Der aufschlussreichste Aspekt der Gespräche zwischen den USA und der Ukraine am Dienstag in Dschidda war laut dem Informationsanalytiker und Publizisten Sergej Poletajew nicht das Treffen selbst, sondern vielmehr die Reaktion der westeuropäischen Staats- und Regierungschefs. In einem Beitrag auf Kommersant, den RT ins Englische übersetzt hat, argumentiert er, dass die Beamten gezwungen waren, die «angeblichen Friedensbemühungen» Washingtons zähneknirschend zu loben. Angeführt von EU-Chefin Ursula von der Leyen hätten sie praktisch um einen Platz am Verhandlungstisch gebettelt. «Doch den werden sie nicht bekommen». Poletajew weiter:
«Seit einem Monat tobt ein Kampf zwischen den europäischen Globalisten und Donald Trump um die Frage, wer das Vorgehen des Westens in der Ukraine bestimmen wird. Das Ergebnis der Gespräche in Dschidda macht deutlich: Die Europäer haben diesen Kampf verloren.»
Brüssel und seine Verbündeten hätten die Ukraine weiterhin mit Waffen und Finanzmitteln in einem langwierigen Kampf gegen Russland versorgen und gleichzeitig versuchen wollen, Washington mitzuziehen. Es sei darum gegangen, die Führung der «globalistischen Agenda» zu übernehmen, die Joe Biden entglitten gewesen sei. Emmanuel Macron, «der unruhigste unter ihnen», habe verschiedene unrealistische Initiativen vorgeschlagen – von der Entsendung westeuropäischer Truppen unter dem Deckmantel von Friedenstruppen bis hin zu Vorschlägen für einen teilweisen Waffenstillstand und andere Halbheiten. Der Publizist erläutert:
«Trump hat jedoch keinen Hehl aus seiner Verachtung für diese Gruppe gemacht. Für ihn sind die liberalen Interventionisten, die auf einen endlosen Krieg in der Ukraine drängen, ideologische Gegner. Da die Ukraine in den letzten drei Jahren das Herzstück der westlichen Außenpolitik war, war die Loslösung Kiews von seinen europäischen Schutzherren ein entscheidender Schritt für Trumps Team in seinem allgemeinen Kampf gegen die globalistische Elite.»
Durch die Demütigung in Washington, die vorübergehend eingestellten Informationen der US-Geheimdienste und die drastisch reduzierten Waffenlieferungen habe Selenskyj schließlich politisch kapituliert.
Im Telefongespräch Trumps mit Putin habe der US-Präsident wahrscheinlich den Wunsch nach einem schnellen Friedensabkommen geäußert und sich nach Russlands Bedingungen erkundigt. Putin habe vermutlich Moskaus langjährige Forderungen bekräftigt und Trump wohl die entscheidende Frage gestellt: Kann er garantieren, dass die Ukraine und Europa sich an eine Vereinbarung halten?
Anscheinend hätten sich Moskau und Washington auf einen ersten Rahmen für ein Friedensabkommen geeinigt, der keine militärischen Garantien für die Ukraine, keinen Weg zur NATO-Mitgliedschaft und einen Wechsel an der Spitze Kiews beinhalte, erklärt Poletajew. Trump scheine zuversichtlich zu sein, dass er eine Einigung mit Putin erzielen, Kiew zum Einlenken bewegen, die Europäer beiseite schieben und einen dauerhaften Frieden sichern könne – und damit seinen Status als globaler Friedensstifter festige. «Doch die Realität ist komplizierter»:
«Erstens kennen wir weder die genauen Bedingungen, die Putin und Trump besprochen haben, noch wissen wir, ob beide Führer sie auf dieselbe Weise interpretieren. Der Teufel steckt immer im Detail, und Verhandlungen zwischen Moskau und Washington sind nie einfach.
Zweitens, und das ist noch entscheidender, ist Zelenskys Bekenntnis zu Trump keine Garantie für echte Loyalität. Ein Friedensabkommen zu den Bedingungen Russlands würde den Zusammenbruch des modernen ukrainischen Nationalismus und unweigerlich die langsame Demontage des ukrainischen Staates in seiner jetzigen Form bedeuten.»
Selenskyj habe bereits das letzte Jahr damit verbracht, sich den Friedensbemühungen zu widersetzen, auf militärische Garantien zu drängen und sich an Westeuropa zu klammern, in der Hoffnung, den Krieg zu verlängern. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass er diese Instinkte plötzlich aufgegeben hat. Der logischste Weg für Kiew sei jetzt, öffentlich zu kooperieren und gleichzeitig privat jede Vereinbarung zu untergraben, um Zeit zu gewinnen, in der Hoffnung, dass Trump ausmanövriert werden kann oder dass die europäische Unterstützung wieder auflebt.
Der Publizist erachtet es als unwahrscheinlich, dass die EU und das Vereinigte Königreich tatenlos zusehen werden. Macron und andere würden zweifellos hinter den Kulissen daran arbeiten, die Ukraine am Leben zu erhalten und eine politische und finanzielle Verbindung zu Kiew aufrechtzuerhalten, während sie auf eine Gelegenheit warten würden, den Kurs zu ändern. Ihre Strategie sei klar: Trump hinhalten und auf eine neue US-Regierung im Jahr 2029 hoffen, die den Konflikt neu entfachen wird. Poletajew schließt:
«Der Kreml hat diese Art der westlichen Täuschung schon einmal erlebt. Wenn Moskau irgendetwas aus den vergangenen Verhandlungen gelernt hat, wird es sicherstellen, dass jede Vereinbarung, die dieses Mal getroffen wird, hieb- und stichfest ist und der Ukraine oder ihren europäischen Gönnern keinen Raum lässt, sich zu befreien.
Die Gespräche in Dschidda markieren einen Wendepunkt. Die Ukraine wird den Händen der westeuropäischen Eliten entrissen und fest in Trumps Hand gelegt. Ob dies zu einer wirklichen Friedensregelung führt – oder nur zu einer neuen Phase im geopolitischen Schachspiel – bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass Brüssel und London ihre Kontrolle über die Ukraine verloren haben.»
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