In einer abgelegenen Waldhütte nahm sich laut den zuständigen Behörden vorgestern Nachmittag eine US-amerikanische Staatsbürgerin in der von Stickstoff gefüllten Kapsel das Leben. Die Nachricht verbreitete sich schnell und sorgte für hitzige Debatten weit über die Schweizer Grenzen hinaus.
Die Behörden reagierten prompt: Die Suizidkapsel wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Tat durch die Schaffhauser Polizei beschlagnahmt. Mehrere Personen, die in die Durchführung des Suizids involviert waren, wurden verhaftet. Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft hat umgehend ein Verfahren wegen Anstiftung und Beihilfe zum Suizid eingeleitet. Bereits im vergangenen Juli hatten die kantonalen Behörden angedroht, rechtliche Schritte einzuleiten, sollte die «Sarco-Kapsel» im Kanton zum Einsatz kommen. Diese Drohung wurde nun wahrgemacht.
Exakt am gleichen Tag war es im Schweizer Nationalrat zu heftigen Diskussionen gekommen. Die Innenministerin, Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, hatte erklärt, dass der Einsatz der Suizidkapsel ihrer Beurteilung nach in gleich zwei Punkten gegen geltendes Recht verstoße. Die Kapsel erfülle weder die Anforderungen des Produktsicherheitsrechts, noch sei die Nutzung von Stickstoff in dieser Form mit dem Chemikaliengesetz vereinbar, sagte die Jurassierin. Sie betonte, dass das Gerät nicht in den Handel gebracht werden dürfe und dass die rechtliche Zuständigkeit im konkreten Fall noch geklärt werden müsse.
Nina Fehr Düsel, Nationalrätin und Initiatorin der Parlamentsdebatte, äußerte sich besorgt über den erstmaligen Einsatz des Sarco. Ihrer Meinung nach werde hier versucht, sich durch juristische Schlupflöcher zu drängen, um in einigen Kantonen ein Exempel zu statuieren. Sie kündigte an, im Dezember eine formelle Anfrage zur Umsetzung eines Verbots dieser Sterbehilfekapsel an die Bundesrätin zu stellen.
Sarco – wir hatten schon hier darüber berichtet - ist eine Erfindung des australischen Sterbehilfe-Aktivisten Philip Nitschke, der seit Jahren für das Recht auf selbstbestimmtes Sterben kämpft. Nitschke und seine Unterstützer betrachten den Einsatz der Kapsel als bedeutenden Schritt zur Liberalisierung der Sterbehilfe. Die Kapsel erlaubt es dem sterbewilligen Menschen, per Knopfdruck den Suizidprozess einzuleiten. Dabei wird der Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt, was schnell zum Tod führt.
Die ethische und rechtliche Dimension dieses Vorfalls wirft in der Schweiz nun schwerwiegende Fragen auf. Die Diskussionen um die Zulässigkeit von Suizidhilfen im Allgemeinen und der Sarco-Kapsel im Besonderen dürften in den kommenden Monaten intensiv weitergeführt werden. Speziell die Frage, inwiefern die Sarco den Anforderungen des Schweizer Rechts entspricht, wird nun voraussichtlich gerichtlich geklärt werden. Für die Aktivisten rund um Nitschke und dessen Organisation «The Last Resort» ist diese Auseinandersetzung ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu einem gesellschaftlichen Wandel in der Sterbehilfepraxis.
Kritiker warnen vor den weitreichenden Folgen eines solchen Präzedenzfalls. Die Schweiz hat ein relativ liberales Sterbehilfegesetz, das aber seit vielen Jahren unverändert gilt. Andere Länder, namentlich die Niederlande und Kanada, haben die Sterbehilfe in der letzten Zeit sehr schnell und radikal vereinfacht (wir haben hier, hier und hier berichtet). Die Promotoren hofften wohl, dass die recht liberale Regelung in der Schweiz ihrer aggressiven Todes-Marketingstrategie entgegenkommen würde. Die ersten, heftigen Reaktionen deuten darauf hin, dass sie sich eventuell verschätzt haben.
Kommentar von Transition News
Wenn es in der Schweiz doch eher liberale Sterbehilfegesetze gibt, warum die aggressive Kampagne und der gemäß Elisabeth Baume-Schneider illegale Ersteinsatz der makabren Sterbekapsel? Die zentralschweizer Aktivistin Ingrid Hieronymi gab in einem Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) unfreiwillig Antwort auf diese Frage und einen Einblick, wohin die Reise in Sachen Selbstmord gehen soll.
Obwohl die Sterbehilfe heute in der Schweiz relativ liberal gehandhabt wird (was auch zu einem gewissen «Sterbetourismus» geführt hat), gibt es einen geregelten Prozess, der eingehalten werden muss. Unter anderem müssen Ärzte bescheinigen, dass die betreffende Person weiß, was sie tut (Urteilsfähigkeit), nicht aus dem Affekt handelt und die möglichen Alternativen kennt (Wohlerwogenheit), einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz), von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie), den Suizid eigenhändig ausführt (Tatherrschaft).
Und ein Arzt muss das Rezept für das Medikament (sprich: das Gift) ausstellen. Ohne Arzt geht also gar nichts. Hieronymi, die Politikerin der Grünliberalen Partei (GLP), die stark von Atheisten geprägt ist, sagt nun offen, dass sich mit dem Sarco «die Macht der Ärzte» brechen lasse.
Es braucht wenig Fantasie, um sich auszumalen, wozu es führt, wenn der breite Einsatz dieser Hightech-Tötungsmaschine zugelassen wird. Damit wird die Selbsttötung «normaler» und der Einsatz kann praktisch zu Hause ohne den Beizug von Fachpersonen erfolgen. Damit dürfte auch der Druck steigen, das Lebensende abzukürzen, das Gesundheitssystem weniger zu belasten und die Angehörigen von der Pflege zu entbinden. Ganz zu schweigen, dass dies einem Weltbild entspricht, das fundamental dem christlichen Glauben widerspricht.
Christen setzen sich für den Schutz des menschlichen Lebens ein, auch in Todesnähe, da sie das Leben als Geschenk Gottes betrachten. Die Würde des Menschen ist für sie unantastbar, unabhängig von Leistung oder Nutzen, und beruht auf Gottes bedingungslosem Ja zum Menschen.
Aus dieser göttlichen Zuwendung heraus können auch leidende Menschen ihr Leben bejahen und den Tod – wenn er denn anklopft - als Teil von Gottes Plan annehmen. Da das Leben aus christlicher Sicht von Gott geschenkt ist, sollte der Mensch sich demnach keine vollständige Verfügungsgewalt darüber anmaßen.
Ein würdiges Sterben bedeutet für Christen nicht, das Leben à la carte zu beenden, sondern es zu akzeptieren, selbst wenn der Körper keine Leistung mehr erbringt. Die bewusste Entscheidung gegen das eigene Leben widerspricht aus christlicher Sicht dem Wesen des Menschen, weshalb der Tod nicht aktiv herbeigeführt werden sollte.
Aber mittlerweile denken einige Menschen schon weiter: Meine Kollegin Susanne Schmieden hat gestern in einem bewegenden Newsletter berichtet, dass es die größenwahnsinnige Möglichkeit gibt, sich einfrieren zu lassen, für den Fall, dass später technologisch eine Auferstehung möglich ist. Aber das bleibt Fiktion, denn für Christen ist klar: Nur Einer ist auferstanden.
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