Im Jahr 2008 stürzte die Wirtschaft in den USA ab, weil Manager auf der Jagd nach grossen Gehältern waren. Diese Krise liess Millionen von Amerikanern obdachlos und arbeitslos zurück. Heute durchleben wir eine Zeit noch grösseren nationalen Leids.
Im Verlauf der Pandemie wurde uns immer wieder vor Augen geführt, wie wichtig die Arbeiterschaft an der vordersten Front ist. Dennoch müssen wir in unserem 27. Jahresbericht des Institute for Policy Studies Executive Excess Report festhalten, wie Aufsichtsräte an enormen Löhnen und Boni für die Unternehmensspitzen festhalten.
Mehr als die Hälfte der grössten US-amerikanischen Arbeitgeber im Niedriglohnbereich hat sich die Regeln zurechtgebogen, um die Gehälter der CEOs im letzten Jahr zu erhöhen. Und das, obwohl es nicht sie waren, die die grössten Risiken auf sich nahmen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, sondern diejenigen, die lebensnotwendige Arbeit verrichten.
Diese Art von Gier machte Familien der Arbeiterschaft schon vor der Covid-Krise das Leben schwer: Fast 40 Prozent der US-Amerikaner konnten bei einem Notfall keine 400 Dollar aufbringen. Während der Pandemie hat sich dieses Problem für die Durchschnittsfamilie zu einer Katastrophe entwickelt.
Seit Beginn der Pandemie haben es die Firmenchefs in den Vereinigten Staaten geschafft, den Reichtum der Milliardäre um mehr als eine Billion Dollar aufzublähen. Die Vergütungspraktiken der Unternehmen haben Wohlstand für einige wenige und Unsicherheit für viele gebracht.
Wir brauchen ein neues Modell für die amerikanische Wirtschaft. Steuerliche Anreize und andere politische Massnahmen könnten dabei helfen.
Unsere wichtigsten Erkenntnisse
Von den 100 S&P 500-Firmen (die 500 grössten börsennotierten US-Unternehmen) mit den niedrigsten Durchschnittslöhnen haben 51 im Jahr 2020 ihre eigenen Regeln zurechtgebogen, um die Gehälter der Führungskräfte in die Höhe zu treiben.
Zu den häufigen Manipulationen gehörten das Absenken von Leistungsgrenzen, um das Erreichen von Bonuszielen zu erleichtern; die Gewährung spezieller Boni; das Ausklammern schlechter Ergebnisse im zweiten Bewertungs-Quartal; und das Ersetzen leistungsbezogener Vergütung durch zeitbasierte Prämien.
Unter diesen 51 Unternehmen
- Lag die durchschnittliche CEO-Vergütung bei 15,3 Millionen Dollar, der Anstieg gegenüber 2019 beträgt 29 Prozent.
- Das Lohnverhältnis zwischen CEOs und Arbeitern betrug im Jahr 2020 durchschnittlich 830 : 1.
- Der Median der Mitarbeitervergütung lag 2020 bei durchschnittlich 28’187 Dollar, 2 Prozent niedriger als im Jahr 2019.
- Sechzehn Firmen schlossen 2020 mit roten Zahlen ab. Unter den Firmen, die ihre Bonus-Regeln frisierten, weisen diejenigen mit Verlusten ausgerechnet das höchste durchschnittliche CEO-Gehalt auf: 17.5 Mio. Dollar.
- Da Frauen und people of color einen grossen Anteil der Niedriglohnempfänger, aber einen winzigen Anteil der Unternehmensführer ausmachen, verstärken extreme Gehaltsunterschiede zwischen CEOs und Arbeitnehmern geschlechts- und ethnisch bedingte Ungleichheiten.
Extreme Gehaltsunterschiede verringern auch die Effektivität von Unternehmen. Jahrzehntelange Forschung untermauert die «Fair Wage-Effort Theory» von Finanzministerin Janet Yellen aus dem Jahr 1990, wonach grosse Gehaltsunterschiede die Arbeitsmoral und Produktivität der Mitarbeiter untergraben.
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im Folgenden einige Beispiele:
Carnival
Carnival, dem weltgrössten Kreuzfahrt-Anbieter , warf die Federal Reserve im April 2020 einen Rettungsring in Form von 6 Milliarden Dollar kostengünstiger Finanzierung zu. Aber im August sassen einige seiner Mitarbeiter immer noch auf Schiffen fest.
Noch im selben Monat gewährte der Vorstand von Carnival seinem CEO Arnold Donald eine Pandemie-spezifische «retention and incentive»-Aktienzuwendungen im Wert von über 5 Millionen Dollar.
Arnolds Gesamtvergütung für das Jahr 2020 belief sich auf 13,3 Millionen Dollar — das ist das 490-fache des Durchschnittslohns der Firmenmitarbeiter (27’151 Dollar).
Hilton Worldwide
Hilton-CEO Christopher J. Nassetta erhielt für 2020 ein Vergütungspaket von 55,9 Millionen Dollar — die höchste Kompensation unter den 100 S&P 500-Firmen mit den niedrigsten Medianlöhnen.
Nachdem Nassetta seine Leistungsziele nicht erreicht hatte, blähte der Hilton-Vorstand seinen Gehaltsscheck auf, indem er die beschränkten Aktienzuteilungen «modifizierte».
In der Zwischenzeit reduzierte Hilton seine weltweite Belegschaft von 173’000 auf 141’000 Mitarbeitende. Der Gehaltsscheck des CEO betrug indessen das 1953-fache des Durchschnittslohns der Mitarbeiter des Unternehmens (28’608 Dollar).
Coca-Cola
Keiner der Top-Manager des Softdrink-Herstellers erreichte im letzten Jahr seine Bonusziele, aber der Coca-Cola-Aufsichtsrat hat ihnen trotzdem sämtliche Boni gewährt.
Der Bonus von CEO James Quincey in Höhe von 960’000 Dollar, kombiniert mit neuen aktienbasierten Prämien, trieb sein Gesamtvergütungspaket auf über 18 Millionen Dollar — mehr als das 1600-fache des typischen Arbeiterlohns des Unternehmens.
Im Dezember 2020 kündigte Coca-Cola Pläne an, rund 2200 Stellen zu streichen, das sind 17 Prozent der Belegschaft. Der Gewinn von Coke sank im vergangenen Jahr um 13 Prozent. Etwa 1200 der Entlassungen werden US-Arbeiter treffen.
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