Das Prinzip aller Dinge ist Wasser;
aus Wasser ist alles,
und ins Wasser kehrt alles zurück.
Thales von Milet
Liebe Leserinnen und Leser
Der angebliche Jahrhundertsommer zeigt sich in der Zentralschweiz gerade folgendermaßen: Dauerregen und Temperaturen um die 15 Grad Celsius, tagsüber. Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich mit Wollsocken und Strickjacke am Schreibtisch. Symptomlose Hitzewelle sozusagen. Nun ja. Immerhin muss ich mich nicht ärgern, dass ich vor einem Bildschirm sitze anstatt meiner Gesundheit etwas Gutes zu tun und im See zu baden und in der Sonne zu liegen. Bestes herbstliches Schreibwetter also – am 28. Juli.
Anderswo hatte dieses Wetter ernste und traurige Folgen: Im Süden Baden-Württembergs ist gestern am frühen Abend ein Zug entgleist, vermutlich infolge eines Erdrutsches aufgrund der starken Regenfälle. Drei Menschen sind den Meldungen zufolge gestorben, etliche wurden verletzt. Ohne hier über die genauen Ursachen spekulieren zu wollen, stellt sich in jedem Fall die Frage, warum die Infrastruktur in Deutschland mittlerweile in einem immer schlechteren Zustand ist. Solche und andere Unglücke werden so zumindest billigend in Kauf genommen. Auch Brücken stürzen in Deutschland mittlerweile bekanntermaßen einfach mal ein ...
In einem Interview mit der NZZ erhebt ein Bahnexperte bereits schwere Vorwürfe und meint, dass das Unglück hätte verhindert werden können: «Alte Fahrzeuge seien mangelhaft ausgerüstet, Sicherheitsstandards würden vernachlässigt, und notwendige Nachrüstungen blieben aus.»
Der Tagesspiegel meint hingegen: «Der Zugunfall bei Riedlingen zeigt, wie Starkregen und instabile Böschungen zur tödlichen Gefahr werden. Mit dem Klimawandel steigt auch das Risiko für Bahnstrecken.» Wie praktisch: Wenn es am Klimawandel liegt, ist wieder mal niemand direkt verantwortlich ...
Die Infrastruktur eines Landes verkommen zu lassen, kann auch eine «milde» Form des weltweiten Kampfes um Ressourcen sein, der teilweise gegen die eigene Bevölkerung geführt wird. So etwa aktuell in Argentinien, wo Javier Milei die Privatisierung von Wasser vorantreibt. Wir haben hier darüber berichtet: «Für die Bürger könnte dieser Schritt gravierende Folgen haben: Bei Zahlungsrückständen kann ihnen das Wasser abgestellt werden.»
Wer Milei also allen Ernstes für einen Kämpfer für die Freiheit hält, hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass es der neoliberalen und/oder ultralibertären Ideologie noch nie um Freiheit für die Bürger ging – sondern ausschließlich um die Möglichkeit der schrankenlosen Ausbeutung der Vielen durch einige wenige Ultrareiche und Privilegierte. Sollte dies Menschenleben kosten, dann ist es halt der «freie Markt», der das zu verantworten hat ... also muss es wohl richtig sein. (Um Missverständnissen vorzubeugen: Dieser letzte Satz war Sarkasmus.)
In dieser Hinsicht verhalten sich «Klimawandel» und «Markt» in der Argumentation interessanterweise sehr ähnlich: Niemand ist mehr verantwortlich, «der Klimawandel ist halt schuld» respektive «der Markt hat entschieden.» Wobei der Klimawandel trotzdem als menschengemacht betrachtet wird, der Markt hingegen als quasi-natürlich. Denken Sie mal darüber nach.
Doch zurück zu den Ressourcen: Eine weitere Ressource, die vielen nicht unmittelbar wichtig erscheint, aber für unsere hochtechnisierten Gesellschaften unverzichtbar ist, sind die Seltenen Erden. Dass in diesem Bereich China bereits einen «lautlosen Sieg» im globalen Rohstoffkrieg zu verzeichnen hat und sich der Westen somit in Abhängigkeit befindet, können Sie hier nachlesen.
Der Kampf um Ressourcen ist jedoch keineswegs ein «natürlicher» Zustand. Das können wir wiederum bei der Beschäftigung mit den indigenen Völkern der USA lernen. Die Anthropologin Raffaella Milandri räumt in ihrem spannenden Beitrag mit einigen Mythen über die Ureinwohner auf:
«Das Narrativ vom ‹feindlichen Wilden› ist eine koloniale Verzerrung. So nahmen die Wampanoag die eingewanderten Pilger 1621 auf und teilten ihre Ressourcen mit ihnen, was das erste Erntedankfest ermöglichte.»
Nehmen wir uns also daran ein Beispiel und versuchen wir, Ressourcen wieder als das zu verstehen, was sie sind: Etwas, das allen und keinem gehört, das keine Handelsware und vor allem keine Waffe im Krieg gegen andere oder die eigene Bevölkerung ist, sondern die Grundlage für ein gutes Leben für alle.
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden
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