Einen Geburtstagsgruß stellt man sich anders vor: Man geht auf den Menschen zu, beglückwünscht ihn und freut sich mit ihm zusammen, dass es ihn gibt. Das war am vergangenen Mittwoch in München leider nicht möglich. Der Polizist Karl Hilz war Ende 2021 bereits verstorben, seinen 68. Geburtstag am 8. April hat er nicht mehr miterleben können.
Was bleibt von ihm? Was war von ihm ausgegangen? Diese Frage habe ich bei der Kundgebung von «München steht auf» dort Am Harras beantwortet: sein Maßstab für Menschlichkeit.
Mit dem hat er während der sogenannten Corona-Jahre wortstark das Recht über das bloße Gesetz oder eine Verordnung gestellt, den Menschen über die jeweilige «Maßnahme», hat den Verstand und das eigene Denken höher gewertet als schlichten Gehorsam und ist vom Auftrag ausgegangen, den Uniformierte zu erfüllen haben, und nicht von einer bloßen Pflicht.
Recht, Menschsein, Verstand, Auftrag − diese Ebenen rechnen mit einer Würde und einer Freiheit des einzelnen und fordern sie ein. Gesetze, Maßnahmen, Gehorsam, Pflichterfüllung reduzieren, für sich genommen, den Menschen zum Untertanen.
Von der Polizei und auch den Juristen wird immer wieder die zweite Schiene verlangt. Umso sensibler müssen diese Amtsträger dafür sein, dass die Grenze zur Entwürdigung nicht überschritten wird.
Die Würde hochhalten, das entspricht auch ihrem übergreifenden Auftrag, wie er in der Bibel beschrieben wird. Dort im Römerbrief werden sie nämlich «Diener Gottes» genannt, diese «Menschen mit einer Vollmacht», wie man das vielmissbrauchte Wort von der «Obrigkeit» eher umschreiben sollte.
Das klingt zunächst einmal so, als dürfe man ihnen darum ja nicht widersprechen; ein Gehorsam erscheint als wahre Christenpfllicht. So verstehen das auch unsere Kirchen weitgehend, die lutherischen wie die katholischen. Aber kann das gemeint sein? Wenn man das Wort «Diener» wörtlich übersetzt, dann heißt das «für das Volk Tätige». Und wer für das Volk tätig ist, dem folgt man auch gerne.
Wenn Offizielle nicht für das Volk tätig sind, im schlimmeren Fall gegen das Volk agieren, dann muss man ihnen gerade nicht gehorchen. Sie sind dann aus ihrer Bestimmung herausgefallen oder hatten sie nie angetreten und erweisen sich bestenfalls als Staats-Diener, aber nicht als beauftragte Volkes-Diener.
Oder wie ist diese Twitter-Meldung vor genau fünf Jahren, vom 7. April 2020, einzuschätzen? «Nein, ein Buch auf einer Bank zu lesen ist nicht erlaubt», schrieb damals die «Polizei München». Hatte das jemand aus seinem Verstand heraus geschrieben oder aus blankem Gehorsam? Hier auf dem Platz haben wir grad nicht viele Offizielle, aber sicherlich stöbert im nachhinein der eine und andere im Netz, weil er wissen will, was hier so gesprochen worden ist.
Es geht, kurz gesagt, um einen vierfachen Aufruf zur Menschlichkeit:
- 1. Der steht direkt im Gesetz drin. Kein Beamter müsse Anweisungen befolgen, die sich gegen die Menschenwürde richten; Bundesbeamtengesetz, Paragraph 63. Absatz 1 dort besagt explizit, dass jeder Beamte für das, was er tut, haftbar ist: Sie tragen «für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung».
- 2. Von dem Bibelwort aus Römer 13 her frage sich jeder Polizist, jeder Jurist, jeder Politiker immer wieder, wessen Diener er genau sein will und ob das, was gerade wieder von ihm verlangt wird, wirklich im Sinne des Volkes ist, für das er dasein sollte.
- 3. Ein Gesetz und ein Bibelwort müssten dafür eigentlich gar nicht nötig sein. Unabhängig von der Kleidung, die man grade trägt, macht ein lebendiges Gewissen diesen inneren Abgleich von sich aus. Es hilft dabei, die Grenze zu potentieller Unmenschlichkeit selber zu erspüren.
- 4. Es ist leider ein Zeichen unserer Zeit, dass die ersten drei Prüfsteine immer wieder versagen. Man mag sich nicht auf sie einlassen, ob aus Unkenntnis, Vorsatz oder falscher Gewöhnung. Gut, dann gibt es immer noch die Stimmen auf der Straße, die auf den besseren Weg wieder hinweisen mit ihrem Ruf: «So nicht!»
Karl Hilz hat uns ein Vorbild darin gegeben, hier entschieden aufzutreten und zu mahnen. Dafür bin ich dankbar. − Gott segne euch!
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Meine Ansprache in München vom Mittwoch, 9. April 2025, gebe ich hier leicht überarbeitet wieder.
Wort zum Sonntag vom 6. April 2025: Von Ebern zum BAMF und zurück
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.