Menschen, die während des ersten britischen Lockdowns von März bis September 2020 die Covid-Regeln am striktesten befolgten, leiden laut einer Studie der Universität Bangor in Wales nach wie vor am stärksten an Stress, Angstzuständen und Depressionen. Darüber berichtet der Guardian.
An der Studie nahmen 1729 Personen teil. Diese wurden befragt, inwieweit sie sich während des ersten UK-weiten Lockdowns an die Regeln gehalten haben. Zudem wurden sie von Februar bis Mai 2023 auf Stress, Angst und Depressionen untersucht.
Die Forscher stellten fest, dass sich Menschen mit «gemeinschaftlichen Persönlichkeiten, die eher fürsorglich, sensibel und sich der Bedürfnisse anderer bewusst sind», am striktesten an die Lockdown-Protokolle hielten. Menschen mit «agierenden Persönlichkeiten, die unabhängiger und wettbewerbsorientierter sind und gerne die Kontrolle über ihr Leben haben», hätten dagegen am seltensten diese Verhaltensweisen gezeigt.
«Gemeinschaftliche» Personen wiesen den Forschern zufolge die höchsten Werte für eine anhaltende Beeinträchtigung ihres psychischen Wohlbefindens auf. Die «agierenden» konnten sich dagegen besser vom Lockdown erholen.
«Je mehr sich Personen während des Lockdowns an die gesundheitlichen Ratschläge hielten, desto schlechter ging es ihnen nach dem Lockdown», schlossen die Forscher.
Der Grund:
«Während der gesamten Pandemie wurden Informationskampagnen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Menschen weiterhin die Regeln befolgen. Als die Pandemie vorbei war, gab es jedoch keine Informationskampagne, um allen einen sicheren Übergang zurück zur Normalität zu ermöglichen.»
Die Angst und das Trauma, das durch die «Pandemie» verursacht wurde, habe dauerhafte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit vieler Menschen, erläutern die Autoren der Studie. Doch bei einigen habe sich dies «durch den Verlust der sozialen Solidarität noch verschlimmert, weil sie mit ansehen mussten, wie andere sich nicht an die gleichen Beschränkungen hielten».
Nach Ansicht von Experten sei der weit verbreitete Schaden, den der Covid-Lockdown der psychischen Gesundheit in Grossbritannien zugefügt habe, der Hauptgrund dafür, dass die Nachfrage nach psychologischen und psychiatrischen Diensten des NHS in den letzten Jahren stark angestiegen sei, informiert der Guardian.
Die anhaltend schlechte psychische Gesundheit von Menschen, die sich an die Regeln hielten, sei «zutiefst beunruhigend», wird der Thinktank des Centre for Mental Health zitiert.
Künftige Werbekampagnen der Regierung für die Gesundheit, mit denen man das Verhalten der Menschen ändern wolle, müssten deshalb die verschiedenen Persönlichkeitstypen in der Bevölkerung berücksichtigen, fordert die Studie. Die Kampagnen müssten die persönlichen Vor- und Nachteile hervorheben, nicht nur die Verantwortung gegenüber anderen.
**********************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2022 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:
Kommentare