Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zu journalistischer Sorgfalt verpflichtet. Er muss sein Programm nicht nur auf grösstmögliche Objektivität, sondern den Inhalt aufgestellter Behauptungen auf deren Wahrheit überprüfen. (...)
Doch ARD, ZDF, SRF und ORF und ihre Regionalsender halten sich immer weniger daran. Als ein Beispiel von vielen steht hierfür ein WDR-Beitrag über ein geplantes Auftrittsverbot des Historikers Daniele Ganser: Das Machwerk wimmelt nur so von ungeprüften Behauptungen und Diskreditierungen. Nicht einmal journalistische Minimalstandards wurden eingehalten. (...)
Der Journalistin Susan Bonath kommt der Verdienst zu, dies kürzlich detailliert am Beispiel des Schweizer Historikers aufgezeigt zu haben: Die öffentlich-rechtlichen Medien haben sich längst vom Journalismus verabschiedet – ausgehend von ihrem Beitrag will ich aufzeigen, wie heutzutage abweichende Meinungen bekämpft werden.
Offensichtlich haben ARD und Co. (…) die Qualität zugunsten ihrer eigenen politischen Agenda vollständig geopfert. Die Interessen der Bevölkerung vertreten sie mit ihrer Agenda garantiert nicht. Der Bericht kommt getarnt als Journalismus daher, ist aber nichts anderes als Propaganda.
Diskreditieren mit Totschlagwaffen und -argumenten
Es geht um ganz Grundsätzliches, das noch vor dem Gebot grösstmöglicher Objektivität, Unparteilichkeit und der Wahrung von Meinungsvielfalt steht. Schon aus Gründen der Berufsehre sollte sich jeder Journalist daran halten.
So heisst es im Paragrafen 19 des Medienstaatsvertrags: «Nachrichten sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.»
In seinem Beitrag vom 6. Februar «berichtete» der WDR über ein medial und politisch erwirktes Auftrittsverbot des Schweizer Historikers Daniele Ganser in den Dortmunder Westfalenhallen. Es sind nicht die einzigen Auftrittsverbote.
Wie sie zustande kommen, davon kann der Autor ein Liedchen singen... Allerdings weichen die Autoren Christof Voigt und Till Krause schon in der Überschrift von journalistischen Grundprinzipien ab. Sie diskreditieren Ganser sehr persönlich, ohne nachfolgend einen Beleg anzuführen. Sie titeln: «Verschwörungserzähler Ganser: Auftritt in Dortmund abgesagt.» (Hier finden Sie den Beitrag, hier das Video.)
Seit Jahren diskreditieren politische Meinungsführer ihre Gegner mit der «Totschlagkeule», sie würden Verschwörungstheorien oder -erzählungen verbreiten. Darunter subsumieren sie in der Regel nicht nur Verbreiter von Fantasiegeschichten, etwa über eine flache Erde (wobei auch das erlaubt sein muss), sondern wirklich alles, was den Verlautbarungen der Regierenden widerspricht.
So auch hier: Die vermeintlichen «Verschwörungserzählungen» verbreitete der Historiker zu «9/11 und Corona», heisst es weiter unten. Nun strotzt die jüngere Geschichte nur so von bewiesenen Lügen der Herrschenden. Stichwort: Brutkastenlüge, Massenvernichtungswaffen, Salomon-Building (drittes eingestürztes Gebäude bei 9/11), Solidaritätsgedusel im Sinne von «Impfung schützt vor Ansteckung».
Man benötigt keine Matura, um zu erahnen, dass auch die offiziellen Erzählungen über die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA sowie über die Corona-Pandemie zahlreiche logische und brandgefährliche Lücken aufweisen.
Doch wer an der offiziellen Version zu zweifeln wagt, wird mit dem Totschlagargument «Verschwörungserzähler» ins Reich der «nicht ganz Zurechnungsfähigen», sogar der «Geisteskranken» verbannt. Bei Ärzten stellt man sogar die Berufsausübungsfähigkeit in Zweifel, kürzlich im Kanton Zürich geschehen (wir haben darüber berichtet).
Es folgen die Konklusionen paranoiden Denkens: Wer an Regierungsgeschichten zweifelt, also «Verschwörungstheorien verbreitet», sei nicht nur «nicht ganz dicht», sondern automatisch rechtsextrem, Antisemit, Rassist und demnach ausgesprochen gefährlich.
Dazu passt auch die neben den Dortmunder Stadträten Ingrid Reuter (Grüne) und Uwe Wassmann (CDU) einzige Referenzquelle des WDR: Ein «Dortmunder Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus».
Dieses Netzwerk gründete sich 2019 als «Kind» der städtischen Politik, wie aus dessen Grundsatzerklärung hervorgeht. Was genau «antisemitische Ressentiments» sein sollen, definiert es demzufolge nach den Vorgaben der Bundesregierung. Auch «Antiimperialismus» zählt es dazu. Dies gründet auf der Fehldeutung, die NSDAP unter Hitler sei eine antiimperialistische Partei gewesen, weil sie jüdische Kleinkapitalisten enteignete. (…)
Vom Kritiker gleich und direkt zum «Nazi»
So reiht sich Schlussfolgerung an Schlussfolgerung: Der WDR lässt einen gewissen Micha Neumann, Mitglied des Dortmunder Netzwerks, frei von der Leber weg fabulieren, ohne auch nur einmal nachzuhaken oder selbst zu recherchieren, ob dessen Behauptungen denn stimmen.
Neumann nannte Ganser etwa einen «Star der verschwörungsideologischen Szene» (Was ist das eigentlich? Wer ist dort dabei?). Als solcher setzte er, laut den Autoren, in einem niederländischen Dokumentarfilm «die von ihm wahrgenommene ‹Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft› mit der Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Dritten Reich gleich».
Die Behauptung ist für den Leser oder Hörer nicht nachprüfbar, denn den Film mit der angeblichen Gleichsetzung hat der WDR nicht verlinkt. (…) Die WDR-Autoren lassen es bei dieser vagen Andeutung und bauen weiter darauf auf: Ganser, so zitieren sie Neumann genauso ungeprüft, relativiere damit (womit genau?) «den mörderischen Antisemitismus des NS-Regimes und verharmlost die Shoah».
Dies sei «eine Ausdrucksform des Antisemitismus». Bereits zu Beginn des Textes haben die Autoren den Leser auf solche Aussagen vorbereitet. Da heisst es:
«Kritiker werfen ihm [Ganser, der Autor.] die Verbreitung von Verschwörungsmythen und Rassismus vor.» Rassismus bei Ganser? Daran mag man alleine schon erkennen, dass die Autoren keine Ahnung vom Schaffen Gansers haben, davon aber eine grosse Menge.
Kurz gesagt: Weil Ganser die offizielle Regierungspropaganda zu 9/11, zu Corona und das Ukraine-Kriegsnarrativ nicht eins zu eins teilt, es sogar wagt, ihr/ihm zu widersprechen, verbreite er nicht nur «Verschwörungsmythen», sondern auch «Rassismus» und «Antisemitismus». (…)
Menschen, die Frieden fordern, sind gefährlich!
Es betrifft aber nicht nur Ganser, sondern viele andere mehr: Alle, die es wagen, den Kopf und ihre Stimme zu erheben. A propos wagen: Sahra Wagenknecht, die kaum rechts anzusiedeln ist, und Alice Schwarzer, auch nicht gerade als Anhängerin des Nazi-Kultes bekannt (…), haben ein Manifest für den Frieden lanciert.
Dieses wurde rasch von mehr als einer halben Million Menschen unterzeichnet. Ich bin sicher: Alles Nazis oder zumindest Sympathisanten der (…) Querfröntler, Reichsbürger, Ex-Covidioten.
Am 25. Februar hat Sahra Wagenknecht eine brillante 20-minütige Rede im Schneetreiben in Berlin an der Friedensdemo gehalten.
Ein Spiegel-Kolumnist schreibt unter dem Titel: «Die Friedensschwurbler wollen hauptsächlich Frieden für sich selbst», folgenden Header:
«Eine deutsche Querfront (!) verlangt von der Ukraine, sich mit ihren Mördern und Vergewaltigern zu arrangieren. Dahinter stecken Selbstbesoffenheit und Egoismus.»
Geht’s noch schlimmer? Jawohl, es geht: Hugo Müller-Vogg «anal-ysiert» auf Focus Online folgendes: «Ihre perfide Methode macht Wagenknecht zur gefährlichsten Frau Deutschlands!». Eine Anal-yse, die wirklich für den Allerwertesten ist.
Haben sie Angst?
Wer zu solchen Fouls von hinten mit gestreckten Beinen greifen muss, hat Angst. Und ja, sie haben Angst vor uns, den angeblichen Querfröntlern und, noch schlimmer, Wutbürgern. Und darum versuchen sie, uns Angst zu machen: Nach dem Corona-Virus gleich die Putin-Bazille.
Der Übergang erfolgt fast nahtlos, wie praktisch: Im Facebook-Kontobild kann man schnell von «Ich bin geimpft» zur Ukraine-Flagge und «Ich bin Ukrainer» switchen.
Zum Schluss nochmal, weil es abgrundtief und grottenschlecht absurd ist: Eine Frau, die Verhandlungen für den Frieden einfordert, wird zur gefährlichsten Frau der Republik: Ich fasse es nicht. Aber: Man hat nie ausgelernt und es gibt milderne Umstände:
Es herrscht Fachkräfte-Mangel, auch bei den Journalisten. Die müssen alles nehmen, was des Weges kommt. Alles, was etwas mehr beherrscht als das Schlürfen von Buchstaben-Suppen. Schreibende Pantoffeltierchen – nur viel gefährlicher.
Aber: Wenn die Sonne der Schreibkultur tief steht, werfen auch journalistische Giftzwerge lange Schatten.
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Dies ist der leicht gekürzte Newsletter von Marco Caimi, Arzt, Kabarettist, Publizist und Aktivist. Aus Zensurgründen präsentiert er seine Recherchen nebst seinem YouTube-Kanal Caimi Report auf seiner Website marcocaimi.ch. Caimis Newsletter können Sie hier abonnieren.
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