Für die Protagonisten der Corona-Trauerspiels kann es eng werden.
- Der ach so geheime Vertrag der Europäischen Kommission mit Pfizer ist inzwischen öffentlich geworden, ungeschwärzt.
- Die «Impfstoffe» selber hätten nie verabreicht werden dürfen, weil sie sich von der soweit zugelassenen Version massiv unterscheiden.
- Unterstützt von einer grossen Demonstration, werden am 10. Dezember 2023 in Karlsruhe hunderte von Strafanzeigen gegen vermutete Haupttäter der Corona-Maßnahmen eingereicht.
- Eine Schweizer Volksinitiative verlangt unter anderem ein Sondergericht für solche Personen.
Entsprechend lauter werden die Rufe nach einer «Aufarbeitung» dieser Zeit und ihrer Ereignisse. Erste Betroffene reagieren:
Da ist zum einen – wieder einmal – Alena Buyx von einem «Rat», der die «Ethik» in seinem Namen trägt. Fehler habe es zwar gegeben in den vergangenen Jahren, gestand dessen Vorsitzende. Aber «Schuldige zu suchen», dieses offenbar weitverbreitete «Bedürfnis» habe sie nicht. Man könnte dann ja gleich an allen «demokratischen Institutionen, an der Politik insgesamt», zweifeln, folgert sie selbstentlarvend. – «Niemand hat die Absicht, sich für irgendetwas zu entschuldigen», kommentierte die NZZ schon vor einem Jahr eine Pressekonferenz dieser Dame und ihres Gremiums.
Und da sind zum anderen – wie könnte es anders sein – zwei Dozenten der Theologie: Kristin Merken aus Hamburg und Hans-Ulrich Probst aus Tübingen. Ein halbes Jahr nach dem Erscheinen des Buches ist ihnen aufgefallen, dass es moralistisch nicht ganz koscher sein könnte. Ihre Expertise der letzten Tage bedeutet nun das Aus für den Corona-kritischen Sammelband «Angst, Politik, Zivilcourage. Rückschau auf die Corona-Krise». Der war nämlich ausgerechnet in einem Verlag erschienen, der mehrheitlich der EKD gehört. Das geht gar nicht.
Wer eine «moralische Verpflichtung, sich impfen zu lassen», von Herzen bejaht wie Frau Buyx (in der Sendung von Markus Lanz vor zwei Jahren, bei 19’10“) und selber «so grundrechtsschonend wie möglich» (29’40“) neue «Maßnahmen einführen» und sie «schrittweise hocheskalieren» wollte, dem verlangt es offenbar tatsächlich zuviel ab, jetzt Worte wie Verantwortung, Rechenschaft, Schuld oder gar Strafe in den Mund zu nehmen.
Wer wie Frau Merle etwas «Erhellendes» an den Lockdowns finden konnte und wie Herr Probst Kirche als «Akteurin gegen Rechtspopulismus» versteht, als einen «Transmissionsriemen», über den «ein:e Pfarrer:in durchaus erklären kann, warum es gut ist, einen Mundschutz zu tragen», der kann sich bei aller «kommunikative[n] Grundhaltung oder Dialogfähigkeit» nur schwer auf Analysen einlassen, die «Profiteure der Angst» benennen.
Aufklärung und Rechenschaft über offenkundig gewordenen Machtmissbrauch dürfen nie abhängig sein von den Eitelkeiten derer, die eben dies zu verantworten haben. Im Gegenteil: Es sind subtile Abwehrreflexe wie die eben aufgewiesenen, die es umso dringlicher machen, dass die Schleier zerrissen und die Nöte und ihre Täter benannt werden.
Billige Appelle, nun doch wieder aufeinander zuzugehen, wie es jener alte Schulkamerad gemeint hatte, schnoddrige Aufrufe wie jener von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, einander doch nichts «aufzurechnen», oder halbherzige Wünsche, zwar «die Pandemie aufzuarbeiten», aber bitte nicht auf begangenen Fehlern «herzum[zu]reiten» – die führen ins Leere.
Nein, nicht ins Leere. Sie führen in die Selbstrechtfertigung und zementieren damit genau die Risse, die sie verursacht haben. Ein polit-moralistisches Coming-out soll Einsicht und Umkehr ersetzen. Der nette Nebeneffekt: Wer das nicht anerkennen will, weil ihm das schlichtweg nicht genügt, der steht nun in der Bringschuld. Man habe ihm ja die Hand gereicht ....
Hat man nicht. Man hat ihm lediglich aus selbstsicherndem Abstand zugewunken. Mehr nicht. «Doch, ich hab dich wahrgenommen, wenn auch ein wenig nachträglich. Alles ist gut.»
Ist es nicht. Die «gesellschaftliche Vertrauenskrise» dauert an. «Freiheitsrechte» zum «Einschränken» hat es nie gegeben. Freiheit ist kein Recht, das einem zugesprochen wird, sondern ist immer ein Zustand, den man empfangen und zu bewahren hat.
Ich gebe vielmehr Saskia Ludwig recht, wenn sie feststellt, dass der allgemeine Gesprächsbedarf enorm sei. Frau Ludwig gehört dem brandenburgischen Untersuchungsausschuss für die Corona-Maßnahmen an und fordert unter anderem, dass inzwischen obsolete Gesetze wieder abgeschafft gehören und fehlgeleitetes politisches Gebahren nicht wiederkehren dürfe. Was sie allerdings – und Frau Bruyx unwillentlich – eingesteht: Die allzu vielen potentiellen Täter stehen einer eigentlichen Aufarbeitung noch im Wege.
- Abwarten, bis sie dafür reif sind? Wer noch zu verteidigen hat, der reift nicht.
- Aufklären und weitere Einsicht provozieren? Gerechtigkeit darf nicht von der subjektiven Bereitschaft der Täter abhängen.
- Derweil die von ferne grüssende Hand ergreifen? Ein Pakt mit den Tätern ist nicht vielen zuzumuten.
- Anklagen und auf die Reste an Rechtsstaat vertrauen? Die obigen Initiativen in Karlsruhe und der Schweiz gehen diesen Weg.
Für eine Klärung und Reinigung in der Gesellschaft mag vor allem Letzteres hilfreich sein, ja.
Aber «ich will euch einen noch besseren Weg zeigen», schreibt Paulus an die durcheinandergeworfenen Christen von Korinth: den der Liebe.
Also doch klein beigeben und Fünfe und weit mehr gerade sein lassen? Davon steht nichts in jenem berühmten 13. Kapitel des 1. Korintherbriefs, sondern Paulus rät dazu,
- sich nicht aufzublasen, weder als Täter noch als Opfer,
- seine Entschiedenheit nicht stolz vor sich herzutragen, weder als Täter noch als Opfer,
- nicht launenhaft und mutwillig zu reagieren, weder als Täter noch als Opfer,
- nicht selbstgerecht und bitter zu werden, weder als Täter noch als Opfer,
- sein Teilwissen nicht zu der einen Wahrheit zu erklären, weder als Täter noch als Opfer.
Wenn wir überhaupt wieder zueinander finden, dann gleichsam über die Bande wie beim Billardspiel, über die Bande der Erkenntnis: Den anderen als Person habe ich nicht zu richten. Ich muss sein Verhalten einschätzen, mitunter auch strafrechtlich, aber er darf mir nicht entgleiten als der ebenfalls in Christus versöhnte Mensch.
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Zum heutigen Ewigkeits-Sonntag: Inspiriert zum Leben
Wort zum Sonntag vom 19. November 2023: Eine prägende Minderheit
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf.
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