Die mit Spannung erwartete Bundestagswahl 2025 ist nun auch Geschichte und ihre Ergebnisse sind bekannt. Der Korrektheit halber seien sie hier nochmal erwähnt: CDU/CSU sind laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 28,6 Prozent die «stärkste» Kraft geworden und können nun die nächste Bundesregierung stellen, allerdings nicht allein.
Konkret heißt das, dass BlackRock-Vertreter Friedrich Merz Kanzler werden kann, nachdem er schon mit dafür sorgte, dass sein vorheriger Geldgeber, die Vermögensverwaltungsagentur BlackRock, entscheidender Anteilseigner der größten deutschen Unternehmen wurde. Und es heißt unter anderem auch, dass der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn, einer der bis heute nicht zur Verantwortung gezogenen «Corona-Täter» wahrscheinlich wieder ein Ministeramt bekommt.
Nach der Auszählung aller 299 Wahlkreise haben die Unionsparteien mit 14,16 Millionen gültigen Zweitstimmen gewonnen. Der SPD reichten 2021 bei ihrem «Wahlsieg» dafür noch rund 11,9 Millionen gültige Stimmen (25,7 Prozent), während sie diesmal nur auf 8,15 Millionen gültige Stimmen (16,4 Prozent) kam.
Beide zusammen haben zwar nur 45 Prozent der gültigen Stimmen bekommen, werden aber voraussichtlich die nächste Regierung stellen. Denn im Bundestag haben sie aufgrund des ergebnisverfälschenden Wahlsystems zusammen eine Mehrheit von 328 der insgesamt 630 Abgeordneten.
Im Verhältnis zu den laut Bundeswahlleiterin 60,5 Millionen Wahlberechtigten, von denen immerhin 82,5 Prozent wählen gingen, erreichte die Union nur 23,4 Prozent und die SPD nur 13,47 Prozent und zusammen 36,87 Prozent. Aber wen kümmern solche Rechnereien und die Feinheiten des Wahlsystems, wenn das politische Ziel erreicht ist: Es soll sich nichts verändern, nur mit anderem Personal.
Neben dem Blick auf die Zahlen des Wahlergebnisses ist ein Blick in die verschiedenen Analysen interessant, die sich mit den Wahlmotiven, den sogenannten Wählerwanderungen oder Präferenzen der Altersgruppen beschäftigen. Der Politikwissenschaftler und Wahlforscher Karl-Rudolf Korte erklärte am Wahlabend im Sender ZDF, die bundesdeutschen Wähler hätten sich ein weiteres Mal für «Klarheit und Stabilität» entschieden.
Stabilitätsfanatische Wähler
Er sagte sinngemäß das, was er in seinem Buch «Wählermärkte» bereits beschrieben hat:
«Die pragmatischen Deutschen als wählerische Wähler sind – abweichend von vielen anderen europäischen Ländern – deutlich sicherheitsorientierter und abwägend stabilitätsorientierter.»
Korte macht gar einen «Stabilitätsfanatismus» der bundesdeutschen Wähler aus und schätzt die Gesellschaft als «Mitte-orientiert» ein. Hinzu kommt allerdings eine konservativ orientierte Mehrheit von etwa der Hälfte der Bevölkerung.
Davon kündet, dass CDU und AfD zusammen auf ein Wahlergebnis von 49,4 Prozent kommen. Ihre absoluten gültigen Stimmen wieder ins Verhältnis zu den Wahlberechtigten gesetzt, kämen sie noch auf 40,42 Prozent (CDU 23,4/AfD 17,02 Prozent).
Das zeigt – wie bei den Landtagswahlen 2024 –, dass die Mehrheit der Wähler keine wirkliche Veränderung will: Sie haben mit CDU und AfD zwei klar konservative Parteien gewissermaßen zur (potenziell gemeinsamen) Mehrheit verholfen. Es bestätigt auch die Einschätzungen des Parteienforschers Korte.
Es bleibt die Frage, wann die beiden Parteien CDU und AfD aus gewissermaßen gleichem Fleisch und Blut, aus dem gleichen Schoß, trotz aller vermeintlichen «Brandmauern» zusammenfinden und gemeinsam regieren werden. Die AfD ist schon bereit dazu, wie ihre Co-Vorsitzende Alice Weidel am Sonntag erklärte, und es wird geschehen – damit sich nicht wirklich etwas verändert in Deutschland, falls die Unzufriedenheit unter der Bevölkerung mit den Verhältnissen deutlich ansteigt.
Konservative Mehrheit
Sicher ist, dass CDU und SPD, sollten sie zusammen regieren, wie bisher viele der Forderungen der AfD, die sie offiziell ablehnen, erfüllen, in der Hoffnung, deren Wählerschaft zu sich ziehen zu können. Doch erstmal sind Analysen zufolge 1,73 Millionen bisherige Wähler von Union und SPD zur AfD «gewandert», während es anscheinend keine Bewegung in die andere Richtung gab.
Der AFD gelang es demnach auch, mit rund 1,8 Millionen die meisten bisherigen Nichtwähler zu mobilisieren. Dem folgt die CDU mit 900.000 Stimmen bisheriger Nichtwähler und dann das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 400.000 Stimmen.
Am Wahlabend meinte einer der Wahlforscher im TV, dass die überraschend hohe Wahlbeteiligung von 82,5 Prozent vor allem den «Rändern», also AfD und BSW, genutzt hätte, was aber so anscheinend nicht ganz stimmt. Ob es ein Erfolg für «die Demokratie» ist, dass mehr als erwartet wählen gingen, muss die Politik zeigen, die nach der Wahl gemacht wird, was heute schon in Zweifel steht.
Interessant ist auch der Blick auf die West-Ost-Verteilung der Stimmen für die Parteien, der eine deutliche Teilung zwischen Union (West) und AfD (Ost) als jeweils nach Zweitstimmen dominierende Parteien zeigt. Im Westen liegt laut Forschungsgruppe Wahlen/ZDF die CDU (30,6 Prozent) vor der AfD (17,9 Prozent) und der SPD (17,6 Prozent), während im Osten die AfD mit 34,5 Prozent vor der CDU (18,4 Prozent) und der Linkspartei (12,9 Prozent) liegt – aber in beiden Fällen ist das konservative Lager aus CDU und AfD gemeinsam vorn.
Aber es muss beachtet werden, dass nur knapp über einem Drittel der ostdeutschen Wähler für die AfD stimmten, der mehrheitliche «Rest» für die anderen. Den Wahlforschern zufolge holten AfD und die Linkspartei vor allem bei den Wählern unter 25 Jahren viele Stimmen: In dieser Altersgruppe lag die Partei Die Linke mit 25 Prozent vor der AfD mit 23 Prozent.
Überraschung von links
Demnach haben die Jüngeren vor allem die Linkspartei wieder sicher mit 8,8 Prozent in den Bundestag gebracht, nachdem lange Zeit vorher deren Ausscheiden mit Ergebnissen unter 5 Prozent sicher schien. Medienberichten zufolge konnte die Partei innerhalb von nur drei Wochen vor der Wahl ihre Zustimmungsergebnisse überraschend verdoppeln.
Ihr Eintreten für soziale Themen gilt laut Politikforschern als Grund für den Erfolg – wobei die Partei das auch schon vor dem Januar dieses Jahres tat, als sie sich noch unter der 5-Prozent-Hürde befand. Laut einer Analyse spielt das Thema soziale Sicherheit mit 51 Prozent für die Wähler der Linkspartei die größte Rolle, während 84 Prozent von ihnen «Demokratie und Rechtsstaat» in Gefahr sehen.
Die AfD hat außerdem bei den unter 60-Jährigen 23 Prozent geholt (CDU 24 Prozent) während sie bei den über 60-Jährigen demnach nur auf 15 Prozent kam, die CDU aber bei den Älteren mit 37 Prozent gewissermaßen abräumte. Das BSW kam in allen Altersgruppen im Durchschnitt nicht über 5 Prozent hinaus.
In Ostdeutschland kam die Partei von Sahra Wagenknecht, abgespalten vor allem von der Linkspartei, mit ihrem Anspruch, wieder Vernunft in die Politik bringen zu wollen, auf 9,9 Prozent, im Westen nur auf 3,9 Prozent. Am Ende reichte es mit insgesamt 4,972 Prozent knapp nicht für den Einzug in den Bundestag, was für BSW-Politiker Fabio de Masi Anlass für Zweifel gibt.
Nachdem das BSW lange Zeit in Umfragen teilweise über 10 Prozent lag, sorgt das knappe Abschneiden bei Beobachtern für Staunen. Einer der Gründe könnte sein, dass in Ostdeutschland eine ganze Reihe potenzieller Wähler enttäuscht sind, nachdem die junge Partei sich nach den Wahlen 2024 an den Landesregierungen in Thüringen und Brandenburg beteiligt hat – mit jenen «alten Parteien», die laut BSW-Wahlkampfaussage «versagt» haben.
Unterschiedliche Sorgen
Nach Umfragen vor der Wahl standen vor allem die Themen Migration und Wirtschaft für die Wähler im Vordergrund. Dem folgte das Thema Krieg und Frieden vor dem Klimaschutz und erst dann die Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Eine Analyse für die ARD nach der Wahl ergab, dass die Themen Innere Sicherheit (18 Prozent), soziale Sicherheit (18 Prozent) und Zuwanderung (15 Prozent) wahlentscheidend gewesen sein sollen. Erst auf Platz 5 kam das Thema Krieg und Frieden (13 Prozent).
In Westdeutschland waren laut Umfrage die Themen Innere und soziale Sicherheit sowie Wirtschaftswachstum für die Wähler auf den ersten drei Plätzen. In Ostdeutschland dagegen wurden Zuwanderung, Friedenssicherung, Wirtschaftswachstum sowie soziale Sicherheit als wichtigste Themen genannt.
Einer weiteren Analyse für die ARD zufolge waren die Wähler auch durch die außenpolitischen Veränderungen beunruhigt: Demnach fürchteten 65 Prozent der Befragten, dass Deutschland Trump und Putin schutzlos ausgeliefert ist. 64 Prozent hätten zudem die Sorge, dass Russlands Einfluss in Europa weiter zunimmt.
Soweit ein Ausschnitt aus den zahlreichen Umfragen und Analysen vor und nach der Wahl, die im Ansatz die Wahlergebnisse erklären können. Das Wahlergebnis bestätigt, was Parteienforscher Korte 2024 in seinem erwähnten Buch feststellte:
«Linksliberalismus, linke Mehrheiten sind offenbar auf absehbare Zeit in Deutschland dahin. Mitte-rechts und rechte Mehrheiten sind in der Bundesrepublik jetzt dominant.»
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