Wer kann und will sich heute noch widmen? Etwas erledigen, etwas ausprobieren, das kennen wir, das haben wir intus. Aber sich widmen? Hingabe zeigen, sich und die Zeit darüber vergessen, beides vergessen wollen, weil man aufgeht in einem Tun, dem man sich von Herzen unterstellt hat?
Ein gutes Hobby hat mitunter diese Wirkung. In anderem Zusammenhang kennen wir die Widmung bei einem Buch: wenn der Autor jemandem dankt, weil der ihn zu seinem Werk wesentlich inspiriert hat, oder wenn man selber es einem lieben Menschen darbietet, unterbreitet, es ihm zu sinnfüllendem Versenken angedenkt.
Alles das schwingt mit in dem schönen alten Kürzel «A.D. − «Anno Domini», «im Jahr des Herrn». Das bezeichnete Jahr ist jemandem, dem Einen Herrn, zugewiesen, Ihm als der Schutzmacht anbefohlen. Es passiert nicht einfach so. Man rutscht nicht hinein wie in sonst etwas oder löst halt den einen Kalender durch einen andern ab. Nein, das Jahr trägt einen Namen, der über dem Jahr zutrauend ausgerufen wird. Ich widme Ihm das Jahr und mache mich bereit für Seine erneute sinnfüllende Gegenwart.
Die Gegenrichtung ist uns vertrauter: wenn Machthaber und solche, die, wie Jesus sagt, «als Herrscher gelten», versuchen, eine Oberherrschaft an sich zu reißen. Das betreffende Jahr, die jeweilige Wahlperiode, die Dauer der Gesetzesgeltung, das möge schon vorab deren eigenen Stempel tragen.
Einschüchterung ersetzt die Anerkennung, Zwang von oben tritt an die Stelle einer Hingabe von unten, und ein Schleier aus Befürchtung und Angst wird über die bevorstehende Zeit geworfen.
«Diese angstvollen Schreie der Masse werden nur zu weiterer Angst und größerem Durcheinander führen, wenn Aktendeckel die Herrschaft an sich reißen und das Vorkaufsrecht auf die Zukunft für sich beanspruchen wollen.»
(Eugen Rosenstock-Huessy in: Des Christen Zukunft oder Wir überholen die Moderne, 1955, Seite 231)
Das wäre böse. Das ist vom Bösen. Wem ich mich und meine Zeit, meine Zukunft und mein Jahr, unterstelle, das möge bitteschön weiterhin meiner eigenen Entscheidung überlassen bleiben.
Bleibt es auch. Proklamationen sind Unter-Stellungen. Ich proklamiere für mich das Jahr 2025 als ein «Jahr des Herrn». Auch im neuen Jahr erbitte ich den Segen des Auferstandenen für mich und meine Lieben, für alles, was augenfällig zu befürchten und anzuklagen ist, und auch für die, deren Angstschreie schon längst erstickt sind.
«Ich vertraue darauf, daß der, der in uns das gute Werk angefangen, es vollenden wird − bis zu des Messias Jesus Tag.» Philipper 1, Vers 6
«Er hat uns der Vollmacht der Finsternis entrissen und versetzt in das Königtum des Sohnes seiner Liebe.» Kolosser 1,13, jeweils nach Fridolin Stier.
Das ist wichtiger und mächtiger als jeder Aktendeckel und alle Einschüchterungen, die fremde Herren und Vögte dem Jahr und seinen Menschen verordnen wollen. Es liegt an uns selbst, wem wir die Oberherrschaft zuerkennen. Daran entscheidet sich unser nächster Rückblick auf das Jahr. Und auf mehr.
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Wort zum Sonntag vom 29. Dezember 2024: Nachspann zum Fest
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.
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