Der investigative US-Journalist Seymour Hersh (87) macht in einem aktuellen Text deutlich, «dass man eine Präsidentschaft nicht nach ihrem Äußeren beurteilen kann». Er beschreibt in kurzen Notizen, wie US-Präsidenten im Amt oft eine andere Politik machten und machen als die, welche nach dem Wahlkampf von ihnen erwartet wurde.
«Ich mochte die Außenpolitik der Biden-Regierung nicht besonders und machte mir als Journalist und Bürger große Sorgen darüber, was das neue Team von Donald Trump tun würde. Aber ich habe vor langer Zeit gelernt, dass man eine Präsidentschaft nicht nach ihrem Äußeren beurteilen kann.»
Hersh berichtet von eigenen Erfahrungen aus der Zeit Ende der 1960er Jahre, als er als Pressesprecher des damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Eugene McCarthy aus Minnesota arbeitete. Dieser versuchte, gegen Amtsinhaber Lyndon B. Johnson anzutreten, der damals für eine zweite Amtszeit kandidierte und den Vietnamkrieg, den er geerbt hatte, durch massive Bombenangriffe eskalieren ließ.
McCarthy, ein Mitglied des Ausschusses für auswärtige Beziehungen, habe damals gewarnt, als es darum ging, mehr junge Männer aus den Ghettos und Barrios der USA anzuwerben, wo die Bildungschancen geringer waren und es heute noch sind. Er habe ein solches Vorgehen öffentlich als «die Farbe der Leichen ändern» bezeichnet.
Hersh berichtet, dass er bei einer der Wahlkampfveranstaltungen von einem erfahrenen Journalisten eine Episode erfuhr, bei der John F. Kennedy und Noam Chomsky, der Linguist und Politikkritiker, eine Rolle spielten. Der Journalist Peter Lisagor habe am 20. Januar 1961 die Amtseinführung 1961 des «glamourösen» John F. Kennedy mit einer Gruppe von Studenten und Fakultätsmitgliedern vom MIT in einer Cafeteria im Fernsehen beobachtet.
Als der Oberste Richter der USA, Earl Warren, Kennedy zum Präsidenten ernannte, habe ein junger Fakultätswissenschaftler namens Noam Chomsky die kleine Menge verblüfft. Und das, weil er über Kennedy und seine Harvard-Verbindungen gesagt habe: «Und jetzt beginnt der Terror.»
Das widersprach sehr dem Bild, das die Öffentlichkeit nicht nur in den USA vom jungen 35. US-Präsidenten hatte und klingt heute noch überraschend. Chomskys Argument sei gewesen, dass Kennedys Vorstellung vom US-amerikanischen Exzeptionalismus in Vietnam nicht funktionieren würde – «und das tat es auch nicht».
«Und Lisagors Argument war für mich, wie ich im Laufe der Jahre verstand, dass man nicht immer sagen kann, welcher Präsident ein Friedensstifter und welcher ein Zerstörer sein wird.»
Hersh selbst hat später ein Buch über Schein und Sein von Kennedy veröffentlicht: «The Dark Side of Camelot» (Deutsch: «Kennedy – Das Ende einer Legende», 1997).
Der renommierte US-Journalist erinnert daran, dass Joseph «Joe» Biden von Frieden sprach und die US-Truppen aus Afghanistan abgezogen habe (was aber Trump in seiner ersten Amtszeit vorbereitet hatte). Aber Biden habe dazu beigetragen, die EU und die USA in einen Krieg gegen Russland in der Ukraine zu verwickeln, und habe Benjamin Netanjahus Krieg gegen die Hamas «und letztlich gegen das palästinensische Volk in Gaza» unterstützt.
Trump gebe sich immer hart, so Hersh, «aber einer seiner ersten großen Schritte im Ausland nach seinem Wahlsieg als Präsident bestand darin, seine leitenden Mitarbeiter anzuweisen, mit Bidens außenpolitischen Mitarbeitern zusammenzuarbeiten, um vielleicht einen Krieg in Gaza zu beenden und unzählige Menschenleben zu retten». Den Informationen zufolge führe das Trump-Team «ernsthafte Gespräche», um den Ukraine-Krieg zu beenden.
«Man weiß nie», endet der Text des US-Journalisten.