Der weltweite Porno-Markt wächst seit Jahren stetig. Laut dem Bedbible Research Center lag der globale Umsatz der Porno-Industrie 2021 bei rund 97 Milliarden Dollar, 2022 bei 100 Milliarden, 2024 bei 101 Milliarden – und soll bis 2030 auf 117 Milliarden ansteigen. The Business Research Company wiederum beziffert den Umsatz für das Jahr 2023 auf 60,62 Milliarden US-Dollar und auf 65,95 Milliarden für 2024; 2028 soll der Umsatz auf 93,23 Milliarden klettern.
Zugleich ist es laut einer Studie aus dem Jahr 2023 so: 17 Prozent der 12‑jährigen Jungen und 7 Prozent der 12‑jährigen Mädchen haben bereits Pornografie online gesehen. Bei 14‑jährigen Jungen liegt dieser Anteil bei 50 Prozent.
Pornografie ist dabei definiert als sprachliche, bildliche Darstellung sexueller Akte unter einseitiger Betonung des genitalen Bereichs und unter Ausklammerung oder merklichen Vernachlässigung der psychischen und partnerschaftlichen Aspekte der Sexualität. Die Ansichten über Pornografie sind gesellschaftlich betrachtet sehr geteilt. Fakt ist, dass sich Erwachsene, die sich Pornos «zu Gemüte führen» möchten, dies in Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz problemlos tun können, sofern in ihnen nicht Gewalt, Zwang, Tiere (Zoophilie), Minderjährige oder nicht-einvernehmlichen Handlungen dargestellt sind.
Das Thema Aggression und Gewalt gegen andere ist dabei ein delikates. So stellten Kritiker von Alice Schwarzers PorNo-Kampagne, die sich gegen pornografische Darstellungen wendet, in denen «verharmlosende oder verherrlichende, deutlich erniedrigende sexuelle Darstellung von Frauen oder Mädchen in Bildern und/oder Worten» dargestellt werden, etwa fest, dass es bei bestimmten Frauen eine Lebenswirklichkeit und Bedürfnislage submissiver Art gibt. Kritisiert wird ferner, dass die Existenz weiblich-dominanter Sadomasochisten durch die Thesen Schwarzers genauso wenig aufgegriffen und anerkannt werde wie der auch bei der Herstellung sadomasochistischer Materialien essentielle Grundsatz des «Safe, Sane, Consensual» (durch den potenziell risikobehaftete Aktivitäten Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten sicherstellen und damit die verwendeten Praktiken von strafbarer sexueller Gewalt klar abgrenzen soll).
Fakt ist derweil auch, dass Gewaltpornografie verboten ist, wenn sie «gewalttätige, tierische oder andere unnatürliche sexuelle Handlungen» in einer Weise darstellt, die gegen die Menschenwürde verstößt (§ 184a StGB). Auch verboten sind pornografische Inhalte, «die den sexuellen Missbrauch von Personen oder die sexuelle Selbsterniedrigung in einer Weise zeigen, die grausam oder erniedrigend ist». Und das erscheint auch sinnvoll, denn es ist ja eine Sache, wenn zwei Menschen sich einvernehmlich auf Sex einigen, bei dem Gewalthandlungen vorkommen, und eine andere, wenn gewalttätiger und erniedrigende Sexualakte in einem Porno gezeigt werden und diese dann nicht einmal aufgearbeitet werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es besorgniserregend, dass es empirische Hinweise darauf gibt, dass explizite oder gewaltähnlicher Inhalte in Pornos gang und gäbe sind. Bereits 2010 erschien die Publikation «Violence Against Women», in der eine Analyse von 50 Bestsellern auf Mainstream-DVDs vorgenommen wurde. Ergebnis:
In 88,2 Prozent der Szenen kam eine aggressive Handlung vor, meist Schlagen, Würgen oder verbale Erniedrigung. In 94 Prozent der Fälle war das Ziel der Aggression eine Frau, der Aggressor ein Mann. Die dargestellten Frauen reagierten überwiegend mit Vergnügen oder Neutralität, was natürlich sehr problematisch im Hinblick auf Wirkung auf Rezipienten und Rezipientinnen sein kann – vor allem, wenn es sich um minderjährige Porno-Konsumenten handelt.
In die gleiche Richtung weist ein umfassender Report aus dem Jahr 2024 des Sexual Exploitation Research and Policy (SERP) Institute, kommt dieser doch zu folgendem Schluss: Viel Mainstream‑Pornografie enthält sexuelle und physische Aggression gegen Frauen, einschließlich Darstellungen wie Würgen, verbale Erniedrigung oder Spucken. Diese Inhalte seien inzwischen weit verbreitet und öffentlich verfügbar – auch für Kinder.
Genau dieser Thematik hat sich Rob Jessel in einem Artikel für Spiked! gewidmet. Er ist Mitbegründer von Fair Cop, einem Zusammenschluss von Personen, die sich auflehnt gegen die Vorgehensweise der Polizei, Menschen zu kriminalisieren, die Kritik üben, obgleich diese nicht gegen Gesetze verstoßen. Jessel erklärt:
«Die heutige Pornografie ist weit entfernt von den nackten Frauen, die ich in der Privatsphäre meiner Internatskabine studierte. Online-Pornografie ist ein Leichenhaus der Frauenfeindlichkeit und des Missbrauchs – sie normalisiert sexuelle Praktiken, die im wirklichen Leben den Beteiligten lange Gefängnisstrafen einbringen würden.
Was einst eine Nische war, ist heute Mainstream: Zu den beliebten Kategorien gehören Inzest und Pseudo-Kinderpornografie (PCP), bei der jugendliche Darsteller durch Sommersprossen und Requisiten (Teddybären und Lutscher sind ebenfalls beliebt) minderjährig aussehen.»
Und nicht nur die Inhalte hätten sich weiterentwickelt, sondern auch die Art und Weise, wie Kinder sie finden. Im Jahr 2023 etwa habe der britische Kinderbeauftragte berichtet, dass mehr junge Menschen Pornos auf Twitter (heute X) sahen als auf speziellen Pornoseiten danach suchten. «Pornografie ist also nicht unbedingt etwas, das Kinder wählen – sie ist allgegenwärtig geworden und infiziert Plattformen und Spiele von Snapchat bis Roblox, die Eltern als sichere Orte betrachten», so Jessel.
Und leider habe unsere politische Klasse zu keinem Zeitpunkt in den vergangenen 20 Jahren gezeigt, dass sie die Natur der pornografischen Revolution versteht. Jessel:
«Nehmen wir zum Beispiel die jüngsten Vorschläge, Pornografie mit sexueller Strangulation zu verbieten. Würgen ist ein perfektes Beispiel für die Normalisierung einer Randpraxis – und zwar einer gefährlichen: Es gilt als die zweithäufigste Ursache für Schlaganfälle bei Frauen unter 40 Jahren.
Doch wie lässt sich das verbieten? Würden Pornoseiten sich darauf einigen, Videos mit dem Tag ‹Würgen› herauszufiltern, würden die Uploader einfach neue, verschlüsselte Suchbegriffe wie ‹Atemkontrolle› entwickeln. Genau das haben sie mit PCP gemacht, das auf Mainstream-Plattformen leicht zu finden ist.»
Was also tun? Jessel meint, eine wirksame Strategie gegen die Dominanz der Pornografie müsste nicht mit Gesetzen beginnen, sondern mit einem Konsens: zunächst über das Wesen moderner Pornografie und dann über ihre Gefahren. Politiker sollten zudem anerkennen, dass Pornografie nicht nur süchtig machen könne, sondern auch so konzipiert sei. Sie könnten warnen, dass das sexuelle Skript einer ganzen Generation von gewalttätigen Bildern geprägt wurde. «Junge Mädchen lernen, dass Sex untrennbar mit Schmerz, Demütigung und Zwang verbunden ist – zum Beispiel, indem sie als ‹frigide› beschimpft werden, weil sie Analverkehr verweigern», gibt Jessel zu bedenken. Und weiter:
«Das wäre ein Anfang. Noch besser wäre es, mit einer brutalen Wahrheit zu beginnen: Wir haben den Krieg gegen Pornografie verloren. Aufeinanderfolgende Regierungen schliefen, während Pornografie in die Schlafzimmer unserer Kinder eindrang. Repressive Maßnahmen wie der Online Safety Act werden nichts ändern.»
Zensurgesetze wie der Online Safety Act würden wenig dazu beitragen, den Einfluss der Pornografie auf die Gesellschaft zu brechen, ist Jessel überzeugt. Das neue Gesetz zeuge von einer fast rührenden Naivität gegenüber der Natur von Teenagern und lasse völlig außer Acht, wie weit Jungen gehen, um ihre sexuelle Neugier zu befriedigen. Ihr einziger Zweck bestehe offenbar darin, uns von der Unfähigkeit der Politiker abzulenken, das Ausmaß und die Tragweite der Pornografie-Epidemie und ihre Folgen für die Gesellschaft zu begreifen.
Auch der Deutsche Juristinnenbund sieht noch erheblichen Handlungsbedarf.
Wie wenig von der Politik bei der effektiven Bekämpfung von gewaltverherrlichender Sexualität zu erwarten ist, zeigt auch das Beispiel Pädophilie. Wie TN etwa im März berichtete, «öffnet die Politik sogar Pädophilen immer weiter die Tür». Dabei machten wir auch darauf aufmerksam, dass die Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch auf einem erschreckend hohen Niveau verharrt – und es gut belegte Hinweise darauf gibt, dass dies auch damit zu tun hat, dass die Politik unter Einfluss der Pädolobby steht. Die AfD-Abgeordnete Vanessa Behrendt wurde sogar, als sie anfing, die Akteure dieses «Pädosumpfs» zu benennen, zur Zielscheibe von Pädophilen.
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