Das System des Petrodollars, also der Verbindung zwischen dem US-Dollar und dem internationalen Ölhandel, bringt den USA zahlreiche Vorteile. Insbesondere ermöglicht es den Dollar als internationale Reservewährung. Und darauf beruht zum Teil widerum die geopolitische Hegemonie der USA.
Der Petrodollar und der Dollar als Reservewährung ermöglichen es den USA auch, nach Belieben Kredite aufnehmen zu können. Der Grund dafür ist, dass die Zentralbanken in der ganzen Welt, vor allem die im Fernen Osten und in den arabischen ölproduzierenden Ländern, grosse Mengen an Dollar-Reserven halten, mit denen sie in US-Staatsanleihen investieren. Dies wurde als «Petrodollar-Recycling» bekannt.
Der Verfall des Petrodollars würde für die USA somit eine erhebliche Bedrohung darstellen. In Come Don Chisciotte geht der Journalist Domanico Moro auf die Hintergründe ein.
Das Petrodollar-System wurde in den 1970er Jahren eingeführt, als die USA versprachen, Saudi-Arabien und andere ölproduzierende Länder zu unterstützen – im Gegenzug für den Verkauf von Öl ausschliesslich in Dollar. Dies geschah, nachdem der US-Präsident Richard Nixon 1971 den Dollar vom Gold entkoppeln musste, weil die Menge des von den USA gehaltenen Edelmetalls die Währung nicht mehr wie vorgesehen deckte. Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen haben das Vertrauen in den US-Dollar erneut untergraben.
Sanktionen, insbesondere gegen Russland während des Ukraine-Konflikts, hätten das Vertrauen in den Dollar als sichere Reservewährung erschüttert, argumentiert Moro. Die USA schlossen Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift aus und froren einen erheblichen Teil der in Europa und den USA gehaltenen russischen Zentralbankreserven ein. Dies hat laut dem Journalisten bei anderen Ländern mit Dollarreserven Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Bestände geweckt.
Infolgedessen haben viele Länder begonnen, Alternativen zum Dollar für den internationalen Handel zu prüfen. Nach Angaben von JP Morgan wird inzwischen etwa ein Fünftel der weltweiten Öltransaktionen in anderen Währungen als dem Dollar abgewickelt.
Darüber hinaus arbeiten die neuerdings elf BRICS-Staaten gemeinsam daran, die Dominanz des Dollars in internationalen Wirtschaftsinstitutionen zu verringern und die Verwendung alternativer Währungen zu fördern.
Der Einfluss des Dollars auf die ölbezogenen Finanzmärkte nimmt laut Moro ebenfalls ab. Dies, da die Korrelation zwischen der Stärke des Dollars und den Ölpreisen abgenommen habe. Auch die US-Staatsanleihen, die oft vom Petrodollar-Recycling profitierten, würden von den ölproduzierenden Ländern weniger gekauft.
Moro weist darauf hin, dass Saudi-Arabien, ein wichtiger Akteur im Petrodollar-System, am Weltwitschaftsforum (WEF) in Davos seine Bereitschaft signalisiert hatte, Handelsabkommen in anderen Währungen als dem Dollar abzuwickeln, was eine bedeutende Veränderung darstellt. Die Beziehungen Saudi-Arabiens zu China und Russland würden zudem immer enger.
Andere Länder, wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien und der Irak, hätten ebenfalls begonnen, Zahlungen für Öl in anderen Währungen als dem Dollar zu akzeptieren. Und China wickle den internationalen Handel zunehmend in seiner eigenen Währung, dem Yuan, ab, stellt Moro fest. Die Shanghaier Öl- und Gasbörse spiele eine wichtige Rolle bei Chinas Bemühungen, die Vorherrschaft des Dollars auf den Finanzmärkten anzufechten. Moro schliesst:
«Der Dollar ist heute eine konkurrenzlose Reservewährung, auch wenn sein Anteil an den Zentralbankreserven nach Angaben des Internationalen Währungsfonds von 71% im Jahr 1999 auf 59% im Jahr 2022 gesunken ist. Der Trend zur Entdollarisierung war jedoch noch nie so stark wie heute. Ein Beweis dafür ist auch die Anhäufung von Goldreserven durch die Zentralbanken in einem Ausmass wie seit 1950 nicht mehr.
Wenn der Petrodollar weiter sinkt, wie die Analyse des Ölmarktes zeigt, wird sich die Entdollarisierung fortsetzen und damit auch der Niedergang des Dollars als Weltreservewährung. Dies hätte katastrophale Folgen für die USA, insbesondere für die Verwaltung ihrer doppelten Verschuldung, der öffentlichen und der kommerziellen, die es ihnen in der Tat ermöglicht, auf Kosten der übrigen Welt über ihre Verhältnisse zu leben.»
**********************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2022 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop: