In einem Meinungsartikel hat sich die New York Post über die immer offensichtlichere und dreistere Online-Zensur in den USA und dem Rest der Welt beschwert.
«Seit der Covid-Pandemie haben autoritäre Kräfte in den USA und auf der ganzen Welt auf zynische Weise die Behauptung der ‹Desinformation› benutzt, um normale Menschen zu zensieren und abweichende Meinungen zu unterdrücken – von der Wirksamkeit von Masken und Impfstoffen bis hin zum Krieg in der Ukraine, der Situation im Nahen Osten und Hunter Bidens Laptop», schreibt die Zeitung.
Unabhängig von ihrer politischen Einstellung stelle diese neue Form der Sprachkontrolle eine Bedrohung für die Bürger dar. Denn nur wenn wir in einer sich rasch zersplitternden Welt frei debattieren könnten, sei es möglich, Meinungsverschiedenheiten zu lösen, ohne auf Gewalt zurückzugreifen.
In diesem Rahmen verweist die New York Post auf eine Gruppe von 136 Akademikern, Historikern und Journalisten von der linken, rechten und mittleren Seite des politischen Spektrums. Sie haben sich zusammengetan, um Präsident Biden zu warnen, dass dieses schnell wachsende Zensurregime «die Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie untergräbt».
In ihrer «Westminster-Erklärung», die am vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde, konstatiert die internationale Gruppe, dass der beste Weg zur Bekämpfung tatsächlicher Desinformation die freie Meinungsäusserung sei.
«Ein offener Diskurs ist die zentrale Säule einer freien Gesellschaft und unerlässlich, um Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, gefährdete Gruppen zu stärken und die Gefahr der Tyrannei zu verringern (...) Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einer Welt aufwachsen, in der sie Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen.»
Zu der vielseitigen Gruppe, die die Erklärung zum Kampf gegen Zensur unterzeichnet hat, gehören der kanadische Psychologe Jordan Peterson, der britische Biologe Richard Dawkins, der Sozialpsychologe Jonathan Haidt von der New York University, der australische Gründer von WikiLeaks Julian Assange, der Schauspieler Tim Robbins, der Evolutionsbiologe Bret Weinstein, der Wirtschaftswissenschaftler Glenn Loury, der Filmemacher Oliver Stone, Whistleblower Edward Snowden, der britische Komiker John Cleese, der slowenische Philosoph Slavoj Žižek, der britische Journalist Matt Ridley, der Stanford-Professor Jay Bhattacharya, der Harvard-Professor für Medizin Martin Kulldorf, der australische Journalist Adam Creighton, der französische Wissenschaftsjournalist Xavier Azalbert und der deutsche Filmemacher Robert Cibis.
Zu den Unterzeichnern gehören auch zwei der unabhängigen Journalisten, die für die Twitter Files verantwortlich sind, Michael Shellenberger und Matt Taibbi. Sie haben vor dem Kongress über das, was sie den «zensurindustriellen Komplex» nennen, ausgesagt.
Die Westminster-Erklärung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem in der EU bereits der Digital Service Act greift, mit dem ein erweitertes Zensurregime auf Social-Media-Plattformen und Suchmaschinen, darunter X, Google oder Facebook, ermöglicht wird.
Die Gruppe ist «zutiefst besorgt über die Versuche, Worte wie ‹Fehlinformation›, ‹Desinformation› und andere schlecht definierte Begriffe als Waffe einzusetzen».
«Überall auf der Welt arbeiten staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und NGOs zunehmend daran, die Bürger zu überwachen und sie ihrer Stimme zu berauben», so die Unterzeichner.
Für diese Zensurmassnahmen führen sie Beispiele auf der ganzen Welt an:
- In Indien und der Türkei haben die Behörden «die Macht ergriffen, politische Inhalte aus den sozialen Medien zu entfernen».
- Der Gesetzgeber in Deutschland und der Oberste Gerichtshof in Brasilien «kriminalisieren die politische Rede».
- Irlands «Hate Speech»-Gesetz, Schottlands «Hate Crime»-Gesetz, Grossbritanniens «Online Safety»-Gesetz und Australiens «Misinformation»-Gesetz drohen alle, «die Meinungsäusserung stark einzuschränken und einen abschreckenden Effekt zu erzeugen».
- In den USA herrschen subtilere Methoden der Zensur vor, darunter die Filterung der Sichtbarkeit, die Kennzeichnung und die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen.
Durch Deplatforming und Flagging hätten die Zensoren der sozialen Medien bereits rechtmässige Meinungen zu Themen von nationaler und geopolitischer Bedeutung zum Schweigen gebracht. Sie hätten dies mit der vollen Unterstützung von «Desinformationsexperten» und «Faktenprüfern» in den Mainstream-Medien getan, «die die journalistischen Werte der Debatte und intellektuellen Untersuchung aufgegeben haben».
Obendrein würde man Agenturen, die die Bedrohung durch ausländische Desinformation bekämpfen sollten, wie die US-Behörde für Cybersicherheit und Infrastruktursicherheit, «zunehmend gegen die Öffentlichkeit» einsetzen.
«Unter dem Deckmantel, Schaden zu verhindern und die Wahrheit zu schützen, wird die freie Rede eher als eine erlaubte Aktivität und nicht als ein unveräusserliches Recht behandelt».
Die Unterzeichner warnen auch davor, dass Politiker und NGOs verschlüsselte Messaging-Apps wie WhatsApp, Signal und Telegram ins Visier nehmen wollen.
«Wenn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gebrochen wird, haben wir keine Möglichkeit mehr, authentische private Gespräche in der digitalen Sphäre zu führen.»
In der Erklärung heisst es zudem, Zensur sei letztlich kontraproduktiv:
«Sie sät Misstrauen, fördert die Radikalisierung und entlegitimiert den demokratischen Prozess. Im Laufe der Menschheitsgeschichte waren Angriffe auf die Meinungsfreiheit immer ein Vorläufer für Angriffe auf alle anderen Freiheiten, und Regime, die die Meinungsfreiheit zerstören wollen, haben immer auch versucht, die Demokratie zu zerstören. In dieser Hinsicht sind die Eliten, die heute auf Zensur drängen, nicht anders. Was sich jedoch geändert hat, sind das Ausmass und die technischen Mittel, mit denen Zensur durchgesetzt werden kann.»
Die Unterzeichner appellieren deshalb an die Technologieunternehmen, von der Zensur abzusehen, und an die Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, die durch die UN-Menschenrechtserklärung geschützte Meinungsfreiheit zu respektieren.
Eine Botschaft geht auch an die «zunehmend selbstgefällige Öffentlichkeit». Diese müsse das «Klima der Intoleranz» ablehnen, das zur Selbstzensur führe.
«Anstelle von Angst und Dogmatismus müssen wir Nachforschungen anstellen und Debatten führen.»
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