In unseren Tagen fliegen keine Engel, sondern Sirenenlärm, Mordgelüste und finstere Gedanken durchdringen Äther und Geist. Dabei wäre doch Weihnachten. Ja, der Kalender ist unbarmherzig mit unseren Gefühlen.
Es ist nicht nötig, diese Spannung weiter auszuführen und Schaudermeldungen wie auch -äußerungen der vergangenen Tage Revue passieren zu lassen. Das macht sie ja gerade so schauderhaft, dass sie uns präsent sind, dass sie sich als omnipräsent gebärden. Die Abgründe in Gesellschaft und Politik erschüttern die Tiefen von Seele und Gemüt.
Wie wenn das tragische Geschehen selber noch nicht reichen würde, meinen ideologisierte Blindgänger auch noch, Trauer- und Gedenkveranstaltung stören zu müssen, wie mir zum Beispiel gestern Montag persönlich aus Nürnberg berichtet worden ist.
Aber jetzt ist Weihnacht, unaufschiebbar.
Ja, Gott sei Dank unaufschiebbar. Denn selten war die Botschaft so wichtig wie in diesen Tagen. Wir sind an einer Grenze, an einem Ende angelangt, beide Seiten: die Beschwichtiger «auf Teufel komm ’raus» − und er kommt zwischendurch tatsächlich ’raus − wie auch die Realisten, die das Unheil seit vielen Jahren haben kommen sehen. Die einen stehen an der Grenze ihrer Ideologie und können sie nur durch radikale Leugnung alles Gegenläufigen versuchen aufrechtzuerhalten, die anderen wissen sich allmählich in größte Ratlosigkeit gestürzt.
«Gott sei Dank unaufschiebbar»? Ja, weil die Weihnacht das Ende der Illusionen eingeläutet hat:
«Ihr kommt nicht durch, weder mit eurer Religion noch mit euren Vorsätzen. Euer Elend ist himmelschreiend. In euren wacheren Momenten merkt ihr das auch und schreit tatsächlich. Seid gewiss: Dieses Schreien habe Ich erhört.»
Wie soll das gehen? Der geistestaub gewordene «Mensch von heute» wünscht sich schlüssige Erkärungen, bevor er etwas «glauben» kann. Hier geht es aber um mehr als um bloßes subjektives Fürwahrhalten.
«Die Dinge wollen verstanden sein. Es gibt da nichts zu messen, Beweise sind nicht möglich. Einige Dinge sind plausibel, andere nicht»,
spricht «der Ältere» in Alfred Döblins tiefsinnigem Werk «Der unsterbliche Mensch» (1946, Seite 122).
Die Dinge erschließen sich vielmehr auf einer anderen Ebene, mit unmessbaren Hinweisen. Den ersten gaben damals die Engel:
«Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden;
Friede den Menschen des Wohlgefallens.»
(Lukas 2, Vers 14)
Verabschieden wir uns vom hörgewohnten «Frieden auf Erden»; umfassend ist der für diese Welt hier nirgends verheißen. Wenden wir uns besser unserem zweiten Hinweis zu, dem Vaterunser, das diesen Lobgesang aufnimmt:
«Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.» (Matthäus 6,10)
Wer so betet, der tritt nämlich auf die Seite der «Menschen des Wohlgefallens» und betet es gemeinsam mit dem Himmel.
Wer so betet, der steht auf Erden nicht alleine da, denn er ruft Licht in die Finsternis von Verleumdung, Blindheit und Mord, gerade wenn und gerade weil unsere Gefühle vom Sichtbaren vereinnahmt werden. Er bringt − Frieden.
Selten hatten wir diese Weihnacht nötiger als heute: für eine Stille und für eine heilige Gottesnähe, die so auch wieder unser Gemüt erreicht, ganz.
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Wort zum Sonntag vom 22. Dezember 2024: Auto und Magdeburg und Speichen
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.
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