«Militär und Kinder − passt das zusammen? Kinderfreizeit? Was denken Sie?» fragt die freundliche Stimme aus dem Off. Die Antworten der «Menschen auf der Straße» sind gemäß dieser ARD-Reportage vom vergangenen Donnerstag durchwachsen. Skeptisch ablehnend die eine Mutter, vollauf begeistert der andere Vater, erzieherisch abwägend eine junge Frau: «Jeder Zehnjährige auf der Welt findet das doch cool, wenn er auf einem Panzer sitzen darf. Aber es ist ja immer noch ein Panzer.»
Im schwäbischen Kellmünz gestaltet die Bundeswehr Mitte August ein zweitägiges Lager für 6- bis 12jährige; «ein echtes Highlight im Ferienkalender», wie Bürgermeister Michael Obst auf Facebook schwärmt. Auch die Vereine würden mitmachen, wenn die Kinder mit den Soldaten von der Ulmer Nato-Gefechtsstaffel Sport treiben und schöne Sachen basteln.
Traumfänger zum Beispiel, mit denen «böse Träume eingefangen werden und gar net zu euch kommen; damit ihr keine Alpträume habt», wie der nette Soldat in der quer-Sendung vom 17. Juli erklärt. Ob die auch helfen, wenn eines dieser Kinder noch als minderjähriger Jugendlicher psychisch und körperlich unter die Räder kommt? Denn die Bundeswehr ist eine der wenigen westlichen Armeen mit − Kindersoldaten. Ganze 2000 von ihnen sind im vergangenen Jahr rekrutiert worden und absolvieren dort dasselbe Programm wie Erwachsene. Ein Drittel von ihnen bricht innerhalb der sechsmonatigen Kündigungsfrist den Dienst ab.
Aber solche Gedanken sind wohl allzu weit hergeholt, gehe es doch an jenem 13. und 14. August um ein «spielerisches und betreutes Freizeitangebot» und den persönlichen Kontakt mit den Soldaten und nicht etwa um die Institution Bundeswehr, wie Herr Obst argumentiert. Man wolle halt Berührungsängste abbauen. Klar, kommen da auch grüne LKWs. Aber wie sonst sollten sie die Hüpfburgen und die Grillsachen auch transportieren? Derart qualifizierte Argumente aus berufenem Munde machen einen sprachlos.
Zwar freut man sich bei Bundeswehr und Gemeinde, nun sogar 32 Kindern einen Platz anbieten zu können, die dann mit Schlafsack und festem Schuhwerk für zwei Spaßtage antreten dürfen. Doch «hatte niemand auf dem Schirm, dass eine Ferienfreizeit mit der Bundeswehr so polarisieren könnte», wie es in dem ARD-Beitrag heißt. «Wir wurden völlig überrollt», gestand der Bürgermeister.
Recht zahm protestiert noch die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Martina Borgendale. Für sie sei «so ein total harmloses, nettes Aufeinandertreffen (…) halt letztendlich doch eine Gewöhnung an die ganze Thematik». Deutlicher hingegen äußert sich ein Bundestagsmitglied der Linken, Ates Gürpinar: Das sei «Früh-Militarisierung mit Tarnnetz» und «Kriegspropaganda mit Bastelstunde für Sechsjährige». Überhaupt habe man schon früher einmal «Kinder ans Militär herangeführt, um damit böse Zwecke zu verfolgen», habe jemand dem Bürgermeister vorgehalten.
Doch der kann mit derart «ideologisch gefärbterter» Kritik großzügig umgehen. Mitnichten finde hier eine «Militärwerbung» statt, meint er einvernehmlich mit Oberstleutnant Hagen Messer, dem Pressesprecher jenes Ulmer Kommandos, und das Werbeplakat erscheint nun auch in hübschem Rosarot mit Pastellgelb statt des ursprünglichen tarnfarbenen Grün-Schwarz.
Erfrischend klar hingegen bekennt sich Obst zu den eigentlichen Absichten: Die Armee braucht Kanonenfutter! Das hört sich in jener Sendung dann so an:
«Ja, auf der einen Seite sagen Sicherheitsexperten, dass wir in der aktuellen Sicherheitslage dringend mehr Soldaten brauchen. Aber der Gedanke, dass es die eigenen Kinder sein könnten, löst bei vielen Alpträume aus.»
Schnitt. Die Kamera zeigt einen von den Kindern selbstgebastelten Traumfänger: Weg mit diesem Alptraum! Denn «so bequem können wir’s uns als Gesellschaft nicht machen». Das ist, im Klartext gesprochen, nicht weniger als die Forderung nach Menschenopfern.
Anfang 2025 hatte bereits jemand überschlagen, wie viele es im Fall des Falles wohl sein würden: 5000. Täglich. Und wer stirbt schon gerne, ohne zu wissen, dass ihm andere nachfolgen? Der Feind muss aufgehalten werden, und sei es mit Leichenbergen.
Anders kann ich diese menschenverachtenden Kalkulationen eines Patrick Sensburg nicht auffassen. Sensburg ist Präsident des deutschen Reservistenverbandes und fordert eine Million wehrfähige Soldaten. Desselben Geistes Kind ist übrigens − wen wundert’s − Friedrich Merz. Erst kürzlich gestand er Reportern: «In Teilen unserer Bevölkerung gibt es eine tiefsitzende Kriegsangst. Ich teile sie nicht.»
Konkret wird es im «Grünbuch ZMZ 4.0» vom «Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit», einer Einrichtung für die «Gestaltung der zukünftigen Entwicklungen der Öffentlichen Sicherheit in Deutschland». Dort ergeht man sich in dem Planspiel, dass es ab Mai 2030 (Grafik) zum Krieg kommen könnte. Grausig, Derartiges in einem offiziellen Dokument zu lesen! Immerhin: «Interviewanfragen an Autorinnen oder Autoren vermitteln wir gerne.»
Es sind diese Zusammenhänge, in denen jetzt solche Offensiven an der Kinderfront gefahren werden. Bereitschaft fürs Sterben ist wieder die Regierungspropanda; Spaß und Geselligkeit sollen erneut den Weg bereiten zu einer «Kameradschaft bis in den Tod».
Die Warnung vor Kinderopfern fiel zu biblischen Zeiten deutlich derber aus als man das angesichts moderner amtlicher Empfindsamkeiten noch zu äußern wagte. Wer will, kann hier weiterklicken und -lesen.
Gut zu wissen übrigens:
«Ohne Einhaltung einer Frist kann die Gefechtsstandstaffel zurücktreten, wenn die Veranstaltung aufgrund von Auflagen oder rechtlichen Vorschriften nicht durchgeführt werden kann», heißt es in der Ausschreibung.
Und: Protest vor Ort ist bereits angekündigt.
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Wort zum Sonntag vom 13. Juli 2025: Christlichkeit als Restbestand?
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.