Es besteht die Gefahr, dass die in der Cancel Culture und der Woke-Ideologie herrschende, oft übertriebene Kritik am Kolonialismus eine berechtigte Kritik daran unterdrückt. Manche vermeiden es lieber, mit Anhängern dieser kulturellen Bewegung und mit so fragwürdigen Konzepten wie der «Gender-Fluidität» in Verbindung gebracht zu werden. Wie dieser Mechanismus, satirisch verpackt, propagandistisch ausgeschlachtet werden kann, zeigte die israelische Sendung «Eretz Nehederet» («Wundervolles Land») am Wochenende.
Die Satiresendung, ein Pendant zur US-Show «Saturday Night Live», nahm die zunehmende Kritik gegenüber Israel an US-Hochschulen aufs Korn. Wie Haaretz berichtete, verspotteten die Satiriker pro-palästinensische Studenten als ahnungslose Hamas-Sympathisanten, die von der in Gaza ansässigen Organisation, die sie unterstützen, mit Verachtung betrachtet werden. Dabei handelt es sich um die übliche Technik, Kritik am israelischen Massenmord an Palästinensern als Unterstützung des Hamas-Terrors zu verunglimpfen.
In dem dreiminütigen Sketch werden pro-palästinensische Progressive an der fiktiven «Columbia Untisemity», die der New Yorker Columbia University nachempfunden ist, heftig kritisiert. Ein Paar von Campus-Aktivisten – einer von ihnen ein offensichtlich «Gender-fluider» Student, der eine pinke arabische Kefije trägt – prahlte damit, dass ihre Universität für jeden im LGBTQH-Spektrum offen ist. Das H, erklärte der Kefije-Träger, stehe für die Hamas. Er stehe total auf die Hamas, sie sei «gerade so angesagt».
Dann brachen beide in einen Sprechgesang «vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein» aus, eine politische Parole an pro-palästinensischen Kundgebungen. Sie prangerten zudem «zionistische Lügner» an, die «giftige» Propaganda über die mehr als 220 von der Hamas als Geiseln gehaltenen Menschen verbreiteten. Trotzdem erklärte der Keffiyeh-tragende Student, er sei «nicht antisemitisch», sondern «rassistisch fluide».
Mit geteiltem Bildschirm sprechen die Studenten dann mit einem bewaffneten Hamas-Mann, der sich in einem Tunnel unter einem Krankenhaus im Gazastreifen versteckt hält und erklärt, dass er mehr Raketen braucht, worauf der Student antwortet: «Solange sie biologisch sind». Der Bewaffnete zeigt sich dennoch unbeeindruckt, lädt den Studenten nach Gaza ein und verspricht, «dich vom Dach zu werfen, du homosexueller Dreck». «Hast du das gehört? Sie wollen mir eine Dachparty schmeissen», antwortete der Student erfreut.
Haaretz geht auf die zunehmende Kritik gegenüber Israel an US-Universitäten ein. Auch würden jüdische Studenten bedroht. Heftig kritisiert worden sei die Columbia University, weil rund 130 Fakultätsmitglieder einen offenen Brief unterzeichnet hatten, in dem sie das Massaker vom 7. Oktober als «Militäraktion» bezeichneten. Sie solidarisierten sich ausserdem mit den Studenten der Universität, die des Antisemitismus beschuldigt wurden, weil sie die Aktionen der Hamas als legitime Form des Widerstands gegen den «Siedlerkolonialismus» darstellten.
Erklärungen von Studentengruppen an Elite-Institutionen wie Harvard und der New York University zur Verteidigung der Hamas haben Haaretz zufolge besondere Empörung ausgelöst. Die Präsidentin der NYU Student Bar Association habe nach dem Anschlag ihre «unerschütterliche und absolute Solidarität mit den Palästinensern in ihrem Widerstand gegen Unterdrückung» erklärt.
In Stanford seien jüdische Studenten Berichten zufolge von einem Dozenten aufgefordert worden, sich in den hinteren Teil des Klassenzimmers zu begeben, damit sie wissen, wie es ist, Palästinenser zu sein. Die Zeitung merkt beispielsweise auch an, dass In Berkeley den Studenten zusätzliche Punkte für die Teilnahme an einer Campus-Bewegung gegen die «koloniale Besetzung des Gazastreifens durch Siedler» angeboten wurden.
Israelische Universitäten haben gemäss Haaretz mit Empörung reagiert und ihre US-amerikanischen Kollegen dafür kritisiert, dass sie nicht angemessen auf Solidaritätsbekundungen mit Hamas-Terroristen an ihren Eliteeinrichtungen reagieren.
Die Zeitung berichtet auch über eine weitere Sendung von «Eretz Nehederet», in der die BBC für ihre Berichterstattung über eine Explosion im al-Ahli-Krankenhaus in Gaza verspottet wurde. Israel, die USA und andere Regierungen führen sie auf eine fehlgeleitete palästinensische Rakete zurück. Die Hamas und arabische Länder geben Israel die Schuld (wir berichteten).
In dem Sketch wird die von der Hamas angegebene doch von Israel bestrittene grosse Anzahl von Todesopfern belächelt. Es ist von der «illegalen Kolonie Tel Aviv» die Rede. Auch werden die «Beweise» der Hamas, «der glaubwürdigsten Terrororganisation der Welt» als offensichtlich manipuliert dargestellt. Dann gibt es einen Bezug zu Verschwörgstheorien über jüdisches Vorwissen über die Anschläge vom 11. September 2001.
Gemäss Haaretz haben israelische Regierungssprecher die BBC für ihre Berichterstattung scharf kritisiert und ihr vorgeworfen, «Hamas-Propaganda wiederzukäuen». Im vergangenen Monat seien mehrere BBC-Reporter inoffiziell suspendiert worden. Ihnen sei vorgeworfen worden, die Angriffe der Hamas auf Israel in den sozialen Medien gelobt zu haben. Mehrere Personen, die mit dem arabischen Sender der BBC verbunden sind, hätten gemeint, dass die zivilen Opfer nicht als unschuldige Zivilisten angesehen werden sollten.