124 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben heute dem international verhandelten Pandemievertrag zugestimmt. Angebliches Ziel: Die Weltgemeinschaft besser auf künftige Pandemien vorbereiten und Fehler aus der «Corona-Zeit» vermeiden. Doch laut mehreren diplomatischen Quellen hat WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in den letzten Tagen massiv versucht, den Abstimmungsprozess zu verzögern oder in einem von den WHO-Satzungen nicht vorgesehenen Konsensverfahren abnicken zu lassen. Hintergrund: Der zunehmende Druck von Ländern und kritischen Stimmen, die den Vertrag als zu weitreichend oder unausgereift bewerten.
Dazu kam es dann nicht, denn trotz dieser Turbulenzen wurde der Vertrag heute im Rahmen der Weltgesundheitsversammlung (WHA) in Genf angenommen – ohne Gegenstimmen, jedoch mit elf Enthaltungen, darunter von Polen, Israel, Italien, Russland, der Slowakei und dem Iran. In der offiziellen Erklärung sprach Tedros dennoch von einem «Sieg für die Wissenschaft und die multilaterale Zusammenarbeit».
Der neue Pandemievertrag ist das Ergebnis von drei Jahren intensiver Verhandlungen zwischen über 190 Staaten. Er verpflichtet die Unterzeichnerländer zu einer besseren Pandemieprävention, unter anderem durch:
- Ausbau von Überwachungssystemen für potenzielle Erreger (auch im Tierreich)
- Sicherstellung des globalen Zugangs zu Impfstoffen, Medikamenten und Schutzausrüstung
- Freigabe von genetischen Erregerdaten für Forschung und Entwicklung
- Verpflichtungen für Pharmaunternehmen, zehn Prozent ihrer Impfstoffproduktion kostenlos an ärmere Länder abzugeben (PABS-System)
Außerdem sollen Lieferketten gesichert und durch Technologietransfer Produktionskapazitäten in ärmeren Ländern aufgebaut werden. Laut WHO soll so verhindert werden, dass bei der nächsten Pandemie wieder Chaos und Ungleichverteilung herrschen – wie in der «Corona-Zeit», als reiche Länder «Impf»stoffe horteten und ärmere monatelang auf Lieferungen warteten.
Gegner des Vertrags befürchten, die WHO könne künftig nationale Souveränität untergraben und Zwangsmaßnahmen wie Lockdowns oder Impfpflichten durchsetzen. Dem widerspricht die WHO: Der Vertrag enthalte keine Durchsetzungsmechanismen oder Sanktionen und binde nur Länder, die ihn ratifizieren. Artikel 22 des Textes schließe explizit direkte Eingriffe in nationale Gesetzgebung aus.
Mehrere WHO-Delegierte berichten laut diplomatischen Kreisen, dass Tedros intern vor einer «voreiligen Abstimmung» gewarnt und stattdessen für eine Verlängerung der Verhandlungen plädiert habe. Auch hätten einzelne Staaten wie Brasilien oder Südafrika noch Nachverhandlungen über Finanzierungszusagen und Technologietransfer gefordert. Diese Versuche scheiterten jedoch am wachsenden Konsens unter den meisten Staaten, dass der Vertrag – trotz offener Detailfragen – ein wichtiger Schritt sei, um global vorbereitet zu sein.
Einige technische Anhänge, etwa die konkrete Ausgestaltung des PABS-Systems, müssen noch ausgehandelt werden. Der Vertrag tritt erst in Kraft, wenn mindestens 60 Mitgliedstaaten ihn ratifizieren. Inzwischen haben die USA und Argentinien ihren Austritt aus der WHO angekündigt – was das Vorhaben zusätzlich belastet.
Die zivilgesellschaftliche Organisation CitizenGO berichtet, dass ihre drei Protestbusse mit Anti-Pandemievertrag-Botschaften an der französisch-schweizerischen Grenze festgehalten und anschließend aus dem Kanton Genf verbannt wurden – trotz vorliegender Genehmigungen. Die Polizei soll laut Aussage der Organisation mit Verzögerungstaktiken und Drohungen gegen den Protest vorgegangen sein. Die Aktivisten werten das als gezielten Versuch, ihre Meinungsfreiheit zu unterdrücken und kritische Stimmen gegen den WHO-Pandemievertrag zum Schweigen zu bringen. Trotz der Hindernisse kündigt CitizenGO weitere Protestaktionen in Genf an.
Parallel zur 78. Weltgesundheitsversammlung der WHO versammeln sich am 21. Mai 2025 (morgen) Politiker, Wissenschaftler, Juristen, internationale Experten und interessierte Bürger auf der Place des Nations in Genf, um offen über die aktuellen Verhandlungen zum Pandemievertrag sowie zur Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften zu diskutieren und zu demonstrieren. Die öffentliche Debatte findet von 12 bis 17 Uhr statt und lädt zur kritischen Auseinandersetzung mit den geplanten Maßnahmen ein.
Kommentar von Transition News
Der Pandemiepakt muss zusammen mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO gesehen werden. Diese Vorschriften wurden an der letzten Weltgesundheitsversammlung geändert und verschärft. Diese Änderungen wurden damals in einer Nacht- und Nebelaktion im in den WHO-Satzungen nicht vorgesehenen Konsensverfahren abgesegnet, nachdem der Vertragstext erst gleichentags bereinigt worden war und nicht mehrere Monate zuvor, wie das eigentlich vorgeschrieben ist. Widerspricht der Bundesrat, die Schweizer Landesregierung, den geänderten IGV nicht bis im Juli, dann sind sie für das Alpenland verbindlich gültig.
Das Bemühen ist spürbar, die IGV und den Pandemievertrag der öffentlichen Diskussion zu entziehen und diskussionslos ins geltende Recht zu überführen. Das ist unschweizerisch.
Während bei den neu ausgehandelten Verträgen mit der Europäischen Union (EU), bei denen die EU der Schweiz weit entgegenkam, eine lebhafte öffentliche Diskussion stattfindet, segeln der Pandemievertrag und die IGV nach wie vor unter dem Radarschirm der Öffentlichkeit.
Doch eine vertiefte Analyse zeigt: Der Handlungsspielraum der Schweiz (und aller Signatarstaaten) könnte kleiner sein, als es die offizielle Lesart vermuten lässt (wir haben hier und in einer umfassenden Artikelserie ausführlich darüber berichtet).
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