Da Forscher oft behaupten, dass die verschreibungspflichtigen Medikamente für Personen mit einer sogenannten Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zur Verbesserung der Konzentration und kognitiven Leistungen führen, werden sie häufig auch von Schülern ohne diese angebliche Störung eingenommen.
Eine neue Studie, auf die Study Finds aufmerksam macht, kommt nun allerdings zum Schluss, dass diese Medikamente die Konzentration und Leistung beeinträchtigen.
In einer Reihe von vier doppelblinden, randomisierten Studien im Abstand von einer Woche wurde 40 gesunden Teilnehmern entweder ein Placebo oder eines von drei beliebten «intelligenten» ADHS-Medikamenten gegeben. Dazu gehörten Methylphenidat (verkauft als Ritalin), Modafinil (Provigil) und Dextroamphetamin (Adderall).
Das Team bewertete die Teilnehmer anhand ihrer Leistung in einem Test, der die komplexen Entscheidungsfindungs- und Problemlösungsaufgaben des täglichen Lebens simulieren sollte.
Die Teilnehmer, welche die ADHS-Medikamente einnahmen, verzeichneten geringfügige Einbussen bei der Genauigkeit und Effizienz sowie einen signifikanten Anstieg von Zeit und Aufwand im Vergleich zu wenn sie die Medikamente nicht einnahmen. So brauchten die Teilnehmer, die Ritalin einnahmen, im Durchschnitt etwa 50 Prozent länger für die Aufgabe, als wenn sie ein Placebo einnahmen.
In einer Medienmitteilung erklärte Peter Bossaerts, Professor für Neuroökonomie an der Universität Cambridge und einer der Autoren der Arbeit:
«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Medikamente einen nicht wirklich ‹schlauer› machen. Wegen des Dopamins, das die Medikamente auslösen, haben wir eine erhöhte Motivation erwartet, und sie motivieren einen, sich mehr anzustrengen. Wir haben jedoch festgestellt, dass diese Anstrengung zu mehr Denkfehlern führte – und zwar in einer Weise, die wir genau bestimmen konnten. (...) Die Leistung nahm nicht generell zu, so dass Fragen darüber offen bleiben, wie Medikamente den Verstand der Menschen und ihre Entscheidungsfindung beeinflussen.»
Darüber hinaus zeigten Teilnehmer, die mit dem Placebo gut abschnitten, nach der Einnahme eines ADHS-Medikaments häufig einen deutlicheren Rückgang ihrer Leistung und Produktivität. Diejenigen, die mit einem Placebo zu den besten 25 Prozent gehörten, fielen unter dem Einfluss von Ritalin zu den untersten 25 Prozent.
Umgekehrt zeigten diejenigen, die mit dem Placebo schlecht abschnitten, nach der Einnahme eines Medikaments nur gelegentlich leichte Verbesserungen. Eine weitere Studienautorin, Dr. Elizabeth Bowman, Forscherin am Centre for Brain, Mind, and Markets an der Universität von Melbourne, resümierte:
«Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Medikamente, von denen man annimmt, dass sie die kognitive Leistung von Patienten verbessern, in Wirklichkeit dazu führen können, dass gesunde Menschen härter arbeiten, während sie über einen längeren Zeitraum Arbeit mit geringerer Qualität produzieren.»
Kommentar Transition News:
Die Wirkung solcher Medikamente scheint aufputschenden Drogen wie Kokain oder Amphetamin zu ähneln, die ebenfalls zu einem erhöhten Dopaminspiegel führen. So ist der Wirkstoff von Adderall Dextroamphetamin und Methylphenidat-haltige Arzneimittel wie Ritalin werden in der Drogenszene als Ersatz für Amphetamin gehandelt. Die Konsumenten werden gewissermassen grössenwahnsinnig und dumm, nach längerem Gebrauch paranoid und psychisch gestört – Kunden für die nächste Runde von Psychopharmaka.
Dabei ist anzumerken, dass ADHS zu den zahlreichen psychischen «Störungen» gehört, die in den letzten Jahrzehnten in den massgebenden Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) aufgenommen wurden. Dabei werden allerlei übliche Gemütszustände als Krankheit definiert.
So enthält die fünfte Version des DSM über 300 psychische «Störungen». Diese klar zu definieren ist für die Pharmaindustrie wichtig, denn wenn sie einen Namen haben, kann man dagegen Medikamente verschreiben.
Wie Absurd manche dieser Definitionen sind, zeigt sich beispielhaft an den angeblichen Symptomen von ADHS. Darunter finden wir:
- Achtet oft nicht auf Details oder macht bei Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Aktivitäten Flüchtigkeitsfehler.
- Befolgt Anweisungen oft nicht und versäumt es, Schularbeiten, Hausarbeiten oder Aufgaben am Arbeitsplatz zu erledigen (zum Beispiel verliert er die Konzentration, lenkt sich ab).
- Vermeidet häufig Aufgaben, die über einen längeren Zeitraum hinweg geistige Anstrengung erfordern (zum Beispiel Schularbeiten oder Hausaufgaben), mag sie nicht oder sträubt sich dagegen.
- Ist bei alltäglichen Aktivitäten oft vergesslich.
Dies scheinen Verhaltensweisen einer eigenständig denkenden Person zu sein, die mit dem oppressiven Schulsystem oder mit der Arbeitswelt aus berechtigten Gründen nicht zurecht kommt. Und hinter der Vergesslichkeit bei alltäglichen Aktivitäten könnte ein Philosoph am blühen sein.
Doch eigenständiges Denken und Philosophieren ist in der heutigen Gesellschaft unerwünscht. So werden eben immer mehr Kinder, bei denen «ADHS» diagnostiziert wurde, mit Medikamenten wie Ritalin ruhig gestellt beziehungsweise dazu gebracht, zu «fokussieren» – auf das was ihnen vorgeschrieben wird.
Bei den Ursachen psychischer Probleme ist zudem die Ernährung zu berücksichtigen. Eine 14 Jahre dauernde Studie, die 2010 veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass die westliche Ernährung – die in der Regel viel Fett, Kalorien und Zucker enthält – mit einer höheren Rate von ADHS bei Kindern in Verbindung steht. Die Arbeit, über die das Child Mind Institute berichtete, konnte jedoch nur eine Korrelation und keine Kausalität feststellen.
Die Autoren der Studie halten es sogar für möglich, dass ein Zusammenhang besteht, weil ADHS dazu führen kann, dass Kinder aus Bequemlichkeit nach fetthaltigen Lebensmitteln verlangen. Sie vermuteten auch, dass familiärer Stress, ein weiterer Lebensstilfaktor, der mit ADHS in Verbindung gebracht wird, auch die Ernährungsgewohnheiten beeinflusst.
Klar ist jedenfalls: Auch das Gehirn braucht Nahrung, um zu funktionieren: Das Denkorgan «verschlingt» sogar etwa 20 Prozent der Kalorienzufuhr, obwohl es nur um die zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht.
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