Wer heute noch von «digitalem Bargeld» spricht, hat dabei vermutlich eine ganz konkrete Intention. Denn sofern es nicht völlige Naivität ist, muss man bei der Verwendung dieses Ausdrucks von Absicht ausgehen. Zu offensichtlich und eindeutig sind nämlich die Belege für diesen begrifflichen Widerspruch.
Digitale Zentralbankwährungen (CBDC) haben mit Bargeld nichts zu tun – ausser, dass beide von den Zentralbanken ausgegeben werden. Für den Benutzer sind es jedoch zwei völlig verschiedene Dinge. Vor allem kann Bargeld jeder frei und anonym benutzen. Digitales Zentralbankgeld ist dagegen vielfältig steuer- und kontrollierbar.
Man muss wohl vorsätzliche Täuschung befürchten, wenn Politiker, Medien oder Fachleute von «digitalem Bargeld» sprechen. FDP-Chef Lindner warb zum Beispiel für «digitales Bargeld» als Wachstumsmotor und «gleichwertiger Ersatz für Scheine und Münzen». Die Tagesschau benutzt den Begriff ebenfalls, erwähnt aber immerhin Bedenken von Kritikern. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) suggeriert:
«Ein digitaler Euro wäre ein digitales Zahlungsmittel, das genauso sicher, einfach und günstig zu verwenden ist wie das heutige Bargeld.»
Einige Betreiber und Unterstützer der digitalen Zentralbankwährungen lassen dagegen keinen Zweifel an den Motiven für das Konzept. Sie sprechen offen über die Hintergründe, Konsequenzen und Gefahren. Aufschlussreiche Aussagen hierüber kommen zum Beispiel vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) oder dem Weltwirtschaftsforum (WEF).
Die Programmierbarkeit der CBDC beschreibt der stellvertretende Geschäftsführer des IWF, Bo Li, sehr konkret. Sie erlaube es Regierungsstellen und Akteuren des Privatsektors, «intelligente Verträge» zu erstellen, um «gezielte strategische Funktionen» zu ermöglichen. Im Rahmen der Jahrestagung 2022 von IWF und Weltbank sagte er:
«Dieses Geld kann genau darauf ausgerichtet werden, welche Menschen es besitzen können und für welche Zwecke es verwendet werden kann, zum Beispiel für Lebensmittel.»
IWF-Vize Bo Li über die Programmierbarkeit von CBDC
«Sehr mächtig, aber auch extrem gefährlich» nannte Prof. Eswar Prasad die CBDC kürzlich auf einer Tagung des WEF. Er wies auch darauf hin, dass die Programmierung ebenso ein Verfallsdatum etablieren könne, also eine zeitlich begrenzte Nutzbarkeit des Geldes. Sein Fazit:
«Ich fürchte, die Technologie (...) hat aber auch das Potenzial, uns an einen ziemlich dunklen Ort zu bringen.»
Prof. Eswar Prasad über Nutzen und Gefahren von CBDC
Die BIZ ist die Bank der Zentralbanken. Sie wurde 1930 gegründet und hat ihren Sitz in Basel. Deren Chef, Agustín Carstens, erklärt den Unterschied zwischen Bargeld und CBDC höchst anschaulich. Auf einer Konferenz des IWF sprach er im Oktober 2020 von «absoluter Kontrolle»:
«Beim Bargeld wissen wir heute nicht, wer einen 100-Dollar-Schein oder einen 1000-Peso-Schein benutzt. Ein wesentlicher Unterschied zum digitalen Zentralbankgeld ist, dass hier die Zentralbank die absolute Kontrolle über die Nutzungsbedingungen haben wird und wir werden auch die Technologie haben, diese durchzusetzen.»
BIZ-Chef Agustín Carstens über den Unterschied zwischen Bargeld und CBDC
Die Praxis zeigt schon heute, dass eine digitale Zukunft des Geldsystems eine ernste Bedrohung unserer Freiheit bedeutet. Die Sperrung oder Kündigung von Konten wegen eines «Gedankenverbrechens» ist ein kleiner Vorgeschmack auf dem Weg zu einem «Sozialkreditsystem».
Ein aktueller Fall ist der von Dr. Joseph Mercola, aber es gibt auch andere (hier, hier und hier). Spätestens wenn die freiwillige Phase vorbei und das Bargeld abgeschafft wäre, stünden wir definitiv unter totaler Kontrolle.
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