verursacht eine Gewichtszunahme.
- Bei Schulkindern vervierfacht sich das Risiko für Übergewicht mit Fleischkonsum im Vergleich zur Ernährung mit pflanzenbasierter Vollwertnahrung.
- Tierische Fette erzeugen ähnlich drastische Insulinspitzen im Blut wie Zucker, pflanzliche Fette nicht.
- Verzweigtkettige Aminosäuren (branched chain amino acids) verschlechtern die Stoffwechselgesundheit. Sie sind hauptsächlich in tierischen Nahrungsmitteln enthalten (Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Eier).
- Pflanzliches Eiweiß ist gesünder als tierisches (Übergewicht, Diabetes).
- Eine der besten Studien in dem Bereich: Die neuseeländische BROAD Studie. Hier wurde der Einfluss einer pflanzenbasierten Vollwertnahrung auf Fettleibigkeit, ischämische Herzkrankheit oder Diabetes untersucht (Gewichtsverlust gemittelt: 8,6 kg nach 3 Monaten und 13 kg nach 6 Monaten). Das «Programm» bestand nur aus Aufklärung, die Teilnehmer durften essen, was und so viel sie wollten!
«Dieses Programm führte zu erheblichen Verbesserungen bei BMI, Cholesterin und anderen Risikofaktoren. Soweit uns bekannt ist, wurde bei dieser Studie nach 6 und 12 Monaten ein größerer (bleibender, Anm. d. Autors) Gewichtsverlust erzielt als bei jeder anderen Studie, die weder die Energiezufuhr begrenzt noch regelmäßige Bewegung vorschreibt.»
Teil 2: Bestimmte Nahrungsmittel, die beim Abnehmen helfen
- Essig (1-2 Teelöffel täglich)
Essig sorgt für einen natürlichen AMPK-Boost. AMPK ist ein Enzym, das die Fettproduktion in den Zellen hemmt und «fat controller» genannt wird. Das Enzym wird ansonsten durch Bewegung, Fasten und Rauchen aktiviert - Schwarzkümmel (Nigella Sativa)
Schwarzkümmel ist seit Jahrhunderten als Heilmittel bekannt. Es wurden über 1.000 wissenschaftliche Studien zu seiner gesundheitlichen Wirkung veröffentlicht. Schwarzkümmel wird von den ansonsten sehr nüchternen Forschern manchmal als Wunderkraut «miracle herb» bezeichnet. Schwarzkümmel hilft nicht nur beim Abnehmen, sondern auch bei Herz-Kreislauferkrankungen: Positive Wirkung auf Cholesterin, Triglyceride, Blutdruck, Blutzucker. Schwarzkümmel gibt es als Gewürz (Körner am besten mahlen) oder als Öl. - Knoblauch (1/4 Teelöffel Knoblauchpulver täglich -> 15 Wochen später 3 kg Körperfett weniger.)
- Goji-Beeren (2 Teelöffel täglich -> 45 Tage später über 6 cm weniger Gürtelumfang)
- Ingwer (wirksam ab ¼ Teelöffel Ingwerpulver täglich)
- Kreuzkümmel
- Cayennepfeffer
Teil 3: Wichtige Rahmenbedingungen
«Negative Kalorienvorladung» («negative kalorie preload»)
Wenn man vor der Hauptspeise eine kalorienarme Vorspeise (Suppe, Salat) zu sich nimmt – oder einfach zwei Gläser Wasser trinkt – nimmt man nachweislich insgesamt weniger Kalorien auf. Ganz grob: Wenn die Vorspeise 100 Kalorien hat, isst man nicht nur 100 Kalorien weniger von der Hauptspeise, sondern sogar 200 Kalorien weniger. Die zusätzliche Vorspeise hat also quasi negative Kalorien.
Chronobiologie
Wie alle Tiere unterliegen auch wir einem zirkadianen Rhythmus. Wir schlafen nachts. Empfehlungen: Abends möglichst wenig Kalorien zu sich nehmen (kein Fett oder Zucker). Ab circa 19 Uhr gar nichts mehr essen. Viel schlafen.
Fasten und Diäten, zum Beispiel die Keto-Diät
Beim Fasten oder bei Diäten verliert man oft nicht – wie gewünscht – Fett. Bei der Keto-Diät wurde es untersucht: Das Gewicht nimmt ab, und das wird als Erfolg gefeiert. Wenn man aber genauer hinschaut, sieht man: Wasser, Proteine und Muskeln nehmen ab, nicht das Fett. Das ist schlecht für die Arterien und das Herz-Kreislaufsystem und führt zu einer geringeren Lebenserwartung.
Kommentar Transition News
Natürlich gäbe es zum Thema noch viel mehr zu sagen. Zum Beispiel über die unrühmliche Rolle der Nahrungsmittelkonzerne und ihrer Werbung. Oder fehlende Gesetze und Kennzeichnungen. Oder unsere Seele. Oder Umweltgifte. Oder Transfette. Oder Bewegungsmangel. Es werden weitere Artikel folgen.
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