Das EU-Parlament will Kritik an Genderpolitik und anderen politischen Vorgaben mit Vergehen wie Terrorismus und Menschenhandel gleichstellen. Das berichtete der Journalist Norbert Häring in seinem Blog «Geld und mehr» am Donnerstag. Danach fordert eine Resolution des Parlaments, «Hassrede» als Straftat nach EU-Recht einzustufen.
Häring macht darauf aufmerksam, dass es sich um eine Kategorie handelt, «die nach EU-Vertrag ausdrücklich nur für schwerste Verbrechen wie Terrorismus und Kinderpornographie vorgesehen ist». Aus seiner Sicht wird damit nicht nur der EU-Vertrag, sondern auch der gesunde Menschenverstand «beispiellos missachtet».
«Wenn es nach dem EU-Parlament geht, führen Banner von Fussballfans, wonach es ‹nur einen lächerlichen DFB aber zwei Geschlechter› gebe, nicht mehr nur zu Geldstrafen des Deutschen Fussballbundes (DFB) gegen deren Verein, sondern die Verantwortlichen sollen nach EU-Vorgaben als Schwerkriminelle verfolgt werden. Denn so ein Banner wird als Hassrede gegen Trans-Menschen und Menschen interpretiert, die sich keinem der zwei traditionellen Geschlechter zugehörig fühlen.»
Der Journalist weist darauf hin, dass das EU-Parlament in dieser Sache keine Gesetzentwürfe einbringen kann. Deshalb habe eine Parlamentsmehrheit in einer am 18. Januar angenommenen Resolution den zuständigen EU-Rat zum Handeln aufgefordert.
In der Presseerklärung dazu heisst es unter anderem, der EU-Rat solle bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode einen Beschluss zur Aufnahme von Hassreden und Hasskriminalität in den Kreis der Straftaten im Sinne von Artikel 83 Absatz 1 AEUV (sogenannte «EU-Delikte») annehmen. Häring schreibt, dass der Blick in den erwähnten Artikel 83 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (landläufig: EU-Vertrag) Erstaunliches zeige.
Danach werden unter den betreffenden grenzüberschreitenden Verbrechen aufgezählt: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität. Je nach Entwicklung der Kriminalität könne der Rat einen Beschluss erlassen, in dem andere Kriminalitätsbereiche bestimmt werden, die die Kriterien dieses Absatzes erfüllen. Häring weiter dazu:
«Was die entweder völlig abgedreht oder desinteressierten Parlamentarier ignorieren: Dort ist von ‹schwerer Kriminalität› die Rede. Neu aufzunehmende Kriminalitätsbereiche müssen ebenfalls der Schwerkriminalität zuzurechnen sein.»
Das EU-Parlament habe dabei selbst erkannt, es gebe «derzeit keine umfassende gemeinsame rechtliche Definition von Hetze und Hasskriminalität». Somit handele es sich «um juristisch untaugliche, extrem dehnbare Begriffe», stellt der Journalist klar. Für jeden sei erkennbar, dass im EU-Vertrag hier grenzüberschreitende Waffenhandels- und Menschenhandels- und Geldwäscheringe sowie Terrornetzwerke gemeint seien, «nicht Menschen, die bezüglich der politischen Massnahmen zum Schutz von Minderheiten öffentlich eine von der staatlichen Linie abweichende Meinung vertreten».
Häring vermutet, dass es sehr wahrscheinlich zu entsprechenden Verurteilungen «allenfalls in den extremeren Fällen» kommen wird. Das sei auch nicht der Zweck der angestrebten Erweiterung.
«Viel tauglicher als für die Strafverfolgung ist diese Klassifizierung nämlich für die an private Plattformen ausgelagerte Zensur abseits des Rechtswegs. Mit jedem dehnbaren vorgeblichen Straftatbestand erweitert man diese Form von Zensur und stellt sie scheinbar auf solideren rechtlichen Boden.»
Die Wirkung wäre klar, betont der Journalist: «Jegliche öffentliche Diskussion über zum Beispiel Gender-Politik könnte so mit den Mitteln des Strafrechts unterbunden werden.»
Er bezeichnet es als «ein erschütterndes Armutszeugnis, dass nur 121 Abgeordnete dieser demokratiefeindlichen Resolution widersprochen haben und nur 26 sich enthielten». Das EU-Parlament habe damit «das Ausmass seiner Abgehobenheit» gezeigt und befördere «den schon sehr verbreiteten Unwillen gegen eine EU, die meint, sich in jeden Lebensbereich einmischen zu müssen». Häring erläutert:
«Solche Exzesse der Parlamentarier sind hilfreich, um die gesellschaftliche Basis für eine weitreichende Reform und Entmachtung eines übergriffigen, demokratiefernen Brüsseler Molochs zu legen. Sie machen auch Mut, weil die immer offenere Zensur kritischer und abweichender Meinungen ein starkes Indiz für die Verzweiflung und Ratlosigkeit des Establishments im steifen Gegenwind der öffentlichen Meinung ist.»