Anfang Mai berichteten wir, dass hochverarbeitete «Lebens»mittel, auf Englisch «ultra-processed foods» (UPF), laut einer Studie sogar mehr Todesfälle verursachen als die «Zombie-Droge» Fentanyl – ein künstlich hergestelltes Opioid, das ca. 100-mal stärker wirkt als Morphin und 50-mal stärker als Heroin. Und Mitte März war eine Untersuchung erschienen, der zufolge der Verzehr hochverarbeiteter Speisen das Risiko für schwerste Krankheiten wie Herzattacken, Krebs oder mentale Störungen drastisch erhöht (TN berichtete ebenfalls).
Dies erscheint besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass in einem Land wie Kanada zum Beispiel hochverarbeitete «Lebens»mittel 43,4 Prozent der gesamten täglichen Energiezufuhr bei Erwachsenen im Alter von 20 Jahren und älter ausmachen (siehe hier). Und wie der Mediziner Joseph Mercola in seinem Substack-Account Dr. Mercolas Censored Library jetzt unter Berufung auf einen NPR-Beitrag berichtet, besteht sogar fast 70 Prozent der Ernährung von Kindern in den USA aus hochverarbeiteten «Lebens»mitteln, die mit sogenannten endokrinen Disruptoren (EDCs) – also Stoffen, die das Hormonsystem negativ beeinflussen – wie künstlichen Farbstoffen, Konservierungsmitteln, Bisphenol A (BPA), Phthalaten und künstlichen Süßstoffen belastet sind. In anderen Industrieländern wie Deutschland zeigen Untersuchungen ebenfalls, dass viele Kleinkinder bereits zu Hause im Vorschulalter sehr viele «ungünstige Lebensmittel» wie Süßigkeiten und Softdrinks konsumieren.
Und das Gravierende ist nicht nur, dass diese EDCs – was für «endocrine-disrupting chemicals» steht – Gesundheitsgefahren bergen, sondern auch, dass eine frühe Exposition gegenüber ihnen das Belohnungssystem des Gehirns so verändert, dass dies zu einer lebenslangen Vorliebe für ungesunde Lebensmittel führen und damit Gewichtszunahme und Stoffwechselprobleme begünstigen kann. So wurde kürzlich auf der ENDO 2025, der Jahrestagung der Endocrine Society, eine Studie vorgestellt, bei der Forscher der University of Texas in Austin untersucht hatten, wie die frühe Exposition gegenüber EDCs die Nahrungsvorlieben und das langfristige Essverhalten verändert.
Dabei hatte das Team 15 männliche und 15 weibliche Ratten einem EDCs-Cocktail ausgesetzt. Anschließend beobachteten sie die Ratten über deren gesamte Lebensspanne genau und untersuchten, wie diese Chemikalien ihre Nahrungswahl beeinflussten, als sie das Erwachsenenalter erreichten. Ergebnis:
- EDCs veränderten die Verdrahtung der Gehirne der Ratten, genauer gesagt deren Belohnungsbahnen. Dabei handelt es sich um Bereiche des Gehirns, die beim Verzehr bestimmter Lebensmittel Glücksgefühle auslösen und sie motivieren, diese Lebensmittel weiterhin zu wählen. Bei Ratten, die früh diesem EDCs-Cocktail ausgesetzt waren, zeigten Gehirnanalysen signifikante Veränderungen der Genexpression in diesen Belohnungsbereichen.
- EDCs stören den Hormonhaushalt. Bei männlichen Ratten wurden im Zuge der Verabreichung des EDCs-Cocktails zusätzliche biologische Effekte beobachtet, insbesondere eine deutliche Senkung des Testosteronspiegels. Testosteron ist ein wichtiges Hormon, das Muskelwachstum, Energieniveau, Stimmung und sogar die Gewichtsregulierung beeinflusst. Ein reduzierter Testosteronspiegel führt häufig zu Fettleibigkeit, weniger Energie und Stoffwechselstörungen.
In einer anderen Arbeit wurden die verborgenen Auswirkungen verschiedener Zusatzstoffe wie künstliche Farbstoffe, Konservierungsmittel, Weichmacher wie Bisphenol A (BPA), Phthalate und künstliche Süßstoffe auf das endokrine System des Körpers untersucht. Dazu Mercola:
«Das alarmierende Ergebnis der Studie ist, dass die Exposition gegenüber EDCs nicht selten oder gelegentlich vorkommt, sondern für die meisten Menschen täglich vorkommt. Die regelmäßige Einnahme dieser Zusatzstoffe beeinträchtigt den Hormonhaushalt und beeinflusst wichtige Prozesse im Körper wie die Schilddrüsenfunktion, die Fortpflanzungsgesundheit und den Stoffwechsel.
Unter den untersuchten Zusatzstoffen stachen künstliche Lebensmittelfarbstoffe wie Tartrazin und Erythrosin hervor. Beide werden häufig verwendet, um das Aussehen von hochverarbeiteten Snacks, Müslis, Süßigkeiten und Getränken zu verbessern. Darüber hinaus stören diese Farbstoffe die Schilddrüsenhormone erheblich. Es wurde gezeigt, dass Erythrosin die Bindung von Schilddrüsenhormonen an ihre Rezeptoren beeinflusst, die für eine normale Schilddrüsenhormonsignalisierung notwendig sind. Durch die Störung dieses Prozesses kann Erythrosin die Regulierung der Genexpression und anderer physiologischer Prozesse stören, die durch Schilddrüsenhormone gesteuert werden.»